Amtsblatt der Stadt Steyr 1987/1

Liebe Leser, zunächst möchte ich für die vielen guten Festtagswünsche, die mir und dem Ge- meinderat zugegangen sind, herzlichen Dank sagen. Wenn ich an der Schwelle zum neuen Jahr noch einmal kurz auf 7986 zurückblicke, so berühren mich schmerzlich die Probleme der Steyr- Werke mit ihren Auswirkungen auf die Familien und die Finanzkraft der Stadt. Wir haben größte finanzielle Opfer zur Schaffung von mehr als zweitausend neuen Arbeitsplätzen auf uns genom- men und so einen wirtschaftlichen Ein- bruch katastrophalen Ausmaßes verhin- dert. Diese Tatsache möchte ich auch im Hinblick auf unser Stadtbudget und den oft zitierten Schuldenstand heraus- stellen. Ja, wir haben an die hundert Mil- lionen für die Gründung neuer und die Erhaltung bestehender Arbeitsplätze ausgegeben und das Geld dafür auf dem Kreditmarkt geliehen, obwohl Ar- beitsplatzbeschaffung nicht Aufgabe der Gemeinde ist. Weil wir nicht zusehen können und wollen, daß immer mehr Ar- beitsplätze in unserer Stadt verloren- gehen, hat der Gemeinderat der Verbes- serung des Arbeitsplatzangebotes die Priorität eingeräumt und Solidarität be- kundet, um die Krise durch gemeinsame Anstrengungen zu meistern. Beachten Sie bitte diesen Aspekt, wenn über den Schuldenstand des Stadthaushaltes dis- kutiert wird. 1986 hat uns nicht nur Probleme ge- bracht, wir sind erfreulicherweise in der Stadtentwicklung ein gutes Stück weiter gekommen und haben große Probleme gelöst, wie beispielsweise die der Müll- entsorgung und Abwasserbeseitigung. Neunzig Prozent des Stadtgebietes ent- wässern bereits über die neue Kläranla- ge. Mit der neuen Mülldeponie und der Schlammentwässerung verfügt Steyr über eine der modernsten Entsorgungs- anlagen Österreichs. Mit einem umfas- senden Altstoff-Entsorgungskonzept si- chern wir Umweltqualität. Schwerpunkt der Stadterneuerung ist das Wehrgrabengebiet, wo 1986 mit dem Bau des Museums Arbeitswelt, des großen Kanalhauptsammlers, dem Bau Die Seite des Bürgermeisters der Direktionsbrücke, des Museumsste- ges, der groß angelegten Revitalisierung des ehemaligen Josef-Lazaretts und der Restaurierung anderer Objekte ein Pro- zeß eingeleitet wurde, der uns noch vie- le Jahre vor große Herausforderungen stellen wird. Mit der oberösterreichischen Landes- ausstellung „Arbeit, Mensch, Maschi- ne", die vom 30. April bis 2. November 1987 in restaurierten Gebäuden der ehe- maligen Hack-Werke im Wehrgraben stattfinden wird, rückt Steyr wieder in den Blickpunkt Österreichs und des in- teressierten Auslandes. Die Stadt Steyr hat mit dem Kauf der Hack-Anlagen die Weichen für die Entstehung des Mu- seums Arbeitswelt als Werk von euro- päischer Bedeutung gestellt und dar- über hinaus weitere Gebäude für wis- senschaftliche Institute mit Schwerpunkt Altstadtforschung und Industrie-Archäo- logie dem Bund angeboten. Die Ver- handlungen über die Niederlassung sol- cher Institute in Steyr sind voll im Gan- ge. Mich freut persönlich ganz beson- ders, daß der geschichtsträchtige Wehr- graben, der von einer jahrhunderteal- ten handwerklichen Tradition geprägt wurde, nun wieder einen großen Auf- schwung erlebt. Der neue Museumssteg mit dem Schloßleitenweg verbindet den Wehrgraben direkt mit dem Stadtzen- trum. Die Bedeutung dieses Übergan- ges wird erst voll sichtbar werden, wenn durch Althaussanierung und neue Woh- nungen dieser Stadtteil zum attraktiven Wohngebiet wird. Die Bedeutung des Museumssteges und der Aufgang zum Schloßpark sind auch im Zusammen- hang mit unseren Planungen für ein Stadtgeschichtsmuseum im ehemaligen Speichertrakt des Schlosses Lamberg zu sehen. Mit der Adaptierung des Ge- bäudes wird heuer begonnen. Fertig- stellung und Einrichtung orientieren sich nach Maßgabe der finanziellen Möglich- keiten. Der Museumssteg ist die Brücke zwischen den beiden Museen und für die künftigen Besucher des einen Mu- seums sicher ein Anreiz, mit wenigen Schritten über den Fluß auch das ande- re zu sehen. Mit Beginn des Frühjahrssemesters steht das adaptierte Volksbildungshaus Stelzhamerstraße vor allem für die Kurse der Volkshochschule zur Verfügung. Bisher war die Volkshochschule in zehn verschiedenen Gebäuden einquartiert. Die Konzentration der Kurse im neuen Haus bringt auch eine wesentliche Bes- serung der Platzverhältnisse in geräumi- gen Klassen und optimale Nutzung der Geräte. Bei Tageskursen , deren Zahl ständig steigt, muß auch nicht mehr auf den Klassenbetrieb Rücksichtgenom- men werden, wie das in den öffentlichen Schulen bisher notwendig war. Ich er- warte mir von diesem Volksbildungs- haus aufgrund des erweiterten Angebo- tes neue kulturelle Impulse. Die wach- sende Zahl der Teilnehmer an VHS-Kur- sen zeigt ja das Interesse für diese Ein- richtung. Sie finden in dieser Ausgabe des Amts- blalles Details über den Häusf1ällsvoran- schlag 1987 der Stadt Steyr und die für heuer geplanten Vorhaben, auf die ich deshalb hier nicht noch weiter eingehen möchte. Schwerpunkt all unserer Bemü- hungen wird auch heuer die Sicherung und die Vermehrung der Arbeitsplätze sein. Ich erwarte dringend die rascheste Realisierung der vom Gemeinderat ge- forderten Sonderförderung durch Land und Bund für die krisengeschüttelte Wirtschaft unserer Region. Wir werden bei Land und Bund massiv den Bau der Nordspange fordern, daß Steyr endlich mit einer leistungsfähigen Straße in den oberösterreichischen Zentralraum ein- gebunden und so für Betriebsansiedlun- gen attraktiver wird. Gerade das letzte Jahr hat uns wieder sehr deutlich er- innert, wie eng das Wohl der Menschen mit der wirtschaftlichen Situation ver- knüpft ist. Daher müssen wir in unserer Stadt alle Bedingungen für konkurrenz- fähige Betriebe schaffen. Land und Bund müssen uns dabei helfen. Gehen wir mit Optimismus in das neue Jahr. Stellen wir uns den Aufgaben. Wenn wir gute mitmenschliche Bezie- hungen pflegen, sind wir eine starke Ge- meinschaft, die alle Schwierigkeiten überwindet. Ich danke Ihnen schon jetzt für die Mitarbeit. Herzlichst Ihr Heinrich Schwarz

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