Amtsblatt der Stadt Steyr 1987/12
u einer eindrucksvollen Willens- kundgebung für den Anschluß Steyrs an die künftige Westbahn- trasse wurde die Bürgerversamm- lung am 26. November im Stadtsaal. ,,Wir unterstützen die Aktion ,Westbahn für Steyr' aus tiefster Überzeugung, man kann eine Region mit 100.000 Menschen nicht links liegen lassen; damit Steyr wirtschaft- lich überleben kann, ist der Anschluß an eine moderne Hochgeschwindigkeitsbahn unabdingbar", sagte Bürgermeister Hein- rich Schwarz. Landesrat lng. Hermann Reicht sieht die Region Steyr als Negativ- zone wirtschaftlicher Entwicklung ins Ab- seits gedrängt, wenn der Anschluß nicht gewährt wird. Eine Jahrhundertchance dürfe nicht vertan werden , sagte Landtags- abgeordneter Thaddäus Steinmayr als Sprecher der Bürgermeister der Gemein- den des Bezirkes Steyr-Land, es herrsche Aufbru~~stimmung in der Region, die zu ihrem Uberleben die Chancengleichheit beim Anschluß an Bahn und Straßen brauche. Bei der Bürgerversammlung wurde aus den Diskussionsbeiträgen der Entschei- dungsträger und des Publikums a.bermals klar, daß über alle Parteigrenzen hinweg die gesamte Bevölkerung der Region die Forderung nach dem Westbahnanschluß unterstützt. Bereits Anfang Dezember sind weit über 15.000 Briefe an Bundeskanzler Vranitzky eingegangen, die vom Aktions- komitee gesammelt und nach Abschluß der Aktion Mitte Dezember - man rechnet mit über 20.000 solcher Willenskundge- Vor "taufender Fernsehkamera sicherte Ge- neraldirektor Dr. Übleis Bürgermeister Schwarz zu, daß bis Jänner kommenden Jahres eine Kostenstudie vorgelegt werde und die Wünsche der Stey rer genau ge- prüft würden. bungen - dem Bundeskanzler persönlich übergeben werden. Bürgermeister Heinrich Schwarz dankte bei der Bürgerversammlung dem dynami- schen Obmann und Sprecher der Aktion „Westbahn für Steyr" Franz J . Hartlauer sowie seinen Mitarbeitern für das vorbild- liche Engagement. Hartlauer sagte, Steyr müsse endlich auf internationalen Fahr- plänen auftauchen, das Projekt sei keine Utopie, man müsse bei der Durchsetzung dieses Zieles aber ganz neue Wege gehen. ÖBB-Generaldirektor gibt Auftrag für Kosten-Studie Auf Einladung von Bürgermeister Hein- rich Schwarz kam am 27. November ÖBB-Generaldirektor Dr. Übleis mit Spit- zenbeamten seines Hauses zu einem Ge- spräch in das Steyrer Rathaus , an dem für die Aktionsgemeinschaft „Westbahn für Steyr" auch Franz J. Hartlauer und Ing. Madl teilnahmen. Dr. Übleis wies zunächst darauf hin, daß ein 40 km langer Trassenneubau zum Anschluß Steyrs an die Hochgeschwindig- keitsstrecke nach groben Schätzungen drei Milliarden Schilling koste und zudem der Neubau eines Bahnhofes außerhalb von Steyr mit Kosten von etwa einer halben Milliarde notwe~~ig sei. Die Steyrer kon- frontierten aber Ubleis sofort mit der Tat- sache, daß von diesen drei Milliarden zwei Milliard~!1 abzuziehen seien, der Betrag, den die OBB für die teure Tunnel-Lösung zwischen Weistrach und St. Valentin vor- gesehen haben und die bei einer Führung der neuen Trasse über Weistrach nach Steyr und von hier weiter nach Linz entfallen würde. Außerdem sind in Steyr ÖBB-interne Berechnungen bekannt, wo- nach auch für die bestehende Trasse von Steyr nach St. Valentin eine halbe Milliar- de für notwendige Modernisierungen auf- zuwenden sind. Bleibt also an tatsächli- chen Kosten für den Anschluß Steyrs an die künftige Hochgeschwindigkeitsstrecke der