Amtsblatt der Stadt Steyr 1988/3

1938 I n kaum einem anderen Stadtteil spie- geln die Straßenna_men d_ie _politisc~en Geschehnisse so wider wie m Münich- holz. Am 28. Juli 1940 wurden im Einver- nehmen mit der Kreisleitung der NSDAP die wichtigsten Straßen nach den nach dem Putschversuch vom 25. Juli 1934 zum Tode verurteilten Nationalsozialisten be- nann t. Gleich nach Kriegsende ging man daran, die verhaßten Symbole des Fa- schismus zu beseitigen. So beschloß be- reits im Juli 1945 der Gemeinderat von Steyr Ost die Umbenennung der Straßen nach Opfern des Faschismus und Helden der Arbeiterbewegung. Nach der Beseiti- gung der Sperren zwischen dem Ost- und dem Westteil der Stadt beschloß der Ge- meinderat der Stadt Steyr am 19. Juli 1946 auf Vorsch lag der Kommunistischen Par- tei die Umbenennung der Straßen in Mü- nichholz. *) Sepp-A/rrer-Straße: Sie erhielt den Namen nach dem im Verlaufe der Februarkämpfe 1934 im Schloß Lamberg hingerichteten Sepp Ahrer. Wie in anderen Städten wur- de nach den Ereignissen des 12. Februar auch in Steyr von den Siegern ein Exem- Gefechtes gegen einen SS-Verband im Jahre 1944 den Tod. Leo-Gabler-Straße: Der am 11. Mai 1908 in Wien geborene Lederarbeiter Leo Gab- ler wurde im Verlauf der Februarkämpfe des Jahres 1934 verhaftet und in ein An- haltelager gebracht. 1937 ging er ins Ausland, kehrte im Mai 1941 illegal in seine Heimat zurück und schloß sich der österreichischen Wider- standsbewegung an. Schon im Oktober des gleichen Jahres wurde Gabler verhaf- tet und in das Wiener Gestapo-Gefängnis am Morzinplatz eingeliefert. Im Juni 1943 wurde er zum Tode verurteilt und im folgenden Monat hingerichtet. Seine letzte Ruhestätte befindet sich im Wiener Zen- tralfriedhof. Oskar-Großmann-Straße: Der am 6. Fe- bruar 1903 in Teplitz geborene Oskar Großmann übernahm im Jahre 1921 die Leitung des KJV und war 1930 als Redak- teur der „Roten Fahne" im Ausland, und zwar in der CSSR, UdSSR und in Frank- reich , für Österreich tätig. Nach Kriegs- ausbruch übernahm er die Führung der in Frankreich lebenden Gruppen von Öster- Straßennanien als Zeugen der Zeit pel statuiert. Die Wahl fiel auf den 26jäh- rigen Arbeitslosen Josef Ahrer. Er wurde aufgrund einer erwiesenermaßen falschen Zeugenaussage wegen Mordes zum Tode verurteilt und am 17. Februar 1934 hinge- rich tel. Hans-Buc/1/10/:;er-Straße: Die Straße wur- de nach dem Widerstandskämpfer und Mitglied der illegalen KP Hans Buchhol- zer benannt. Buchholzer wurde im Kon- zentrationslager Mauthausen ermordet. Derflinger-Straße: Der am 23. Februar 1900 geborene Fritz Derflinger stellte sich als klassenbewußter Arbeiter 1934 in den Kampf um die Erhaltung der Ersten Re- publik. Auch nach der Okkupation Öster- reichs im Jahre 1938 erlitt seine Tätigkeit keine Unterbrechung. Er wurde Organisa- tor und Mitarbe iter der illegalen Freiheits- bewegung. Im Herbst 1944 verhaftet, wurde Derflin- ger am 19. April 1945 zum Tode verurteilt, und am 1. Mai, wenige Tage vor der Befreiung, hingerichtet. Willi-Frank-Straße: Der im Jahre 1909 in Wien geborene Willi Frank war von Beruf Schlosser und g~hörte 1938 dem Zentral- komitee der KPO an. Von den 23 Mitglie- dern de Zentralkomitees sind zwölf im Kampf gegen den Faschismus gefallen, unter ihnen Leo Gabler, Dr. Alfred Klahr, Ferdinand Straßer, Erwin Puschmann, Franz Sebek und Oskar Großmann. Im Jahre 1941 flüchtete Frank in die UdSSR. Später meldete er sich beim Österreichischen Freiheitsbataillon in Jugoslawien und fand im Verlaufe eines reichern und rief eine Widerstandsbewe- gung gegen Hitler ins Leben, wobei er bei einer Aktion verunglückte und sein Au- genlicht verlor. Von der Gestapo verhaf- tet, starb er bei der Einvernahme in der Gestapo-Zentrale in Lyon . Willi-Gruber-Straße: Gruber wurde am 14. Jänner 1920 in Steyr geboren und war von Beruf kaufmännischer Angestellter in den Steyr-Werken. Während der Zeit des