Amtsblatt der Stadt Steyr 1985/12
I m Stadtsenat ist Vizebürge~meister Leopold Wippersberger, SPÖ,fürdie Bereiche Personalwesen, Finanzwe- sen, Finanzen, Wirtschaftsförderung und Verbändegemeinschaften zuständig. Im folgenden Beitrag erläutert Wippersber- ger die finanzielle Situation der Stadt. Als der auch für das Finanzwesen verantwortliche stadträtliche Referent oblag mir die Aufgabe, dem Gemeinde- rat von Steyr einen Haushaltsplan für das Jahr 1986 zu unterbreiten. Der Ge- meinderat unserer Stadt hat in seiner Sitzung am 12. Dezember über diesen von mir eingebrachten Haushaltsvoran- schlag diskutiert und darüber befunden. Eine ausführliche Berichterstattung über diese für die weitere Entwicklung der Stadt so wichtige Sitzung und Beschluß- fassung erhalten Sie in der nächsten Ausgabe unseres Amtsblattes. Erlauben Sie mir, daß ich zum Budget 1986 und über unsere derzeitige Finanzlage einige grundlegende Bemerkungen treffe. Wie im Privathaushalt Geld nicht in unbe- grenztem Ausmaß zur Verfügung steht, verfügt auch die Gemeinde nicht über unbegrenzte finanzielle Mittel zur Erfül- Jung ihrer Aufgaben. Die Gemeinde muß versuchen, mit den ihr zur Verfü- gung stehenden Mitteln das Auslangen zu finden und soll Schulden nur im tatsächlich notwendigen Ausmaß ma- chen. Denn Schuldenmüssen bekanntlich mit Zinsen und Zinseszinsen zurückge- zahlt werden. Die ständig steigenden Aufgaben und damit verbundenen Aus- gaben einer fortschrittlichen Gemeinde mit ihren vielfältigen kommunalen Ein- richtungen haben es aber mit sich ge- bracht, daß die Einnahmen mit den ständig steigenden Ausgaben in den letzten Jahrzehnten nicht mehr Schritt halten konnten und die Gemeinden da- her gezwungen waren , Schulden in grö- ßerem Ausmaß zu machen. Dazu kam noch, daß uns in Steyr in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre zusätzliche Ausgaben in größerem Ausmaß im Hin- blick auf das l000-Jahr-Jubiläum unse- rer Stadt im Jahre 1980, um Steyr ein würdiges Aussehen zu geben, entstan- den sind. Seit Anfang der achtziger Jahre sind wir nun bemüht, hervorgeru- fen durch eine weltweite Wirtschaftskri- se und die damit verbundenen negati- ven Erscheinungen am Arbeitsmarkt, Steyr eine größere Arbeitslosigkeit zu ersparen. Diese unsere Bemühungen ha- ben des Einsatzes großer finanzieller Mittel bedurft, aber nur so war es mög- lich, unsere Wirtschaft anzukurbeln, neue Betriebe in unserer Stadt anzusie- deln und eine größere Arbeitslosigkeit in Steyr zu verhindern . Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das BMW- Motorenwerk, welches derzeit rund 1400 Beschäftigte aufweist und weitere steyr 400 bis 500 Menschen in den nächsten beiden Jahren in diesem Betrieb einen Arbeitsplatz finden werden. Die Firma Dräxlmaier, ein Zulieferer des BMW- Motorenwerkes, hat sich ebenfalls in Steyr angesiedelt, beschäftigt derzeit rund 120 Menschen und wird in abseh- barer Zeit den Beschäftigtenstand auf mehr als 300 erhöhen. Weitere Betriebs- ansiedlungen stehen unmittelbar bevor. Unser Bestreben ist, möglichst jedem arbeitswilligen Bewohner unserer Stadt einen Arbeitsplatz anbieten zu können. Steyr darf nie mehr das Schicksal der dreißiger Jahre erleben und zu einem Notstandsgebiet werden. Aus den von mir geschilderten Gründen ist die Ver- schuldung unserer Stadt in den letzten zehn Jahren stärker angestiegen