Amtsblatt der Stadt Steyr 1988/1

Bei der Stadterneuerung Steyrdorf nicht vergessen „Die Finanzlage der Stadt zwingt uns zu vermehrtem Nachdenken", sagte Vizebür- germeister K~_rl HOLUB als Fraktions- sprecher der OVP, ,,die Disziplin auf der Ausgabenseite ist die einzige Methode zur Bewältigung unserer Finanzsituation, ich erhebe also nach wie vor die alte Forde- rung. daß wir unentwegt unsere Vorhaben darauf prüfen müssen, ob sie sparsam ge nug geplant sind, ob sie unerläßlich notwendig sind und welche Folgekosten aus der projektierten Aufwendung er- wachsen." Holub sieht notwendigste Auf- gaben in der Weiterführung des Kanal- baues mit Kosten von 80 Millionen Schil- ling im städtischen Bereich und in der Sicherung der Wasserversorgung - ,, hier deckt sich die Meinung der beiden großen Fraktionen im Gemeinderat", sagte der VP-Sprecher, daß es unerläßlich sein wird , ein zweites Brunnengebiet aufzuspüren, das im Wasserstrich oberhalb der Stadt und nicht unterhalb liegen solle, damit in Unglücksfällen die Wasserversorgung auf- rechterhalten werden kann. „Ein weiteres, riesiges Problem liegt noch vor uns und ist noch nahezu unbe- wältigt", sagte Holub, ,, nämlich die Revi- talisierung des Stadtteiles Steyrdorf. Da gibt es noch unendlich viel zu tun. Im außerordentlichen Haushalt sehen wir mit Freude eine Million Schilling zur Sanie- rung der Frauenstiege, damit endlich auch der Zugang ins Steyrdorf attrakiv wird und nicht, wie es derzeit ist, durch den Museumssteg der Ausgang aus dem Steyr- dorf. Unsere Mitbürger in Steyrdorf sor- gen sich berechtigt und ich glaube, daß wir im Gemeinderat den Wunsch unserer dortigen Bevölkerung nicht überhören dürfen, daß eine bessere Einbindung ins Steyrdorf erforderlich ist. Man wird auch , wahrscheinlich nicht im heurigen Jahr, dazu fehlt uns in der Tat das Geld, über eine mechanische Aufstiegshilfe nach Steyrdorf nachdenken müssen. Ob das jetzt das Projekt eines Schrägaufzuges, eines Stempelaufzuges oder ob es schon die Minimalvorstellung eines Citybusver- kehrs sein kann , das soll hier nicht dezi- diert festgehalten werden. Wahrscheinlich wäre es aber zweckmäßig, erst den Auto- bus fahren zu lassen und dann über gute technische sonstige Lösungen nachzuden- ken. Die Stadterneuerung ist hinsichtlich der Fassaden rund um den Stadtpla tz im wesentlichen erledigt, aber wenn wir nach Steyrdorf schauen, so erkennen wir als engagierte Steyrer, daß es dort noch jede Menge zu tun gibt. Stadterneuerung ist vielleicht ein moderner Ausdruck, trifft es aber nicht ganz, denn unter erneuern kann man auch verstehen abreißen und neu 6 VP-Sprecher Vizebürgermeister Karl HOLUB. bauen. das würde aber den Charakter unserer Heimatstadt Steyr grundsätzlich verändern. Man sollte besser von der Re- staurierung und Revitalisierung der Alt- stadt sprechen. Und wir sollten nicht nur über den Stadtplatz diskutieren , sondern auch über die anderen Stadtteile. Und insbesondere auch über das teilweise ver- gessene Steyrdorf. Die Aufmerksamkeit hat sich ja jetzt in den Wehrgraben kon- zentriert, es wurden hier im Zusammen- hang mit der Landesauss tellung und dem Museum Arbeitswelt durchaus hervorhe- benswerte Ansätze der öffentlichen Hand gezeigt, nur müssen wir dem Bürger