Amtsblatt der Stadt Steyr 1986/10
Liebe Leser, auf der Seite 3 des Amtsblattes infor- miere ich Sie regelmäßig über die aktu- ellen Ereignisse in unserer Stadt. An- betrachts der unerfreulichen wirt- schaftlichen Entwicklung und den da- mit in Zusammenhang stehenden Kündigungen in der Steyr-Daimler- Puch AG bin ich veranlaßt, mich die- ses Mal mit einem einzigen Thema auseinanderzusetzen. Es ist eine histo- rische Tatsache, daß die Geschicke der Steyr-Daimler-Puch AG mit jener der Stadt selbst sehr eng verbunden sind. Daran hat sich im Laute der bis- herigen Entwicklung grundsätzlich nichts geändert. Die Steyr-Daimler- Puch AG ist trotz der in der letzten Zeit erfolgten Ansiedlung neuer Betriebe nach wie vor das beherrschende Wirt- schaftsunternehmen in der gesamten Region. Die ersten ernsthaften Schwierigkeiten in diesem Unterneh- men sind zu Beginn des Jahres 7984 aufgetreten und es wurde damals zwi- schen dem Bunde und dem Land Oberösterreich ein Sonderabkommen abgeschlossen, um den geplanten 895 Kündigungen durch Schaffung von Er- satzarbeitsplätzen entgegenzuwirken. Das damals für die Krisenregion Steyr geschaffene Sonderförderungsab- kommen sah sechs verschiedene Zin- senzuschußaktionen für Investitions- kredite vor. Mangels Besserung der wirtschaftlichen Lage wurde das Ab- kommen zu Beginn des Jahres 7985 von Bund und Land bis zum Ablauf des Jahres 7985 prolonqiert. Die Stadt hat die weitere wirtschaftliche Entwick- lung immer mit größter Aufmerksam- keit verfolgt und deshalb rechtzeitig ei- ne abermalige Verlängerung des bis 37. 72. 1985 befristeten Sonderförde- rungsabkommens verlangt. Begründet wurde dies mit der Notwendigkeit, auch in Zukunft die Leistungsfähigkeit der in Steyr angesiedelten Klein- und Mittelbetriebe zu erhalten, einer Ab- siedlung von Betrieben aus der Region Steyr entgegenzuwirken und eine wei- tere Verschärfung der ohnedies be- reits sehr angespannten Arbeitsmarkt- lage zu verhindern. Leider wurde die Anregung der Stadt nur von Bundes- seite aufgegriffen, während das Land Die Seite des Bürgermeisters Oberösterreich sich lediglich bereit er- klärte, das Regionalabkommen Steyr in einem akuten Krisenfall wieder auf- leben zu lassen. Dieser akute Krisen- fall ist bedauerlicherweise nunmehr eingetreten, da das Strukturkonzept der Steyr-Daimler-Puch AG bekannt- lich vorsieht, daß noch heuer weitere 600 Kündigungen erfolgen und dar- über hinaus 7987 weitere zahlreiche Arbeitsplätze verlorengehen sollen. Es wäre daher endlich an der Zeit, der vom Gemeinderat der Stadt Steyr in seiner Sitzung vom 30. 7. 7986 einstim- mig beschlossenen Resolution nach- zukommen, daß die zuständigen Stel- len des Bundes und Landes unverzüg- lich die Verhandlungen zum Wieder- aufleben und zur Weiterführung eines Sonderförderungsabkommens bis zur grundsätzlichen Konsolidierung der wirtschaftlichen Verhältnisse in unse- rem Gebiet aufnehmen. Ich kann mich der Auffassung des Landes Oberöster- reich nicht anschließen, daß als Para- meter für das Inkraftsetzen einer För- derungs-Sonderaktion die Gesarrytbe- schäftigtenzahl anzunehmen ist, son- dern bin vielmehr der Oberzeugung, daß für die Einleitung von Unterstüt- zungsmaßnahmen ausschließlich die Zunahme der Arbeitslosenrate maß- geblich ist. Die Arbeitslosenrate liegt aber in unserem Bereich leider schon sehr erheblich über dem österreichi- schen Durchschnitt. Aufgrund dieser Situation habe ich deshalb sowohl mit dem Bund als auch dem Land Ober- österreich Verbindung aufgenommen, damit ohne Verzug ein neues Förde- rungspaket für Steyr ausgearbeitet wird. Im übrigen bin ich sowohl mit dem Vorstand als auch der Beleg- schaftsvertretung der Steyr-Daimler- Puch AG im laufenden Kontakt. Ich will mit meinen Ausführungen kei- neswegs eine Krisenstimmung erzeu- gen , bin jedoch der Meinung, daß es zum Pflichtbereich der Stadtverwal- tung gehört, alle Möglichkeiten auszu- schöpfen, um eine wirtschaftliche Konsolidierung und vor allem aber Si- cherung der vorhandenen Arbeitsplät- ze zu gewährleisten. Abschließend möchte ich daran erin- nern, daß die Stadt im Bereich der Wirtschaftsförderung ohne direkte ge- setzliche Verpflichtung immer sehr ak- tiv war und es konnte deshalb in der jüngsten Vergangenheit nicht zuletzt durch die Mitwirkung der Stadt zu neu- en Betriebsansiedlungen kommen, wobei ich demonstrativ nur auf die Fir- ma Dräxlmaier, die Sportkonfektions- erzeugung Kram! sowie die Roboter- produktion der Firma Engel hinweisen möchte. Ganz besondere Bedeutung für unsere gesamte Region kommt aber der abermaligen Ausweitung des BMW-Motorenwerkes zu, dessen 3. Ausbaustufe bereits im Jahre 7987 in Angriff genommen wird. Hier wird die Stadt bekanntlich einen Beitrag von nicht weniger als 22 Millionen Schilling leisten. Ich bringe die Hoffnung zum Aus- druck, bei den Verhandlungspartnern Bund und Land das gebührende Ver- ständnis zu finden , damit bereits in nächster Zeit ein neues Förderungs- paket für die Region Steyr zum Tragen kommen kann. Bei ehrlicher gemein- samer Anstrengung wird es sicherlich gelingen , dte aufgetretenen Schwierig- keiten zu meistern. Ich nehme an, daß ich in der nächsten Ausgabe des Amtsblattes über einen Fortschritt un- serer Bemühungen berichten kann . Zum Schluß möchte ich nicht verab- säumen , an die heimische Wirtschaft zu appellieren, den durch die vorange- führten wirtschaftlichen Schwierigkei- ten betroffenen Arbeitskräften im Rah- men ihres Bereiches neue Beschäfti- gungsmöglichkeiten zu bieten. Ich selbst habe mich in dieser Richtung vor allem mit dem Vorstand des BMW-Motorenwerkes ins Einverneh- men gesetzt. Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
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