und liegt Steyr mit derzeit rund 470 Millio- nen Schilling Schulden im Mittelfeld vergleichbarer Städte in Österreich. Der Schuldendienst, das heißt, Schulden- rückzahlung plus aufgelaufenen Zinsen, wird im kommenden Jahr rund 49 Mil- lionen Schilling betragen. Der Haus- haltsvoranschlag für 1986 weist Gesamt- einnahmen in der Höhe von rund 625 Millionen Schilling und Gesamtausga- ben von rund 648,5 Millionen Schilling, also demnach einen Abgang von ca. 23,5 Millionen Schilling auf. Diesen Abgang von ca. 23,5 Millionen Schilling hoffen wir durch Mehreinnahmen, vor allem durch Zuschüsse seitens des Landes und des Bundes abdecken zu können. Die Neuverschuldung unserer Stadt, ge- dacht ist an eine Kreditaufnahme von 30 Millionen Schilling im kommenden Jahr, wird wesentlich niedriger liegen als in den letzten Jahren. Der Haushalts- plan für 1986 ist daher der ernsthafte Versuch, eine Budgetkonsolidierung herbeizuführen, zusätzliche Schulden nur in einem unbedingt notwendigen Maß zu machen, trotzdem aber wirt- schaftsbelebend zu wirken. Im Haus- haltsvoranschlag 1986 konnten dem- nach nicht alle Wünsche und Anliegen, welche an die Stadt herangetragen wur- den, Berücksichtigung finden . Betrach- ten Sie es daher nicht als eine Gedan- kenlosigkeit oder gar böse Absicht, wenn der eine oder andere von ihnen berechtigte Wunsch nicht oder nicht in vollem Ausmaß im Budget 1986 aufge- nommen wurde. Die Wünsche und Be- dürfnisse eilen den finanziellen Mög- lichkeiten voraus und ich ersuche daher diesbezüglich um Ihr Verständnis. Schwerpunkt im Budget 1986 sind ne- ben den vielen Straßen- und Kanalbau- ten die Hochbauten zur Fertigstellung der Leichtathletikanlage auf der Renn- bahn, der Ankauf maschineller Einrich- tungen und Fahrzeuge zur Fertigstel- lung und die Inbetriebnahme der Müll- deponie in Hausleiten, der notwendig gewordene Zubau von acht Schulklas- Leopold WIPPERSBERGER, Geschäftsführender Vizebürgermeister der Stadt Steyr. sen bei der Otto-Glöckel-Schule auf der Ennsleite, der Bau von Brücken und Stegen im Wehrgraben, Reqovierungs- und Sanierungsmaßnahmen verschiede- ner Liegenschaften mit dem Schwer- punkt Wehrgraben und die direkte und indirekte Wirtschaftsförderung zur Er- haltung und Schaffung zusätzlicher Ar- beitsplätze. Stadtteilbezogen gesehen liegt der Schwerpunkt unserer kommu- nalen Tätigkeit im kommenden Jahr zweifellos im Stadtteil Wehrgraben. Der Bau des Hauptsammelkanals und der Bau von Anschlußkanälen in diesem Gebiet, der Neubau der Direktionsbrük- ke, der Bau eines Fußgehersteges über die Steyr von der ehemaligen Hack-Lie- genschaft zum Schloß Lamberg, der Bau des Museums Arbeitswelt, welches mit finanzieller Unterstützung der Stadt er- richtet wird, die Sanierung des Josef-La- zaretts und verschiedene straßenbauli- che Maßnahmen sind im kommenden Jahr in diesem Stadtteil vorgesehen. Lieber Leser, meine heutigen kurzen Ausführungen beinhalten lediglich einige__ grundsätzliche Feststellungen und Uberlegungen über unsere Haus- haltsgebarung und unsere Finanzlage und geben einige Hinweise auf die Schwerpunkte unserer für 1986 in Aus- sicht genommenen kommunalen Arbeit. Dennoch hoffe ich, daß für Sie einiges von Interesse zu erfahren war und ver- bleibe in diesem Sinne Ihr ~d I .. ,i1Jiv~/-, :__ ~ \W'wr 1 13/393
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