Amtsblatt der Stadt Steyr 1989/3

DIE SEITE DES ßüRGERMEISTERS am 1. März fand eine Besprechung bei Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky statt, an der Landesrat Ing. Hermann Reich!, NR Hermann Leithenmayr, Ma- gistratsdirektor Dr. Knapp und ich teil- nahmen und bei der wir dem Regie- rungschef die dringendsten Anliegen der Stadt und der Region darlegten. Wir besprachen unsere Sorgen über die Vor- gänge im Bereich der Steyr-Daimler- Puch AG und die damit zusammenhän- genden Arbeitsplatzprobleme, denn trotz aller wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind die Steyr- Werke noch immer das dominierende Unternehmen unserer Stadt und der gesamten Region. Ich habe den Herrn Bundeskanzler drin- gendst gebeten, seinen Einfluß geltend zu machen, daß bei der Neuordnung des Unternehmens die Identität der Steyr- Daimler-Puch AG nicht verlorengeht und die höchstmögliche Zahl von Ar- beitsplätzen in Steyr erhalten bleibt. An- gesichts der existentiellen Bedeutung der Steyr-Werke-Arbeitsplätze für einen Großteil der Bevölkerung unserer Stadt habe ich den Herrn Bundeskanzler um eine weitere letztmalige Unterstützung der Steyr-Werke ersucht, damit die Un- ternehmensleitung auch finanziell in die Lage versetzt wird, die in Aussicht ge- nommenen Strukturveränderungen er- folgreich durchzuführen. Dr. Vranitzky sicherte seine vollste Unterstützung zu, betonte aber, daß eine weitere finanzielle Unterstützung des Unternehmens nicht zur Verlustabdeckung erfolgen könne, sondern ausschließlich zur Verwirkli- chung der notwendigen strukturellen Verbesserung. Als weiteres großes Anliegen der Stadt nannte ich dem Herrn Bundeskanzler den Bau der Nordspange, denn mit die- sem Projekt soll neben der Verminde- rung der Umweltbelastung für unsere Bevölkerung im Stadtzentrum auch die bisher geradezu katastrophal schlechte Anbindung der Stadt und ihrer Industrie an den oberösterreichischen Zentralraum und die wichtigen Transitstraßen ent- scheidend verbessert werden. Für die künftige Entwicklung Steyrs ist dieses Projekt im wahrsten Sinn des Wortes entscheidend, weil Betriebsneugründun- gen, die Steyr so dringend braucht, nur in verkehrsmäßig bestens aufgeschlosse- nen"Standorten vorgenommen werden. Alteingesessene Betriebe wandern ab, wenn der Anschluß an leistungsfähige Verkehrsnetze zu lange auf sich warten läßt. Ich habe daher den Herrn Bundes- kanzler um Hilfe gebeten, daß dieses Projekt noch heuer genehmigt und die entsprechenden budgetären Vorsorgen getroffen werden. Bundeskanzler Dr. Vranitzky zeigte auch hier großes Ver- ständnis für unsere Anliegen. Im Zu- sammenhang mit der Anbindung Steyrs an die Westbahn im Zuge des Konzeptes ,,Neue Bahn" habe ich den Herrn Bun- deskanzler auch ersucht, auf die Gene- raldirektion der Österreichischen Bun- desbahnen Einfluß zu nehmen, daß die Stadt Steyr das von den ÖBB im Be- reich des Bahnhofes Steyr geplante Purkdec:k mitbenutzen kann. Ein weite- res Thema unseres Gespräches war die Gründung des Forschungs- und Ausbil- dungszentrums für Arbeit und Technik (FA ZA T) im Wehrgraben, für dessen Realisierung wir dringend die Ministe- rien brauchen. Der Besuch beim Herrn Bundeskanzler bestätigte unsere Hoffnung, daß wir in Bundeskanzler Dr. Vranitzky einen Re- gierungschef haben, der uns bei der Lösung der derzeit so schwierigen Pro- bleme unserer Region helfen will. Zum Schluß noch ein Hinweis auf die Diskussion um den Neubau des Gsang- steges im Wehrgraben: Wir ersetzen ei- nen schmalen, baufälligen Holzsteg durch einen Übergang, der keine Stra- ßenbrücke ist, sondern erlaubt, daß sich Fußgänger und Radfahrer ohne Gefähr- dung nebeneinander bewegen können. Die Benützung der Brücke ist primär für Fußgänger und Radfahrer vorgesehen. Die Konstruktion wurde aber so konzi- piert, daß im Falle von Verkehrsbe- schränkungen - zum Beispiel der kom- mende Neubau der alten Kalkofenbrük- ke im Zuge der Schwimmschulstraße - der Gsangsteg während der Bauarbeiten einspurig von Pkw befahren werden kann. Der Gemeinderat - die demokra- tisch gewählte Vertretung der Bürger unserer Stadt - hat den Bau dieser Brücke einstimmig beschlossen. Und um für Eventualfälle gerüstet zu sein, wird man doch nicht bei einem Neubau eine Lösung wählen, die uns zwingt, in hun- dert Meter Entfernung beim Bau der Kalkofenbrücke eine Notbrücke bauen zu müssen, die eine Million Schilling kosten kann. Sehr eigenartig ist für mich bei Durchsicht der Unterschriften gegen das Projekt die Tatsache, daß 65 der 378 Unterzeichner nicht in Steyr wohnen und nahezu drei Viertel der Un- terschriften nicht aus dem Anrainerbe- reich kommen. In der Unterschriftenliste finden sich auch Namen aus Wien, Leo- ben, Eisenerz, Linz, Königswiesen usw. Ich wünsche mir bei der Beurteilung über die Zweckmäßigkeit eines vom Ge- meinderat einstimmig beschlossenen Projektes mehr Objektivität. In diesem Sinne herzlichst

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