Amtsblatt der Stadt Steyr 1986/9

Diensteid ablegte. Die notwendigen Ge- nehmigungen durch das Kreisamt, durch die Landesregierung und das Appella- tionsgericht schränkten die bisherige Au- tonomie sehr ein. Auch bei Angelegenhei- ten äußerst geringfügiger Bedeutung muß- te die Zustimmung vorgesetzter Behörden eingeholt werden. Vor allem wurde Steyr, wie anderen landesfürstlichen Städten, das Budgetrecht, das heißt, die Verfügung über städtische Einnahmen und Ausgaben entzogen. Als im Mai 1803 Bürgermeister Dr. Paumgartner seinen Entschluß be- kanntgab, sein Amt nunmehr endgültig niederzulegen , ordnete das Kreisamt eine Neuwahl für den 3. August an . Magistrats- rat Franz Karl Preureutter wurde zum neuen Bürgermeister mit einem Jahresge- halt von eintausend Gulden gewählt. 1811 trat Bürgermeister Preureutter wegen Dif- ferenzen mit d_em Bürgerausschuß zurück. Vor aUem die Anderung des Strafvollzuges mißfiel den Bürgern der Stadt. Freiheits- strafen konnten bis zum Ende des Jahres 1803 in der sogenannten „Bürgerstube" des Rathauses abgesessen werden. Doch im Jänner 1804 wurde dem Bürgeraus- schuß bekanntgegeben, daß die Strafen im Zivilarrestzimmer des Arresthauses abzu- büßen wären. Preureutter übersiedelte nach Gmunden und nahm dort die Stell e als städtischer Syndikus an . Er starb am 22 . September 1823. Preureutters Nachfol- ger als Stadtoberhaupt wa r der erste Ra ts- herr Werloschnigg von Berenberg. Das Kreisamt hatte am 19. Jänner 1811 dem Magistrat mitgeteilt, daß das Bürgermei- steramt „suspendiert" sei. So leitete der ehemalige Unterleutnant im Infanteriere- giment Nr. 59 als „Dirigierender Rat" die Geschicke der_Stadt. Ende Juli 1814 such- te Werloschnigg namens der Magistratsbe- diensteten beim Bürgerausschuß an, daß ihnen ähnlich den Staatsbeamten die Be- soldung immer nach vier Monaten und nicht wie jetzt üblich erst nach einem Jahr ausbezahlt werde. Werloschnigg wies dar- auf hin, daß die Bürgerschaft die Pflicht habe, ihre Beamten entsprechend zu ent- lohnen. Die derzeitige Besoldung reiche aber bei der Teuerung nicht mehr aus. Dieses Ansuchen wurde vom Bürgeraus- schuß abgelehnt. Auch die vorgesetzte Behörde, das Kreisamt, teilte mit, daß bezüglich der erbetenen Gehaltserhöhun- gen „Allerhöchste Entscheidungen" abge- wartet werden müßten. Ungerechterweise sahen die Steyrer Bürger im juridischen Magistrat, der natürlich eine Anzahl von Beamten erforderte, eine unnötige finan- zielle Belastung des städtischen Dudgets. Der Bürgerausschuß versuchte darüber hinaus zu verhindern, daß alle Planposten besetzt werden. Doch die wirtschaft liche Lage der städti- schen Bcam ten wurde immer schiech ter. Ende 18 15 konnten die Beamten von ihrer Entlohnung unmöglich mehr ihren Le- bensunterhalt bestreiten. So bezog ein städtischer Kanzlist ein Monatsgehalt von zwanzig Gulden und fünfzig Kreuzer für sich und seine Fami li e. Im Gegenwert entsprach dies nicht ganz der Menge von 27 Kilogramm Rindfleisch. Durch einen Steuerzuschlag konnte an die Beamten eine Teuerungszulage ausbe- zahlt werden. Acht Monate später war die sieyr Wappen