Amtsblatt der Stadt Steyr 1987/12

Z ur Linderung der großen Woh- nungsnot Anfang der dreißiger Jahre gewährte die damalige Regierung Kredite für den Bau von Einfamilienhäusern - und so entstand vor einem halben Jahrhundert die „Erste Steyrer Stadtrandsiedlung in Gründberg". Kredit wurde nur dann ge- währt, wenn neben der Erfüllung verschie- dener Auflagen auch ein Stall für Kleintie- re im Haus vorgesehen war. Der folgende Beitrag soll an die Entstehung der ersten Steyrer Stadtrandsiedlung erinnern. Mit der Entscheidung zur Parzellierung seiner Grundstücke schuf Florian Mayrpe- ter die Voraussetzung für die Gründung der Siedlung, die von der 1934 gegründe- ten „Gemeinnützigen Bau- , Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft der Ersten Steyrer Stadtrandsiedlung in Gründberg bei Steyr" organisatorisch betreut wurde. Zur Parzellierung schrieb am 16. April 1933 die Steyrer Zeitung: ,,Der Besitzer des Viertlgutes in Gründ- berg, in nächster Nähe des Landeskran- kenhauses Steyr, Herr Florian Mayrpeter, · propagiert ein großzügiges Stadtrand- Siedlungsprojekt auf den Gründen des genannten Gutes, die sich außerhalb des Krankenhauses entlang der Straße hinzie- hen und 200.000 Quadratmeter er tklassi - gen Bodens umfassen. Er setzt den Preis eines Quadratmeters Grund und Bodens mit S 1.- bzw. S 1.30 an, baut gleich seihst eine elf Meter breite Parallelstraße 1.ur Sierninger Straße und vier Querstraßen und außerdem eine Wasserlcitun >, u111 jedem Siedler so fort den Wasserleitungs anschluß zu sichern. Das Projekt , das 111 den Ostertagen durch die Presse heka11111 wurde, beschäftigte damit auch die Wie ner Presse, die die Nachricht1.:n tkr Stc rcr Zeitung übernahm, und fand heim Publi kum lebhafte Beachtung." F.s cnhtandc11 ca . 150 Parze llen verschiedener ( iriill ·n mit Ausmaß von 800 bis 1000 (.)uadrnt111e tern. Die Straßen wurden anfan •s 11111 römisch 1 - IV bezeichnet. Der Straßen bau wurde folgendermaßen ausgefüh, l : Der Humus wurde abgehoben und am Stadtrand gelagert. Die Bcschiillun, ·r folgte mit Schotter aus der Schotterg, ube und in weiterer Folge mit Aushubmalerial aus den Kellern der Häuser. Den Trans- port von Sand und Schotter zu den Bau- stellen besorgte Florian Mayrpele r mit seinem Pferdefuhrwerk. Das Material war kostenlos, für den Transport wurde pro Fuhre S 1.- berechnet. Die weitere Aufschließung des Geländes wurde mit dem Bau einer Wasserleitung fortgesetzt. Die Wasserversorgung war ja auch eine Voraussetzung für den Verkauf von Gründen. Da ein öffentliches Wasser- leitungsnetz in der Sieminger Straße nicht bestand, war die Siedlung auf sich allein gestellt. Sogar das Landeskrankenhaus hatte eine eigene Wasserversorgung. Auch die für die Siedler zuständige Gemeinde Sierning, deren Grenze bis an das Areal des Landeskrankenhauses heranreichte, war nicht in der Lage, einen Beitrag zu leisten. Die Arbeiten umfaßten den Bau des Brunnens, das Verlegen des Rohrnet- zes und den Bau des Hochbehälters. Der erste Brunnen befand sich in der Madls- 28 /360 ederstraße auf der Parzelle 206 Fö, die gegenwärtig im Besi tz der Familie Brand- ecker ist. Die Grabungen für das Lei- tungsnetz führte der freiwillige Arbeits- dienst a us . Der Hochbehälter wurde am Plateau oberhalb der Siedlung errichtet. Die Eröffnung der Wasseranlage erfolgte am 13 . August 1933. Aber schon im Jahre 1936 stellte sich heraus, daß dieser Brun- nen nicht ausreichend leistungsfähig war, da sich in der Zwischenzeit die Einwohner schon beachtlich vermehrt hatten. Florian Mayrpeter veranlaßte den Bau eines zwe i- ten Brunnens in der Trollmannstraßc . Dieser Brunnen hatte eine Tiefe von 19 Metern und einen Normalwassersland von drei Metern. Verbunden war dieser Bnrn - nen mit dem Hochbeh ä lter nur über die Zuleitungen zu den Grundslücken. Von nun ab war der Wasserbedarf für die Siedlung für einen längeren Zeitraum •(:- sichert. Der Wasscrbe1..ug lvw. di1.: abga- be erfolgte über Wasst:r1iihl ·, . die vo n <lt:n Wasserbezieh ern >t:kaufl und instand gt:- halten werden mußten . Fina11 ✓ ic1t hal Flo- rian Mayrpct1.:1 d ·n Wass1.:rleitungsbau die Küche in den Wirtschaftsraum ver- setzt, der Dachvorsprung von 80 cm ver- kürzt und ein zweiter Keller vorgesehen wurde. Die Finanzierung der Siedlungs- häuser erfolgte durch einen Kredit des Bundes-Wohn- und Siedlungsfonds und a us Eigenmitteln. Das Fondsdarlehen be- trug S 4500.