Amtsblatt der Stadt Steyr 1987/8
or sieben Jahren begingen die Stadt und ihre Bürger in einer vielfältigen Veranstaltungsreihe die Erinnerung an die erste Nen- nung der Styraburg vor 1000 Jahren. Vor 700 Jahren folgte ein für die Stadtentwick- lung sehr wichtiges Ereignis, das nun im Unterschied zur Nennung der Styraburg in den Aufzeichnungen der Mistelbacher Synode zwischen 971 und 991 in einem im Original überlieferten Schriftstück bezeugt ist. Diese älteste Urkunde des Archives der Stadt Steyr ist eine aus Pergament vom 23. August 1287 mit einem an roten, grü- nen und weißen Seidenfäden befestigten einseitigen Reitersiegel, in der der neue Landesfürst, Herzog Albrecht l. (1283 bis 1308) anläßlich eines Besuches in der alten Eisenstadt, den Bürgern von Steyr in latei- nischer Sprache alte Rechte bestätigt, Ge- wohnheit rechte schriftlich festhält und neue Privilegien zuerkennt. So heißt die wichtigste (übersetzte) Be- stimmung: ,,Diese Freiheiten bestätigen Wir (Herzog Albrecht I.) ihnen (den Bür- gern von Steyr) von Neuem und bestäti- gen sie für immer. Niemand tue etwas gegen das, was Wir bewilligt, geschenkt, erneuert und bestätigt haben!" Die erneuerten Vorrechte stammen schon von den Babenbergern, wenn nicht schon von den steirischen Otakaren, die bis 1122 auf der hiesigen Styraburg resi- dierten und dann ihren Regierungssitz nach Graz verlegten. Valentin Preuenhue- ber, Stadtschreiber und Chronist, schreibt um 1640 in seinen „Annales Styrenses": .. Dieses eingeführte lateinische Privile- gium ist das älteste, so die Stadt Steyr in Schriften hat; daß aber dieselbe vor die- sem noch andere und mehr und ältere Privilegien gehabt habe, erscheine! aus einer noch vorhandenen Original-Attesta- tion über der Stadt Steyr auf Freiheit von den Herren von Lichtenstein , Murau, 1340 ausgehend, darinnen sie bezeugen, daß sie gesehen haben den Brief und die Urkund so die Bürger zu Steyr haben vom König Rueder (wahrscheinlich Rudolf von Habs- 10/222 700JAHRE GROSSES PRIVILEGIUM der Stadt Steyr burg) alten Fürsten, wo aber solche Privi- legia etwa hingekommen, ist mir (Preuen- hueber) unbewußt." Es ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen, daß die steirischen Otakare ihre Residenzstadt mit Privilegien begünstigt bzw. die Babenberger ihren neuen Besitz privilegiert haben. So nennen die Urkun- den aus den Jahren 1170 und 1252 Steyr schon als „urbs" bzw. ,,civitas" - also als städtische Siedlungen. Unter den sieben landesfürstlichen Städten im Land ob der Enns rangiert Steyr mit seinem Privile- gium zeitlich an dritter Stelle. Die erste Freiheit. die der Stadt Enns, stammt aus dem Jahre 1212. 1277 folgt das Freistädter Stadtrecht und schließlich 1287 die Wie- derverbriefung der Steyrer Freiheiten. Die Privilegien der übrigen landesfürstlichen Städte Gmunden ( 1301 ), Wels (1328), Linz (1336) und Vöcklabruck (1353) gehö- ren schon dem 14. Jahrhundert an. Die Bestimmungen der Stadtrechte von Enns und Wien (1221) waren bestimmend für die späteren Freiheiten der österreichi- schen Städte. Die ehemaligen Herren der Stadt Steyr, die Babenberger, die I 186 in der Georgen- berger Handfeste die Eisenstadt besitzmä- ßig bekommen hatten, waren 1246 mit Friedrich dem Streitbaren ausgestorben. Ottokar von Böhmen besetzte die ehemals babenbergischen Länder, die nach der Schlacht auf dem Marchfeld (1278) end- gültig König Rudolf aus dem Hause Habs- burg zufielen. Rudolf belehnte damit im Dezember 1282 seine Söhne Rudolf und Albrecht. Nunmehr strebte auch Steyr beim neuen Landesherrn die Bestätigung seiner alten Freiheiten an. Erst im Jahre 1287, eben durch die genannte Urkunde, konnte dies erreicht werden. Im Steyrer Privilegium werden elf Freiheiten genannt (Übersetzung von Franz Xaver Pritz, Be- schreibung und Geschichte der Stadt Steyr). 1. ,,Kein Landrichter darf sich in der Stadt, Hofmark oder im Burgfrieden in keiner Sache gerichtliche Jurisdiktion an- maßen; nur wenn es sich um die Todesstrafe handelt, so{{ vom Stadtrichter der Waldbott (das ist der Bannrichter des Landes) dazu berufen werden!" Somit wird die Stadt Steyr vom Landge- richt der Herrschaft ausgenommen. Die Hofmark geht über den Bereich des Burg- frieds hinaus und erstreckt sich über Besit- zungen in den Gemeinden Steyr, Garsten, Sierning, Thanstetten und Wolfern. 2. ,,Keiner soll den Bürgern zum Stadt- richter vorgesetzt werden, den sie nicht selbst aus ihrer Gemeinde erwählen, nur bedarf er der Bestätigung des Landesfür- sten." Bisher stand an der Spitze der Stadtver- waltung und des Stadtgerichtes der vom Landesfürsten bestellte Stadtrichter. Der nunmehr von der Bürgerschaft gewählte Stadtrichter war lediglich nur zur Aus- übung der niederen Gerichtsbarkeit be- fugt. Die Blutgerichtsbarkeit und der Blut- bann kam bis zum Jahre 1523 dem oben genannten „Waldbott" zu. Mit Ulricus iudex de Styra wird I 180 der erste Richter erwähnt. Dieser Richter kann sowohl als Stadtrichter als auch als Landrichter ange- sehen werden. Wahrscheinlich stammt dieser Ulrich aus dem für Steyr bedeuten- den Adelsgeschlecht der Schecken. Der nächste namentlich bekannte Stadtrichter ist 1227 Wezelo (iudex). Er stammt aus dem Ueschlechte der Schecken, die auch später oft Burggrafen der Habsburger auf der Styraburg waren und ihr Erbbegräbnis im Stift Garsten hatten. 1270, 1272 und 1275 tritt der Stadtrichter Hillprantus in Bürgerkorps: Da Steyr im Laufe der Gegenreformation und der Bauernkriege immer heiß umkämpft war, schlossen sich die Bürger schon bald zu einem Wehrverband zusammen. Sit')T
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