Amtsblatt der Stadt Steyr 1986/3

Ein Stift als Modell der barocken Welt Oö. Landesausstellung 1986 vom 25. April bis 2~. Oktober in St. Florian St. Florian in Oberösterreich, eines der bedeutendsten und schönsten Klöster Österreichs, bietet anläßlich seines Jubi- läums „300 Jahre Barockstift St. Florian" im Frühjahr 1986 eine umfassende künst- lerische, histori sche und geistesgeschichtli- che Ausstellung. Im ersten Obergeschoß dieser weitläufigen Anlage mit Kaisersaal und Bib liothek werden aus diesem Anlaß die reichen Kunstsammlungen aus Mittel- alter und Barock in wissenschaftlicher Neubea rbeitung nach modernen Gesichts- punkten vorgestellt. Das zweite Oberge- schoß ist der oberösterreichischen Landes- ausstellung „Welt des Barock" gewidmet. Die ori ginal ei ngerichteten Kaiserzimmer präsentieren den höfischen Bereich. Der Bogen reicht von den Räumen Kaiser Karl s VI. und seiner Gemahlin Elisabeth- Chri stine über den großen Audienzsaal, das Türkenzimmer Prinz Eugens bis zur Darstellung von Natur und Kunst. In diese Prunkräume sind Dokumente und Kunstobjekte aus in- und ausländischen 24/96 Archiven und Sammlungen so eingeord- net, daß sie die im Bildschmuck zum Ausdruck gebrachten Ideen ergänzen oder durch Fakten belegen . Im neu restaurier- ten Leop~ldinischen Trakt, der zum ersten Mal der Offentlichkeit zugänglich ist, wird dieser kaiserliche Themenkreis von euro- päischem Rang an der Wirklichkeit des Landes gemessen , an seiner Sozialstruktur, an seiner Yolksfrömmigkeit und seiner bäuerlichen Kunst. Selbst der repräsenta- tive Bau des barocken Klosters wird einer Kostenrechnung unterzogen. Geld und Geldeswert prüfen den Höhenflug der Kunst an der nü chternen Realität. Doch alles, selbst Wissenschaft und Forschung, bleiben auf St. Flor ian bezogen. Das Stift wird als Modell der barocken Welt gese- hen. Und wenn sich die Darstellung an- hand von Frcskenentwürfen zum Bild des ßarockh immels erhebt, ist auch hier die gläubi ge Vorstellung mit konkreten wis- senschaftliche n Erkenntnissen der Astro- nom ie konfronti ert. Der Rundgang endet im sakralen und klösterlichen Bereich. Kostbares liturgisches Gerät führt durch die Transparenz seiner Bildsprache zu den zentralen Glaubensvorstellungen, und im großen Sommerrefektorium kommt Augu- stinus selbst zu Wort, dessen Ordensregel die Gemeinschaft der Augustinischen Mönche von St. Florian bis heu te ordnet und lenkt. Das Neue an der Ausstellung liegt dar- in, daß sie kein eigenes Konzept verfolgt, sondern dem großen ideologischen Pro- gramm des Stiftes dienen möchte. Ein handlicher Katalog wird durch die Räume führen und die Darstellungen akzentuie- ren, wobei die Objekte so präsent sein sollen, daß sie sich ohne Schwierigkeiten selbst erläutern. Dem Katalog liegt außer- dem ein Handbuch „Welt des Barock - Reflexion zum Stiftsjubiläum" bei, in dem namhafte Wissenschafter des In- und Aus- landes das Modell St. Florian in die größe- ren europäischen Zusammenhänge ein- ordnen. Gewiß eine historische Ausstel- lung, aber dennoch steht über allem die Frage, was diese Welt des Barock unserer eigenen Existenz und dem Heute bedeu- ten kann. Als Ausstellungsleiter konnte Univ.-Prof. Dr. Rupert Feuchtmüller ge- wonnen werden. Der international ge- schätzte Fachmann im Bereich der Kunst- geschichte war langjähriger Leiter des Erz- bischöflichen Dom- und Diözesanmu- seums Wien sowie der Kunstabteilung des niederösterteichischen Landesmuseums. Unter seiner Ägide errangen die nieder- österreichischen Landesausstellungen An- erkennung und Lob weit über lokale Gren- zen hinaus. Als Publizist profilierte sich Prof. Dr. Feuchtmüller unter anderem mit Werken über den Kremser Schmidt, Ku- pelwieser, Gauermann und Sergius Pau- ser. Unter seinen Büchern ragen das zwei- bändige Werk „Kunst in Österreich", die Publikationen über den Wiener Dom so- wie jene zu den Themen Barock und Biedermeier heraus. Wie bei allen bisheri- gen Landesausstellungen stellt auch dies- mal die Stadt Steyr wieder eine Reihe von Leihgaben aus dem Heimathaus zur Ver- fügung. Kaisersaal im Stift St. Florian

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