- , an Eigenmittel mußten vom Bauwerber S 500.- aufgetrieben werden. Dazu waren von jedem Siedler 1000 Stun- den Arbeit zu leisten. Diese Mittel be- schränkten sich nur für den Bau des Erdgeschosses, für den Ausbau der Man- sa rde mußte der Siedler gesondert auf- kommen; die Kosten hiefür waren mit e twa S 1200.- veranschlagt. Der Bauplan mußte auch einen Raum (Stall) für Klein- tiere vorsehen. Dies war Bedingung für die Bewil_ligung des Bauplanes und des Kredi- tes . Anderungen des Planes waren nur zulässig, sowei t es sich um Nebensächlich- keiten im Inneren des Hauses handelte. Dit: dadurch entstandenen Kosten hatte <lcr Bauwerber zu tragen. Die Bauarbeiten wurden mit den ein- fachsten damals üblichen Werkzeugen Vor einem halben Jahrhundert entstanden die ersten Häuser der Gründbergsiedlung 11111 den Anschlußgebühren und mil Spar- kas~enkredit. Die Anschlußgebühr war für drt: crslcn Siedler bzw. Grundkiiufcr mit S ]00. und S 400. und in weiterer Folge mil S 500. und S 600. bemessen. in Kubikmeter Wasse r kostete für die Ver- braucher bis Oktober 1937 25 Groschen plu s vier Prozent Umsatzsteuer. Schon während des Aufschließens des Gdändes war Florian Mayrpeter bemüht, Kauf- und Bauinteressenten für die Grundstücke zu finden. Als Werbung ließ er auf der Parzelle Nr. 44 Fö, derzeit Siedlerstraße 14, ein Musterhaus erbauen. Als erstes Objekt wurde das „Huber- haus", Reindlgutstraße 3, fertiggestellt. Der Preis für den Baugrund betrug im Jahre 1932 S 1.- pro Quadratmeter. Die Preise steigerten sich bis 1935 auf S 1.40 pro Quadratmeter. Die Hanggrundstücke entlang des Mayrpeterweges kosteten 40 Groschen pro Quadratmeter. Im Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1935 wurde berichtet: ,,Dem Besitzer der Stadtrandsiedlung, Herrn Mayrpeter, ist es gelungen, nicht weniger als 58 Siedler auf 69 Parzellen anzusiedeln. 80 Prozent der bisherigen Siedler sind aus Steyr, die rest- lichen 20 Prozent aus Garsten, Gleink, Sierning und Ternberg." Der Bauplan für die Häuser wurde vom Linzer Architekten Franz Haselmayer ver- faßt. Für die zweite Serie 1935- 1936 wur- de der Bauplan insoferne modifiziert, als der Kamin vom vorgesehenen Raum für ausgeführt. Eine Beto nmischmaschine gab es in den ersten Jahren des Bauens nicht. Bclon und Mörtel mußte händisch ge- mischt werden. Ein Aufzug stand nicht zur Verfügung. Bagger waren damals noch un bekannl. Die Arbeit war schwer und ungewohnt. Das Kellerausschachten und die Grabarbeiten besorgten teilweise die Siedler selbst, aber auch der freiwillige Arbeitsdienst wurde dazu verwendet. Die Steyrer Chronik, Kalender 1934, schrieb unter 16. Juni 1933: ,,Der Jugendverband ,Weiß-Grün' des Heimatschutzes Steyr nahm im Rahmen der ersten Steyrer Stadtrandsiedlung eine Arbeit mit Hilfe des freiwilligen Arbeitsdienstes in Gründ- berg in der Nähe des Landeskrankenhau- ses Steyr in Angriff. Es meldeten sich 20 Arbeitswillige." Dienstgeber für den frei- willigen Arbeitsdienst war die Siedlungs- genossenschaft. Die Helfer des freiwilligen Arbeitsdienstes erhielten als Entgelt zur Verpflegung 40 Groschen pro Stunde. Je- ne, die die Arbeitslosenunterstützung be- zogen, erhielten täglich S 2.- ohne Ver- pflegung. Der Einsatz des freiwilligen Ar- beitsdienstes wurde vom Arbeitsamt Steyr veranlaßt. Die Maurer als Facharbeiter stellte der Maurermeister Nömayr bei. Ab Mitte 1936 wurden auch die Angehörigen des freiwilligen Arbeitdienstes als Bau- hilfsarbeiter angemeldet und entlohnt. Tä- tigkeiten wie Kellerdecken-Betonieren oder Aufbringen des Kranzbetons waren vorwiegend Gemeinschaftsarbeiten der Siedler im Rahmen der l000 Arbeitsstun-

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