Amtsblatt der Stadt Steyr 1988/5

Lebensumstände je nach Alter, Wohnort usw. unterschiedlich sind. In Steyr versucht man, diese Ziele zu verwirklichen, indem Gruppen behinderter Personen mit Betreu- ern am öffentlichen Leben teilnehmen, sei es durch Badeaktivitäten im Stadtbad, durch Besuche von Gaststätten, Teilnahme an kul- turellen Veranstaltungen oder auch durch Spaziergänge in der Stadt. Aber auch von der Lebenshilfe werden Veranstaltungen durch- geführt, die in der Begegnung von Behinder- ten und Nichtbehinderten eine Chance bie- ten , Ängste und Vorurteile zu überwinden und behinderte Menschen im Alltag zu re- spektieren. Erfreulicherweise kann festgestellt werden , daß die Steyrer Bevölkerung im allgemeinen diesen Bemühungen sehr auf- geschlossen gegenübersteht. Erfreulich ist auch , daß zur Lösung der weiteren Probleme .,Wohnmöglichkeit" und „Früherfassung" bzw. ,,Frühförderung" bereits konkrete Schritte unternommen werden konnten. So ist geplant, im Stadtteil Gleink ein Wohnheim für voraussichtlich 25 Personen Für den Neubau wurden 2,5 Millionen Schilling investiert. Fotos: Hartlauer 1.u errichten. Für diesen Zweck wurde dem Die Gedenktafel erinnert an Franz Ruckerbauer (Bild), den verstorbenen Gründer der Tages- lzeimstätte Steyr (Foto: Mehwald). - Landesrat Ing. Hermann Reich/ und Vizebürgermeister Wippersberger enthüllen die Gedenkschriji. sonen von diesem Problem betroffen. Ein großer Teil dieser Behinderten gelangt nie- mals zu selbständiger Lebensführung und ist auf begleitende Förderung und Betreuung angewiesen. In den „Tagesheimstätten mit Beschäftigungstherapie" der Lebenshilfe werden diese Aufgaben wahrgenommen. Be- schäftigung und Förderung werden hier ent- sprechend dem Landesbehindertengesetz gleichermaßen angeboten und geben dem erwachsenen behinderten Menschen durch entsprechende Form von Arbeit Sinn in seinem Leben. Die Hauptziele, die sich der Verein Lebenshilfe für seine Arbeit gesteckt hat, heißen „Integration in die Gesellschaft" und „Normalisierung". Darunter ist die akti- ve Teilnahme am Leben der Gemeinschaft zu verstehen, dem geistig behinderten Men- schen solche Alltagsumstände zugänglich zu machen, die soweit wie möglich den norma- len Lebensumständen entsprechen. Normali- sierung ist dabei nicht als Konformität zu verstehen - im Gegenteil, sie macht bewußt, daß es normal ist, anders zu sein und daß Auftanz der Volkstanzgruppe Tagesheimstätte Steyr. SU")T Verein ein 3500 Quadratmeter großer Grund von der Mutter eines betroffenen jungen Mannes in dankenswerter Weise zur Verfü- gung gestellt. Vizebürgermeister Leopold Wippersberger überbrachte die Glückwünsche des Gemein- derates und der Stadtverwaltung und erin- nerte an den mühevollen Weg des Aufbaues der Heimstätte, der nur durch das unermüdli- che und außerordentliche Engagement von Franz Ruckerbauer möglich wurde und im Jänner 1975 mit zunächst elf Zöglingen den Betrieb aufnehmen konnte. Wippersberger wies auch auf die Bewußtseinsänderung der Öffentlichkeit hin: ,,Der behinderte Mensch, der früher fast verschämt vor der Öffentlich- keit versteckt wurde, ist in das Bewußtsein der Gesellschaft gerückt und hat einen neuen Stellenwert bekommen; daß dies heute so ist, verdanken wir der Lebenshilfe und im beson- deren Menschen wie Franz Ruckerbauer, der sich für eine Idee unermüdlich einsetzte und ihr schließlich auch zum Durchbruch ver- half." ,,Was hier in Steyr geschaffen wurde, über- trifft alle Erwartungen", sagte der Obmann der Lebenshilfe OÖ., Ing. Lukesch, ,,die Stadt Steyr ist mit ihrer Förderung für diese moderne Tagesheimstätte ein leuchtendes Beispiel für andere Städte." lng. Hermann Reich( würdigte als Sozial- referent des Landes Oberösterreich das Werk Ruckerbauers als eine Pioniertat: ,,Hilfe für Behinderte war sein Lebensinhalt, er dachte weit in die Zukunft, sah die Notwendigkeit geschützter Werkstätten und Wohnheime für diesen Personenkreis, Ruckerbauer hat uns Wege gezeigt." Landesrat Ing. Reicht nannte es das Ver- dienst des Vereines Lebenshilfe, daß die Öffentlichkeit heute den Problemen Behin- derter offener gegenüberstehe. In Oberöster- reich vertritt der Verein etwa 800 Behinderte. Land und Gemeinden geben jährlich 70 Mill. S für die Einrichtungen der Lebenshilfe OÖ. aus. Das neue Behindertengesetz, sagte Lan- desrat Ing. Reichl, sehe u. a. einen Rechtsan- spruch auf Frühförderung, vermehrte heil- pädagogische Plätze und entsprechende Förderung von Wohnheimen vor. Der Festakt wurde von der Bläsergruppe Garsten und der Musikgruppe Zöttl musika- lisch umrahmt. Pfarrer Engelbert Ferihumer und Pfarrer Manfred Dopplinger segneten den Heimstättenzubau. 11/139

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