Amtsblatt der Stadt Steyr 1986/2

Vize- bürgermeister Karl HOLUB Vizebürgermeister Karl HOLUB (VP) ist im Stadtsenat für Denkmalschutz, Fremdenverkehr, Gesundheitswesen und Bezirksverwaltung zuständig. Im folgen- den Beitrag erläutert er am Beispiel Steyrdorf seine Vorstellungen über Alt- stadtrevitalisierung. Unsere Heimatstadt Steyr hebt sich durch ihre wunderschöne Altstadt von allen österreichischen Städten hervor. Kultur-, wirtschafts- und sozialge- schichtlich stellen weite Bereiche unse- rer Stadt besonders bedeutsame Gebiete tekturmerkmale und baulicher Struktu- ren , rückt Steyrdorf mehr in den Blick- punkt (nicht nur des Denkmalschutzes). Ein unumstrittenes Ziel der öffentli- chen Aktivitäten ist es, dieses Gebiet unter Beachtung der Eigentümlichkei- ten neu zu beleben. Ich verstehe Denk- malschutz als „bewahrendes Beleben". So möge auch die Tatsache gesehen werden, daß viele Gebäude in Steyrdorf unter Denkmalschutz gestellt werden. Diese Unter-Schutz-Stellung bringt zwar einerseits einen kleinen Nachteil für die Hausbesitzer, der sich vor allem in einem erhöhten administrativen Auf- wand bei beabsichtigten Baumaßnah- men äußert, andererseits aber beachtli- che Vorteile: Bevorzugung bei Förderungsdarlehen; Vorrang bei Subventionswünschen; Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Erleichterungen nach der Bauordnung. In enger Zusammenarbeit zwischen den Beamten des Bundesdenkmalamtes einerseits und den städtischen Referaten Revitalisierung der Altstadt am Beispiel Steyrdorf dar, die von einer Fülle seltener Bau- denkmäler ausgezeichnet sind. Gerade diese Baudenkmäler machen den Reiz der Stadt Steyr aus, um den uns viele andere Städte beneiden. Gerade der Stadtteil Steyrdorf stellt als historische Vorstadt in seiner städte- baulichen Gesamtlage eines der selten- sten Baudenkmale aus der Zeit vom 16. bis 19. Jahrhundert dar. Gebäude von spätmittelalterlicher Grundstruktur in der Umgebung des Mündungsbereiches der Steyr fügen sich mit den hauptsäch- lich im Baustil des Biedermeier gestalte- ten Architekturen oberhalb der Gelän- dekanten zu einem harmonischen Gan- zen zusammen. Leider bietet sich - wie wir alle wissen - Steyrdorf nunmehr in einem außeror- dentlich problematischen Zustand dar. Als Folge der Abwanderung der großen Industrien hat sich schon in der Vergan- genheit eine bemerkenswerte Entvölke- rung der Wohnbereiche ergeben. Die Folge ist eine Schwächung der wirt- schaftlichen Strukturen und ein Defizit an zeitgerechtem Wohnraum, so daß durch das Abwandern der jüngeren Be- wohner in Neubaugebiete zusätzlich noch ein ungewöhnlich hohes Durch- schnittsalter zu verzeichnen ist. Lange Jahre mehrten sich die Proble- me Schritt für Schritt, ohne das beson- dere Interesse einer breiten Öffentlich- keit zu erregen. Der Bewußtseinswandel über den Wohnwert, den die Altstadt zu bieten in der Lage wäre, sowie über die Bedeutung der Bewahrung alter Archi- 14150 für Baurecht und Denkmalschutz ande- rerseits ist eine möglichst unbürokrati- sche Abwicklung vorgesehen. Selbstver- ständlich benötigen die Betroffenen be- sondere Informationen. Gemeinsam mit dem Referat für Denkmalschutz wird ein geeigneter Informationsdienst vor- bereitet: Baufachleute, Finanzierungs- spezial isten und Gemeindefunktionäre werden in regelmäßigen Abständen oder bei Bedarf mit Rat und Tat zur Verfügung stehen: Bauberatung in fachlichen und baube- hördlichen Belangen; Beratung zur optimalen Finanzierung; Erstellung von Förderungsanträgen zu Sonderdarlehen ; Abfassung von Subventionsanträgen; Steuertips. Die Stadt Steyr geht mit der Sanie- rung des „Josefs-Lazaretts" in der Wehrgrabengasse mit gutem Beispiel voran. Durch die denkmalgerechte Adaptierung wird in der historischen Umgebung Wohnraum angeboten, der den heutigen Ansprüchen voll gerecht wird. Die Revitalisierung Steyrdorfs kann natürlich nicht nur durch die Hausei- gentümer erfolgen. Die Stadt setzt, be- ginnend mit dem heurigen Jahr, eine Reihe von Maßnahmen, die diese Be- mühungen ermöglichen bzw. unterstüt- zen sollen. Mit der für 1987 geplanten Landes- ausstellung bzw. mit der Errichtung des ,,Museums Arbeitswelt" auf der ehema- ligen Hack-Liegenschaft steht als erster Schritt die städtebauliche Erneuerung des angrenzenden „Inneren Wehrgra- bens" heran. Umfassende städtebauli- che Betrachtungen, die auf die vorhan- dene kultur- und baugeschichtliche Substanz und die bestehenden Maßver- hältnisse des Gebauten zum landschaft- lichen Raum eingehen, werden folgende Zielvorstellungen erfüllen: • den Wehrgraben in seiner ehemali- gen städtebaulichen und landschaft- lichen Figuration und seiner archi- tektonischen Gesamtheit zu erhalten; • den Stadtteil, insbesondere den gege- benen Baubestand, zu einem quali- tätsvollen Wohngebiet, gemischt mit kleineren Betriebsstätten (Läden o. ä.), allenfalls nach überliefertem historischen Vorbild auszubauen; • auf den Restflächen der Hack-Areale wissenschaftliche Forschungsinstitute zu errichten; • das derart neu zu gestaltende Wohn-, Schul- und Gewerbegebiet städte- baulich und verkehrstechnisch an den Altstadtkern- bzw. an Steyrdorf anzubinden . So wird zum Beispiel im Zusammen- hang mit dem Museum Arbeitswelt die Errichtung eines Steges über die Steyr, die Achse Zwischenbrücken - Wehrgra- ben herstellen. Dieser Steg und die Sanierung der Brücken und Stege über den Wehrgraben, der Neubau der Di- rektionsbrücke und die beabsichtigte Erneuerung der Frauenstiege werden mit dem Ausbau des Beleuchtungsnet- zes wesentlich zur besseren Erreichbar- keit des Stadtteiles Steyrdorf beitragen. Niemand wird erwarten, daß die Sa- nierung des Stadtteiles von heute auf morgen abgeschlossen sein wird, weil eine jahrzehntelange negative Entwick- lung nicht plötzlich ungeschehen ge- macht werden kann. Ich bin allerdings davon überzeugt, daß in enger Zusam- menarbeit aller zuständiger Behörden mit dem Bürgern die Sanierung und Belebung Steyrdorfs gelingen wird. Dazu wünsche ich uns Steyrern viel Erfolg.

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