Amtsblatt der Stadt Steyr 1988/3

1938 1945 Weniger Lohn für Die Verordnung über die 60-Slunden-Woche Der Arbeitsschutz fUr Frauen und Jugendliche bleibt dadurch unberührt mehr Arbeit Die Nationalsozialisten gaben sich dem- agogisch. Sie forderten die Abschaffung des (,,jüdischen") Kapitals und präsentier- ten sich als Kämpfer für die Interessen des kleinen Mannes. Für viele mußte sich dies zu dem Zeitpunkt als ri_<;: htig erweisen, als nach dem „Anschluß" Osterreichs die Ar- beitslosenziffer absank. Die Bese itigung der Arbeitslosigkeit brachte den National- sozia listen Sympathien, da viele Menschen nicht erkannten, mit welcher Konsequenz diese Wirtschaftspolitik zum Krieg hin- führte. Am Arbeitsplatz kam es zu grav ierenden Veränderungen: Autonome Organisa- tionsformen der Arbeiterschaft wurden noch radika ler unterdrückt und das Streik- recht en tzogen . Es kam zur Verlängerung Im Reichsgesetzblatt, Tell I, Nr. 41, vom 8. September, ist nunmehr die Verordnung Uber die 60-Stunden-Woche vom 31. August 1944 amtlich bekanntgegeben worden. Sie stellt einleitend · fest, daß das deutsche Volk unter Au!bietung &einer äußersten seelischen und körperlichen Krä!te im entscheidenden Sta- dlwn des Kampfes wn seine Lebensrechte und seine natlonalsoziallstlsche Ordnung steht. Der deutsche Soldat an allen Fronten leistet über- menschliches. In einer großen Zahl von Be- Am Arheitsplat:. kam es :. 11 grm•ierenden Veränderungen: Beispielswei.~e :.ur massfren Verlängerung der Arheits:.eit. der Arbe itszeit bis zu zwölf Stunden, zur Steigerung der Arbe itsintensität und zur Verschiebung des innerbetrieblichen Machtgewichtes zugunsten des Betriebs- führers. Die freie Arbeitsplatzwahl wurde durch Dienstverpflichtung praktisch besei- tigt. Zwischen Juni 1938 und März 1944 war ein Reallohnverlust von rund 15 Pro- zent zu verzeichnen. ~t~UgtrnU&h>Ci& fut 5ptifcfartoffdn • e,pelft• e,pelf•• e,prife, !a11offeln !auolfeln lnlloffeln ' ' ' 12 10.- 18, 10. 42 14. 9••20. 9. 42 17. 8.-23. 8. 42 20. 7.-26. 7. 42 41 ,o 39 SB e,pci , e,pei[e, e,p,ife, e,peife, e,prif<• r ein ~n rartolfeln !artoffeln --lartolfeln /' :1 :1 1.- f.42 ' 0. 42 7:9.-13. 9. 42 10.8.-16.8.42 ".3.../ .11-)~: 42 ' ,o 39 t3peife, e,p,if<• e,pelfe, e,peife,\ ~ !artolfeln !artolftln fa11offeln 1 1 1 28 ; 31. 8.-6. o. .f'.2 3. 8.-9. 8. •t2 6. 7.-12. 7. ◄1 ,. ,o 39 38 C• e,pei[c, ept.ifc• In lartolfrln lattolfeln 1 1 1 Mit Kriegsbeginn renchlel'hterten sich die Lebens1•erhältniue der Be11ö/ker11ng. Jubel der Anschlußtage wich Verzweiflung durch dramatische Wende an der Ostfront „Die Kämpfe sind anders geworden als vor 1_90 Jahren . . . Heute kämpfen wir um Olfelder, Gummi und Erdschätze", ver- lautbarte Hitler 1939. Der Kriegsbeginn löste einen Schock_aus. ,,Alles fürchtet einen Krieg, und eine Be- geisterung für den Krieg, so wie es im Jahre 1914 war, ist nicht festzustellen , eher das Gegenteil", berichtete im Juli 1938 der Gleinker Gendarmerieposten. Doch lief der Alltag zunächst „normal" weiter, be- wirkt durch die raschen militärischen Er- folge bei zunächst geringen Menschenver- lusten und vorerst nicht allzu einschnei- denden Sparmaßnahmen bei Lebensmit- teln. Erst der Angriff auf die Sowjetunion und der Zusammenbruch der Blitzkrieg- strategie vor Moskau Ende 1941 sowie die Kriegserklärung an die USA begannen das Ende des „Tausendjährigen Reiches" einzuleiten. Auch viele Soldaten aus Steyr wurden zur trieben der Kriegswirtschaft vollbringe schon jetzt die Elite der deutschen Arbeiterschaft höchste Leistungen. In der Durchführung der Maßnahmen des totalen Kriegseinsatzes wird dann für die gesamte deutsche Kriegswirtschaft folgendea verordnet: In allen Betrieben und Verwaltungen, In denen es · der Arbeitsanfall und die Produktionslage bedingen, Ist ab sofort die regelmäßige Arbeitszeit von 48 Wochenstun- den um 12 Überstunden wöchentlich zu erhö- hen. Aus einer Anklageschrift: ,. Die angeklagten griechischen Zivil- arbeiter ... haben sich am 29. Fe- bruar 1944 aus den Trümmern eines bombengeschädigten Hauses zwei Hosen und im bombengetroffenen Werksgelände der Steyr-Werke zwei Pistolentaschen angeeignet ... und werden hiefar als Plünderer zum Tode verurteilt. " „Deutschen Wehrmacht" eingezogen und verloren an der Front ihr oft noch junges Leben. Am 11. November 1944 wu rde in Steyr als letztes Aufgebot aus Schülern und Greisen der „Deutsche Volkssturm" gebildet; letzte Durchhalteparolen wurden ausgegeben. Der kurzfristige Jubel der Anschlußtage versank in Hilflosigkeit und Verzweiflung. Der All tag des totalen Krieges mit Bom- ben, Trümmern und Toten hatte die Be- wohner Steyrs eingeholt. ZEITZEUGE JOSEF HOCHMAYR: Bomben aufSteyr Luftschutzmaßnahmen wurden erstmals am Tage des Kriegsbeginnes angeordnet. Ich war im Grenzdienst und hatte a n jenem Sch icksa lstag der Weltgeschichte, am 1. September 1939, Urlaub. Ich erinne- re mich noch, als im Rundfunk in den Mittagsstunden die Aufforderung erging, Keilei fe11~lt:1 111it Samlsäckt:n oder durch Erd a ufschüttung zu sichern, weil es mög- lich se in könnte, daß sich feindliche Flug- zeuge a uch zu uns verirren. Und so began- nen auch wir diese Schutzmaßnahmen beim Siedlungshaus Wickhoffstraße 3. Der Luftraum blieb jedoch vollkommen unbe- helligt. Als ich nach meiner Lazarettentlassung im Jahre 1942 heimkam, da war der Krieg voll im Gange. Und auch in Steyr wurden Luftschutzmannschaften aufgestellt, Dachböden entrümpelt und das Dachge- stüh l mit Kalkmilch gegen Brandgefahr besprüht. Splittergräben wurden ausgeho- ben, bombensichere Keller wurden zu Luftschutzkellern umfunktioniert und

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