Amtsblatt der Stadt Steyr 1988/1

Vizebürgermeistet WIPPERSBERGER weist als Finanzreferent der Stadt darauf hin, daß es bei der Erstellung dieses Bud- gets zu schmerzlichen Einschränkungen angesichts der rückläufigen Einnahmen- entwicklung kommen mußte, andererseits stehe die Stadt in der Verantwortung, bei einem allgemein verminderten Wirt- schaftswachstum und angesichts der Schwierigkeiten im größten Betrieb Steyrs, als Impulsgeber und Investor aufzutreten. Die derzeitige Sparpolitik bei Land und Bund führe zu einer zusätzlichen Bela- stung der Finanzkraft der Stadt, die sich zunehmenden Forderungen nach Wirt- schaftsförderung, erhöhter Umweltqualität und Ausbau der Infrastruktur in den Stadtteilen gegenübersieht. Vizebürgermeister Wippersberger nann- te in seiner Budgetrede vor dem Gemein- derat den Rückgang der Steyrer Bevölke- rungszahl als eine der wesentlichen Ursa- chen für die schmerzlich fühlbare Vermin- derung der Einnahmen: Laut Volkszäh- lung 1981 hat sich die Bevölkerung der Stadt gegenüber 1971 um 1600 Personen verringert. Steyr verlor dadurch seit 1982 jährlich 17 Mil l. S an Bundesertragsantei- len, das sind 102 Mil l. S in den letzten sechs Jahren . Dazu kommen jetzt noch die jährlichen Mindereinnahmen von 23 Mill. S bei Gewerbe- und Lohnsummensteuer ; zusammen mit dem Ausfall bei den Bun- desertragsantei len also ein jährlicher Ver- lust von 40 Mill. S. Diesen geradezu dramatisch gesunkenen Einnahmen ste- hen steigende Ausgaben aufgrund ver- mehrter Aufgaben gegenüber. Der Finanzreferent erinnerte auch an die Ursachen , warum d ie Verschuldung der Stadt mit Ende dieses Jahres bereits auf 13.400 S pro Einwohner gestiegen ist, wom it Stey r zwar immer noch im Durch- schnitt vergleichbarer Städte liegt, die aber im Hinblick auf die Finanzkraft und die negative Einnahmenentwick lung schon a ls sehr hoch bezeichnet werden muß. Am stä rksten stieg die Verschu ldung in den siebziger Jahren mit einem Anstieg von 27,4 Mil l. S im Jahr 1970, auf 274 Mill. S im Jahre 1980. Die Ursache dafür war die sta rke Bautätigkeit im Zusammenhang mit dem Stadtjubiläum im Jahr 1980. Es wur- den u. a. Hunderte Fassaden restauriert, das Alte Theater rev italisiert, das Volks- kino umgebaut, der Stadtsaal errichtet und in• Mün ichholz der Mehrzwecksaal gebaut. Der sprunghaft wachsende Ver- kehr zwang zum Ba u der Hundsgraben- umfahrung, zum Bau der Schönauerbrük- ke, den Neubau der beiden Brücken über Enns und Steyr. ln den achtziger Jahren waren es neben den Verkehrsbauten, wie der Tunnel in den Wehrgraben, der Mu- seumssteg, der Schloßleitenweg, der Neu- bau der Direktionsbrücke und die Erneue- rung der Steiner Straße, die Errichtung der Leichtathletikanlage auf der Renn- bahn und natürlich die gigantischen Aus- gaben für den Umweltschutz mit dem Kanal bau, der Errichtung einer Großklär- anlage und die Sanierung der Mülldepo- nie. Seit Ende der siebziger Jahre habe die Stadt angesichts des Verlus tes von Arbeits- plätzen in angestammten Betrieben 120 swyr Mill. S für Betriebsansiedlungen und wirt- schaftsfördernde Maßnahmen investiert, sagte Vizebürgermeister Wippersberger, „wenn es uns nicht gelungen wäre, in diesem Zeitraum 2500 neue Arbeitsplätze in unsere Stadt zu bekommen, wäre Steyr bereits jetzt das größte Notstandsgebiet Österreichs". Der Finanzreferent wies dar- auf hin , daß nur eine entscheidende Ver- besserung der Arbe itsmarktsituation in Steyr die Finanzlage der Stadt verbessern körrne , denn nur mit neuen Arbeitsplätzen sind Abwanderungen zu verhindern und zusätzliche Einnahmen aus der Gewerbe- und Lohnsummensteuer zu erwarten. Die im Budget der ·Stadt Steyr, der Stad twerke , der GWG und des Reinhal- tungsverbandes vorgesehenen