Westbahn eine Milliarde Schilling. piese Milliarde, sagten die Steyrer dem OBB-Generaldirektor, müsse in Relation zu den Größenordnungen gesehen wer- den, um die es beim gesamten Ba_hnaus- bau gehe. Wenn ein Talübergang über den Semmering 2,6 Milliarden koste, kön- ne bei der Forderung um Anschluß für eine Region mit 100.000 Menschen nicht von utopischen Vorstellungen gesprochen werden. Dr. Übleis und seine Beamten zeigten sich sichtlich beeindruckt von den sorgfäl- tigen Recherchen und s~~hlichen Argu- menten der Steyrer. Der OBB-Generaldi- rektor gibt nun der Technischen Universi- tät in Wien den Auftrag für eine Studie, die einen Kostenvergleich von Investitio- nen und betriebswirtschaftlichen Ergeb- nissen darstellt. Wenn diese Studie positiv ausfällt, könne eine nähere Planung für die von Steyr geforderte Anbindung an die Wes~~ahn ins Auge gefaßt werden, sagte Dr. Ubleis. Die Studie soll bis Jänner 1988 fertig sein. ; Die Aktion „Westbahn für Steyr" hat 'damit in kürzester Zeit sehr viel erreicht: was bisher für die ÖBB kein Thema war, ist nun Gegenstand einer offiziellen Stu- Hilferuf an Bundeskanzler Dr. Vranitzky Bis Anfang Dezember haben bereits mehr als 15.000 Bürger der Region Steyr einen Brief an Bundeskanzler Dr. Vranitzky mit folgendem Inhalt unter- schrieben: ,,Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, ~~ geht um die Zukunft von Steyr. Die OBB haben beschlossen, die West- bahnstrecke in den nächsten Jahren zur Hochgeschwindigkeitsstrecke aus- zubauen. Für die Region Steyr mit mehr als 100.000 Menschen ist dam it die einmalige Chance verbunden , die Westbahn an Steyr heranzuführen und der Bevölkerung endlich die Anbin- dung an das S~hnellverkehrsnetz zu bringen. Die OBB-Verantwortlichen haben den für mich unverständlichen Beschluß gefaßt, mit enormem Kosten- aufwand die bestehende Bahntrasse neu zu bauen , ohne daß die Anbin- dung Steyr auch nur in Erwägung gezogen wurde. Ich wende mich daher an Sie als weitblickenden Politiker, der Bevölke- rung der Region Steyr in dieser für unsere Zukunft so entscheidenden Situation zu helfen. Nur 16 km Bahn- trasse zusätzlich würden für uns und unsere Wirtschaft neue Zukunftsper- spektiven eröffnen. Denn unsere Kri- senregion mit ihrer Monostruktur braucht Arbeitsplätze durch neue Be- triebe, die sich nur dann in Steyr ansiedeln werden, wenn der Standort an das internationale Verkehrsnetz an- geschlossen ist. Bitte veranlassen Sie die Verantwort- lichen, diese für uns wirklich ,histori- sche' Chance nicht vorbeigehen zu las- sen ." Bis zum Abschluß der Briefaktion Mitte Dezember erwartet die Aktions- gemeinschaft mehr als 20.000 unter- schriebene Briefe, die dann dem Bun- deskanzler in Anwesenheit von Lan- deshauptmann Dr. Ratzenböck, Lan- deshauptmann-Stellvertreter Dr. Grü1uier unu Bürgermeister Schwarz persönlich übergeben werden. die. Seit Jahren stoßen die Kommunalpo- li tiker bei den ÖBB mit der Bitte um Verbesserungen der bestehenden Zugsver- ~_indungen nach Linz auf taube Ohren. Ubleis kam nach Steyr mit der verbindli- chen Zusage, daß ab 29. Mai nächsten Jahres zusätzlich zwei Züge mit Fahrzei- ten von nur vierzig Minuten von Steyr nach Linz und retour geführt werden, und zwar ein Frühzug, der um 5.55 Uhr in Steyr wegfährt und um 6.35 in Linz an- kommt, retour geht es um 16.08 ab Linz mit Ankunft um 16.48 in Steyr. 7/339
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