Amtsblatt der Stadt Steyr 1987/11
DIE SEITE DES BüRGERMEISTERS wie bereits in der vorigen Nummer des Amtsblattes berichtet, hat der Gemeinderat in einer Sitzung am 24. September einstim- mig eine Resolution beschlossen, mit der er sich aus Sorge um die kritische Arbeits- platzsituation mit einem Hilferuf an den Bund, das Land Oberösterreich und die Creditanstalt-Bankverein als Eigentümer- vertreterin der Steyr-Daimer-Puch AC ge- wandt hat. Aufgrund dieser Resolution fand Ende Oktober bei Bundeskanzler Dr. Vranitzky ein Gespräch statt, an wel- chem auch die Belegschaftsvertreter der Steyr-Werke, Abgeordneter zum National- rat Hermann Leithenmayr und Stadtrat Rudolf Pimsl, teilnahmen. In einer mehr als einstündigen Aussprache war es dabei mög- lich, dem Bundeskanzler die kritische wirt- schaftliche Situation der Stadt Steyr und ihrer Umlandregion eindringlich darzule- gen. Dr. Vranitzky zeigte dabei großes Verständnis für die aufgezeigten Probleme und sicherte auch die Hilfe des Bundes im Rahmen seiner Kompetenzen zu. In diesem Zusammenhang ist auch der Belegschafts- vertrelung der Steyr-Daimler-Puch AG zu danken, welche in langwierigen und harten Verhandlungen mit dem Vorstand und dem Eigentümer des Unternehmens bemüht ist, die angekündigten harten Maßnahmen wie Personalabbau und Reduzierung von So- zialleistungen zu mildern. In letzter Zeit hat auch die Nachricht, daß die Energierückgewinnungsgesellschaft S!eyr (ERG) im ehemaligen Gußwerk II der Steyr-Werke in Hinterberg die Errich- tung einer Hochtemperatur- Vergasungsan- lage nach einem neuen Verfahren der VOEST zur Entsorgung von Sonder- und Problemmüll plant, für Unruhe unter den Bewohnern der Stadt, besonders aber der betroffenen Stadtteile, gesorgt. Zur Infor- mation der Bevölkerung fand daher am 21. Oktober d. J. über Einladung der Energie- rückgewinnungsgesellschaft in der Mehr- zweckhalle Münichholz ein Informations- abend statt, bei welchem die Techniker der VOEST und die Vertreter der ERG den besorglen Bewohnern des betroffenen Ge- bietes Rede und Antwort standen. In einer fast dreistündigen Diskussion unter Lei- tung von Umweltstadtrat Rudolf Pimsl wurden die Standpunkte kritisch, aber stets in sachlicher Weise dargelegt. Im Rahmen der Veranstaltung habe ich auch namens der Stadt Steyr, welcher in einem Geneh- migungsverfahren keine Entscheidungs- kompetenz, sondern Parteistellung zu- kommt, erklärt, daß Sleyr keinesfalls als Versuchsstandort für ein in der Praxis noch nicht erprobtes Verfahren in Frage kommt, das heißt, daß allfällige spätere Entscheidungen von einem entsprechend langen klaglosen Probebetrieb im Bereich der VOEST abhängig gemacht werden müssen. Mit dieser Aussage, glaube ich, ist der Standpunkt der Stadt Steyr klargestellt, wenngleich nicht übersehen werden darf, daß die Probleme der Entsorgung, speziell der Sonderabfallbeseitigung, in Zukunft wahrscheinlich nicht durch zentrale Ent- sorgungseinrichtungen zu lösen sein wer- den. Verfolgt man die internationale Be- richterstattung, so merkt man, daß in allen Ländern um praktikable Lösungen gerun- gen wird. Dabei setzt sich mehr und mehr die Meinung durch, daß die Entsorgung nach dem Verursacherprinzip möglichst am. Ort der Entstehung des Sonderabfalls er- folgen soll. Dazu wird ein Umdenken bei den Verursachern ebenso nötig sein wie bei der Verwaltung, aber auch bei jedem ein- zelnen Menschen. Gerade die letzte Aktion ,,Saubere Umwelt" hat uns wieder dra- stisch vor Augen geführt, daß unsere Um- welt noch immer von manchen Mitmen- schen als kostenlose Mülltonne angesehen wird. Erlauben Sie in diesem Zusammenhang aus gegebenem Anlaß einige Bemerkungen zum Verhältnis zwischen dem Bürger und der Verwaltung. In letzter Zeit ist es in Publikationen zu Angriffen gegen Gemein- demandatare und zu persönlichen Diffa- mierungen von Bediensteten des Magistra- tes gek<!_mmen. Es ist völlig klar, daß beide in der Offentlichkeit agieren und sich da- her auch der öffentlichen Kritik zu stellen haben. Bei der Lektüre mancher Pam- phlete wird man in letzter Zeit jedoch den Eindruck nicht los, daß es letztlich gar nicht mehr um die objektive Darstellung von Sachverhalten, sondern um einen Ver- such der Schreiber, sich selbst zu profilie- ren, handelt. Die Publikation von unbewie- senen Verdächtigungen und Unterstellun- gen ist sicher nicht vertrauensfördernd und daher entschieden zurückzuweisen. Zur Verbesserung der strukturellen Ver- hältnisse in Steyr und der Umlandregion wird es künftighin notwendig sein, alle Möglichkeiten einer Belebung, speziell auch im Fremdenverkehr, zu nützen. Im ZusammPnhang damit miichte ich zum Beispiel darauf hinweisen, daß der histori- sche und kulturelle Wert der Eisenstraße mehr in das Bewußtsein breiter Bevölke- rungskreise Eingang finden sollte. Dieser tausend Jahre alte Handelsweg von der Steiermark über den Erzberg, das schöne Ennstal nach Steyr könnte, entsprechend präsentiert, sicher dazu beitragen, den Fremdenverkehr der Stadt und Region zu beleben. Daß Steyr dem Gast viel zu bieten hat, beweisen die zahlreichen begeisterten 1fußerungen von Besuchern der oö. Lan- desausstellung im Wehrgraben. Wenn Sie diese Nummer des Amtsblattes in Händen halten, haben schon mehr als 350.000 Menschen die eindrucksvolle Schau gese- hen. Wegen des nachhaltigen Interesses hat sich das Land entschlossen, die Aus- stellung bis zum 29. November zu verlän- gern, um allen Interessenten, denen ein Besuch noch nicht möglich war, Gelegen- heit zu bieten, diesen noch nachzuholen. Herzlichst Ihr
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