Investitio- nen setzen auch 1988 starke Impulse für die Beschäftigung der heimischen Wirt- schaft. Insgesamt fließen von den genann- ten Körperschaften etwa 300 Mill. S in Industrie und Gewerbe, womit ein wesent- licher Beitrag zur Erhaltung der Arbeits- plätze geleistet wird. Steyr braucht Anbindung-an Zentren durch Schiene und Straße Stadtrat Rudolf PIMSL betonte als Sprecher der SP-Mehrheitsfraktion , man habe bei der Erstellung des Haushaltes für 1988 größte Spa rsamkeit walten lassen, wichtigste Bereiche aber entsprechend do- tiert und füh rte u. a . aus: ,,Daß man aber nur dann Sparsamkeit verlangen kann , wenn man selbst mit gutem Beispiel vor- angeht, ist eine Bi nsenweisheit. Es war daher selbstverständ lich für den Gemein- derat, auf die Bezugserhöhung für 1988 zu verzichten . Es wird ebenso notwendig sein , im Bereich des Personalaufwandes - in abgestimmter Form mit der Personalver- tret ung - Einspa rungen zu erzielen. Ein weiterer notwend iger Schritt war die An- hebung von Tarifen und Gebühren. Keine seh r populäre, aber im Interesse der Allge- meinheit zur Finanzierung wichtiger Auf- gaben notwendig. Eines muß immer wie- der betont werden, es muß im Bewußtsein der Stadtverwaltung noch deutlicher wer- den müssen, daß wir nicht nur Dienstlei- stungsbetriebe sind, sondern daß jedes Mitglied genauso wie das Kollegialorgan Managementfunktion auszuüben hat und auch Managementverantwortung zu über- nehmen hat. Einige Schwerpunkte der Ausgaben möchte ich anführen und unter- streichen, daß lebenswichtige Bereiche durchaus entsprechend dotiert wurden , um den Erfordernissen gerecht zu werden. An erster Stelle sei hier der Bereich Soziales angeführt. Im Budget 1987 waren, ich nenne hier nur runde Zahlen, Gesamt- ausgaben von 125 Millionen vorgesehen. Der Zuschußbedarf wurde mit 76,5 Millio- nen ausgewiesen. 1988 sind Gesamtausga- ben von 140 Millionen im Voranschlag vorgesehen. Der Zuschußbedarf erhöht sich auf 78,5 Millionen. Im Umweltschutz- bereich sind insgesamt, sowohl im ordent- lichen wie im außerordentlichen Haushalt, inklusive auch der Ausgaben im Rahmen des Reinhalteverbandes 60,5 Millionen vorgesehen. Im Jahr 1987 waren es rund 46 Millionen. Die Wirtschaftsförderung sieht Mittel in der Höhe von rund 13 Millionen Schilling vor, wobei der weitaus größte Betrag für den Ankauf von Grund- stücken für Betriebsansiedlungen vorgese- hen ist. Im Jahr 1987 waren im Voran- schlag sechs Millionen präliminiert. Ein ausgabenintensiver Bereich des Vor- anschlages wird uns zweifellos in den nächsten Jahren außerordentlich beschäf- tigen. Es ist das der Verkehrsbereich. Die Anbindung der Schiene wie der Straße an den oö. Zentralraum ist dringlicher denn je und die Gründung einer Bürgerinitiati- SP-Sprecher Rudolf PIMSL: ,, Stey r brauch! die , Bahn 2000'fur Betriebsansiedlungen." ve ,Bahn 2000' unterstreicht die Notwen- digkeit städtischer Planung und Vorsorge. Soll die Stadt Steyr künftig noch mehr ausgeschlossen .werden von wirtschaftli- chen und verkehrspolitischen Überlegun- gen, wird Steyr in die Bedeutungslosigkeit zurückfallen. Ich muß daher eindringl ich auf diese zukünftigen Erfordernisse hin- weisen , um ein weiteres Stagnieren der Stadt und der Region Steyr zu verhindern, Betriebsansiedlungen zu fördern und da- mit Arbeitsplätze zu schaffen. Die politische Kultur in Österreich hat sich in den letzten Jahren zusehends ver- schlechtert. Es ist auch eine Bitte und mein Anliegen , Zusammenarbeit nicht als Auseinandersetzung im persönlichen oder parteipolitischen Bereich zu betrachten, sondern als freie demokratisch gewählte Mandatare uns zum gemeinsamen Dialog und Handeln zu bekennen ." 5

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