des Dr. Silvester Paumgartner, des ersten Bürgermeisters der Stadt Stey r. Stadtkassa dazu nicht mehr in der Lage. Viele Beamte kündigten und verließen die Dienste der Stadt, so Magistratsrat Grab- mayr, der in Treviso eine Anstellung als Landesrat fand, oder Magistratsrat Gres- ser, der als Syndikus nach Laa an der Thaya ging. Um die wirtschaftliche Lage der Stadt zu sanieren , war in einem Hofdekret des Jahres 1804 dem Magistrat anbefohlen worden, einen ökonomischen Senat einzu- führen. 1816 bestätigte der Kaiser die damalige Stadtverfassung und befahl neu- erlich die Einsetzung von ökonomischen Räten. Doch weiterhin unterblieb die Gründung eines Wirtschaftsrates. Erst 1824 wurde dem kaiserlichen Willen Rechnung getragen . Bürgerliche Ökono- mieräte wurden der Postmeister Anton Mayrhofer, der Eisenhändler Josef von Koller und der bürgerliche Silherarheiter Anton Gemböck. Franz Seraph Reisser war seit 1803 Magistratsrat und ab 18 IO der Schwiegersohn des damals amtieren- den Bürgermeisters Preureutter. Am 4. März 1819 wurde er zum Bürgermeister ernannt und die dadurch frei werdende Ratsstelle mit Johann Baptist Freyinger aus Mauthausen besetzt. Insgesamt 39 Jahre war Reisser im Dienste der Stadt Steyr, als er 1842 starb. 1820 wurde Steyr wegen bedeutender Steuerrückstände un- ter Zwangsverwaltung gestellt. Der Kom- missar nahm an den betreffenden Sitzun- gen im Rathaus teil. Diese Maßnahme wurde 1827 aufgehoben. Bürgermeister Reisser war um die Privilegien der Stadt bemüht. So wurden 1829 die beiden Jahr- märkte sowie der Wochenmarkt am Mon- tag und Donnerstag durch den Kaiser bestätigt. Im Revolutionsjahr 1848 wurde die 1786 eingeführte Magistratsverfassung geän- dert. Am 11. November 1850 wurde die neue Gemeindeordnung eingeführt. Sie gewährte aber auch noch keine Autono- mie. Bis 1854 unterstand der Magistrat der k. k. Bezirkshauptmannschaft und dann ein Jahr dem k. k. Bezirksamt. Volker Lutz Literatur: BRANDL, Manfred , Neue Geschichte von Steyr vom Biedermeier bis heute. Steyr 1980. JILEK, Renate, Das Stadtschreiberamt von Steyr von seinen Anfängen bis zur Josefinischen Magi- slratsreform I786. Dissertation Universität Wien 1970. KROBATH , Erlefried , Bürgermeister, Richter und Räte der landesfürstlichen Stadt Steyr. Amts- blatt der Stadl Steyr, Jg. 6/ 1'1/JJ, Nr.~- OFNER, Josef, Die Eisenstadt Steyr. Geschicht- licher und kultureller Rückblick Steyr 1956. - Die Bürgermeister der Stadt und ihre Zeit. 12. und I3. Fortsetzung, Veröffent lichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, 29/1969 und 30/ 1972. OFN ER, Josef, 470 Jahre Bürgermeisteramt in Steyr. Amtsbl a tt der Stadt Steyr, Jg. 12/ 1960, Nr. 9. OFNER, Josef, Zur Geschichte des Steyrer Stadtschreiberamtes. Amtsblatt der Stadt Steyr, Jahrgang 10/ 1967, Nr. 4. PRITZ, Franz Xaver, Beschreibung und Ge- schichte der Stadt Steyr und ihrer nächsten Umge- bung. Steyr 1837. ROLLEDER, Anton, Heimatkunde von Steyr, Steyr 1894. Quellen: Ratsprotokolle und Steuerbücher der be- treffenden Jahre; Stadtarchiv Steyr. 19/283

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2