recht geben, wenn er befürchtet, daß die Auf- merksamkeit sich nach Abklingen der Landesausstellung von diesem bedrohten Stadtteil wieder abwenden könnte. Ich glaube, daß wir gerade mit der Ansatzpost Frauenstiege ein Signal in der Richtung setzen, daß diese Bürgerbefürchtung nicht ganz zutreffend ist." Der VP-Sprecher sieht sich mit Stadtrat Pimsl einer Meinung, daß im Bestreben zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur der Stadt der Fremdenverkehr aus dem „Dornröschenschlaf" geweckt werden mUsse. ,, Ich hoffe", sagte Holub, ,,daß der Fremdenverkehrsdirektor im nächsten Jahr der Prinz sein wird, der das Dornrös- chen auch tatsächlich munter küßt" und stellte weiters fest: ,, Die ganze Dienstlei- stungssparte ist auszuweiten. Fremdenver- kehr ist ein Teil der Dienstleistungssparte, aber längst nicht alles. Handel und Ge- werbe sind in jeder Hinsicht zu fördern , Handel und Gewerbe müssen ein Klima vorfinden, in dem sie beruhigt arbeiten können und ohne Störungen , damit die Arbeitsplätze, die vorhanden sind, oder aber auch durch Ausweitung von Betrie- ben oder Betriebsneuansiedlungen neue Arbeitsplätze, die hinzutreten können, ge- währleistet sind." Nicht Großkonzerne fördern GAL-Sprecher Franz RAMOSER kriti- sierte die Millionen-Förderung für das BMW-Motorenwerk : ,,Wäre es hier nicht besser gewesen, diese Millionen nicht ei- nem Betrieb zu geben, sondern zu versu- chen, kleinere Betriebe zu fördern, die eben die Stadt auf mehrere Füße stellen würden. Wir haben erlebt in den letzten 20 Jahren , was passiert, wenn ein Betrieb dominiert in einer Stadt. Jedes andere Gewerbe ist fast abhängig, ja die Stadtge- meinde selbst leidet mit von einem Groß- betrieb . Jetzt gehen wir den gleichen Weg noch einmal und man versucht wieder, einen Großkonzern zu fördern. Ich glau- be, das ist der falsche Weg ... Sie haben zu einem ungerechten Maß Großkonzerne gefördert , und ich sehe BMW sehr wohl als Großkonzern, der jederzeit in der Lage ist, diese Tochtergesellschaft in ein ande- res Land , wo noch billiger produziert werden kann, zu verlegen . Bitte, schauen Sie sich diese Werkshallen an, hier stehen Maschinen, die in kürzester Zeit an einen anderen Standort verlegt werden können. Sie haben durch Ihre Förderungen den Schuldenstand der Stadt so beeinflußt, wie er heute aussieht." Ramoser plädierte für die öffentliche Ausschreibung gemeindeeigener Liegen- schaften und urgierte konkretere Maßnah- men für den Umweltschutz. Da die vor- handenen Fondsmittel für Lärmbekämp- fung nicht ausgeschöpft worden seien, ver- mutet Ramoser ein Informationsdefizit der Bürger, wie man beispielsweise zu Förde- rungen für den Einbau schalldichter Fen- ster kommen kann. Der GAL-Sprecher beklagte die hohen Investitionen für den Straßenbau und möchte mehr Geld für das Radwegenetz verwendet sehen. „Es ist mir auch aufgefallen" , stellte Ramoser fest , ,,daß man Hilfe für die Länder der Dritten Welt total vergessen hat. In Linz und Wels gibt es bereits Partner für Nicaragua, in Steyr gibt es keinen Ansatz dazu. Ich frage mich, warum gerade in Steyr, einer Arbeiter- s tadt, nichts an Solidarität übrig bleibt für Nicaragua." GAL-Sprecher Franz RAMOSER.

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