Dritten Reiches erregte er durch seine freiheitliche Auffassung den Verdacht der Gestapo, wurde schließlich verhaftet, nach monatelanger Haft zum Tode verurteilt und am 19. September 1944 im Landesge- richt in Wien hingerichtet. August-Hilber-Straße: Sie ist nach dem am 20. August 1908 geborenen August Hilber benannt. Hilber, von Beruf Elektriker und in den Steyr-Werken beschäftigt, war Mit- glied des Republikanischen Schutzbundes. Im Verlaufe der Februarkämpfe des Jah- res 1934 ist er bei der Verteidigung der Ennsleite im Hau e Sch losserstraße I im Kampf für die Demokratie gefallen. Dr. A/fred-Kla(/r)r-Straße: Dr. Alfred Klahr (geboren am 16. September 1904) besaß leitende Funktionen in der KPÖ. Als __im März 1938 die deutschen Truppen in Osterreich einmarschierten, ging er ins Ausland. Zweimal konnte er in den fol- genden Jahren aus Konzentrationslagern entfliehen und schloß sich sch li eßlich ei- ner Partisanengruppe an. Im Kampfe ge- gen eine SS-Patrouille fand er den Tod. Bertl-Konrad-Straße: Konrad, geboren am 31. Dezember 1898 in Steyr, war von Beruf 1945 Werkzeugschlosser und in den Steyr-Wer- ken beschäftigt. Seit seiner Jugend war er als Obmann der Kinderfreunde und in der Sozialistischen Partei als Funktionär tätig. 1938 trat er der österreichischen Wider- standsbewegung bei und wurde im Sep- tember 1944 von der Gestapo verhaftet. Im Oktober des gleichen Jahres starb er im Konzentrationslager Mauthausen . Giacomo-Matteotti-Hof: Der italienische Politiker Matteotti war Generalsekretär der Sozialistischen Partei und wurde als Gegner des Faschismus im Jahre 1924 ermordet. Otto-Pensel-Straße: Sie ist nach dem Wi- derstandskämpfer Otto Pensel benannt. Schon in den Jahren des Ersten Weltkrie- ges trat er für die politischen Rechte der Arbeiterklasse ein und schloß sich 1934 der KPÖ an. Während der Herrschaft des Dritten Reiche~. arbeitete er unentwegt an der Befreiung Osterreichs, wurde zweimal verhaftet und schließlich vier Tage vor Kriegsende hingerichtet. A/fons-Pet:;old-Straße: Sie ist benannt nach dem 1882 geborenen und 1923 ge- storbenen Arbei tersch riftsteller Alfons Petzold. Er verfaßte Gedichte (,,Der stäh- lerne Schrei") und Romane (,,Das Lächeln Gottes"). Karl-Pun:;er-Straße: Der Widerstands- kämpfer Karl Punzer, geboren 1912 in Steyr, war von Beruf Tischler und in den Steyr-Werken als Laufrichter beschäftigt. In den Februarkämpfen des Jahres 1934 half er mit, die Stellung des Schutzbundes auf der Ennslei_~e zu verteidigen. Nach dem Anschluß Osterreichs an das Dritte Reich orga~jsierte er die illegale Opposi- tion der KPO in Steyr. Im September 1942 verhaftet, wurde er im Februar des folgen- den Jahres nach München in das Gefäng- nis Stadlheim überstellt und verbrachte dort , nachdem er 1944 zum Tode verur- teilt wurde, mit sechs Leidensgenossen 200 Tage in der Todeszelle. Mit den Steyrer Widerstandskämpfern Franz Draber und Josef Bloderer gelang ihm am 30. Novem- ber 1944 die Flucht. Punzer, geschwächt durch monatelange Folterung, durch die jahrelange Haft unterernährt, konnte nicht lange durchhalten und wurde wieder ge- faßt. Am 5. Dezember 1944 wurde er enthauptet. Erwin-Pusc/rmann-Straße: Der am 8. Fe- bruar 1905 geborene F.rwin Puschmann war von Beruf Bauschlosser und seit 1923 Mitglied des KJV . Wie viele seiner Partei- gänger wurde er im Verlauf der Unruhen des Jahres 1934 verhaftet. Nach dem Ein- marsch der deutschen Truppen im Jahre 1938 kehrte Puschmann, der 1937 emi- griert war, in seine Heimat zurück und beteiligte sich in der Folgezeit an der Organisation der Widerstandsbewegung. Anfang des Jahres 1941 wurde er verhaftet und am 7. Jänner 1942 im Landesgericht Wien hingerichtet. Josef-Rol,rauer-Straße: Sie wurde benannt nach dem Gründer der „Naturfreunde". Herta-Scl,weiger-Straße: Die Rotkreuz- schwester Herta Schweiger, deren Vater 27/91

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