Amtsblatt der Stadt Steyr 1986/7

ten, wodurch sich die Ausstellung wieder dem Stift und seiner sakralen Kunst zu- wendet. Liturgische Geräte geben im Anschluß daran Einblicke in die Frömmigkeit, in Glaubensvorstellungen und Glaubensin- halte des Barock. Kunst wird zum Zei- chen, Schönheit führt letztlich in einen real unfaßbaren Bereich. Doch gerade diese hohen Gedanken werden im letzten Raum der Ausstellung präzisiert. Im Re- fektorium geht es um die Welt des Klo- sters, um Ordensauftrag und um Regeln der Gemeinschaft, um Berufung und Seel- sorge der Augustiner Chorherren . Es geht somit letztlich um eine erstrebenswerte innere Freiheit und Sicherheit inmitten dieser Welt. In den Gang durch die Aus- stellung sind Freiräume eingeplant, die es dem Besucher ermöglichen, sich zu ent- spannen und die Fülle der Eindrücke zu ordnen. So etwa dient zwischen Kaiser- zimmern und Leopoldinischem Trakt das eingeschobene Sonderthema „Sesselhier- archie" dem Wunsch nach Auflockerung: In sehr anschaulicher Form wird hier eine Kulturgeschichte des barocken Sitzmöbels vom Thronsessel bis zum Melkschemel angedeutet, die zeigt, worauf man im Barock sitzen durfte, sollte oder mußte. An dieser Stelle ist auch die erstmals in einer oberösterreichischen Landesausstel- lung geplante Multivision etabliert. In acht bis zehn Minuten Dauer soll sie die Eindrücke, die der Besucher in den Kai- serzimmern erhalten hat, festigen und ord- nen und darüber hinaus auf die kommen- den Themen vorbereiten. Dafür sind allein zehn Projektoren in Überblendtechnik eingesetzt. Der nächste ruhende Pol bietet sich vor dem Eingang zum Sommerrefek- torium an: Eine Video-Großprojektion stellt das Leben der Augustiner Chorher- ren heute dem Orden im Barock gegen- über. Auch in den Ausstellungsräumen bedient man sich der audiovisuellen Me- dien. So etwa erzeugen wechselnde Pro- jektionen 1ie Illusion eines Barockthea- ters, UV-Uberblendungen konfrontieren barocke Texte mit Aussagen zeitgenössi- scher Autoren und Videofilme über das Nachleben des Barocks in der Gegenwart ergänzen einzelne Raumthemen . Über die berühmte Florianer Bibliothek kommt der Besucher zu den Stiftssamm- lungen. In der Bibliothek, die ebenfalls als Ruheraum gedacht ist, werden Wort und l\:lusik optisch und akustisch dargestellt. Über den Florianigang und den Marmor- saal (Kaisersaal) führt der Weg zu den zehn Räumen, in denen die Objekte der Stiftssammlungen besichtigt werden kön- nen. Sie wurden in jahrelanger Arbeit restauriert und sind zum Großteil erstmals für die Öffentlichkeit zugänglich. Das Stift besitzt einen so reichen Be- stand an Bildern, Plastiken und handwerk- lichen Objekten, daß für die Präsentation eine strenge Auswahl getroffen werden mußte. Der Schwerpunkt liegt bei den gotischen Tafelbildern und Plastiken, die in ihrer Qualität einen überaus hohen Stellenwert einnehmen. Der Sebastian-Al- tar Albrecht Altdorfers zählt ebenso zu den Hauptwerken wie Arbeiten des an- onymen Historiameisters oder Wolf Hu- Aurora, Detail aus dem Deckenfresko im Kaisersaal des Stiftes St. Florian. bers. Weitere Höhepunkte bieten die goti- sche Glasmalerei und das Porzellan-, Glas- und Tafelgeschirr. In der barocken Sammlung dominieren die niederländi- sche und österreichische Landschaftsmale- rei, das Stilleben und die flämischen und flandrisch beeinflußten Genrestücke. Überaus eindrucksvoll ist das nahezu voll- ständig erhaltene Skizzenmaterial von Martino und Bartolomeo Altomonte zu den wunderbaren Fresken im Stift S.t. Florian selbst. Für Kinder bis etwa zehn Jahre gibt es eine Sonderattraktion: Wäh- rend ihre Eltern in Ruhe die Ausstellung besuchen , läuft für sie ein eigenes Pro- gramm. Junglehrer und Kindergärtnerin- nen gehen mit den Kleinen durch die für Kinder am besten geeigneten Räume und erzählen ihnen anhand ausgesuchter Ob- jekte von der Barockzeit. Anschließend gibt es im Purpurzimmer „Barock" zum Angreifen , Anhören, Erleben. Die Kinder tauchen in die Welt des Barock ein. Sie spielen mit Spielzeug, das es schon im Barock gegeben hat, wie Steckenpferd, Windrad! oder Kreisel. Sie können malen oder modellieren, sich in barocke Kleider hüllen, ,,Schlager" aus der Barockzeit hö- ren, mitsingen, Schlösser bauen und vieles andere mehr. Das Kinderprogramm ist kostenlos, ein mit Sofortbildkamera ge- machtes Konterfei als „Hofdame" oder ,,Kammerherr" als Erinnerung gibt es al- lerdings nicht ganz umsonst. An den Kassen bietet man auch den Museumspaß an, der heuer erstmals auf- gelegt wurde. Er berechtigt zum ermäßig- ten Eintritt nicht nur in die Landesausstel- lung „Welt des Barock", sondern darüber hinaus in sämtliche in und um St. Florian liegenden Einrichtungen. Der Markt St. Florian und das Florianer Land sind be- sonders reich an Museen und Sammlun- gen. [m einzelnen erstreckt sich die Gül- tigkeit des Museumspasses auf folgende Bereiche: Oberösterreichische Landesausstellung ,,Welt des Barock" im Augustiner Chor- herrenstift St. Florian; Feuerwehrmuseum im ehemaligen Stiftsmeierhof (historisches Feuerwehrzeughaus); Jagdmuseum Ho- henbrunn im ehemaligen barocken Jagd- schloß des Stiftes mit Sonderausstellung „Die Jagd im Barock" ; Freilichtmuseum Samesleiten im oberösterreichischen Vier- kanthof „Sumerau" , der derzeit größten Bauernmöbelschau Österreichs; Museum Lauriacum (Stadtmuseum Enns) mit Schwerpunkt Römerzeit in Oberösterreich und Sonderausstellung „800 Jahre Geor- genberger Handfeste - Lebensformen im Mittelalter"; Anton-Bruckner-Geburts- haus Ansfelden; Fahrt mit der Museums- bahn St. Florian. Das Museumspaß-Gutscheinheft kostet S 120.-, die Ersparnis durch die Ermäßi- gung beträgt insgesamt S 50.-. Jeder Käu- fer eines Museumspasses bekommt auch kostenlos das etwa l00 Seiten starke Büch- lein „Kulturführer Linz-Land". Ausstellungsdauer: 25 . April bis 26. Ok- tober 1986. Geöffnet täglich von 9 bis 18 Uhr (Einlaß bis 17 Uhr). 33/225

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