Amtsblatt der Stadt Steyr 1985/11

ewußt von den althergebrachten Sonderausstellungen abweichend will das Heimathaus Steyr mit die- ser Objektpräsentation aus dem Depot nicht nur kaum Gezeigtes einem breiteren Publikum zuführen, sondern auch auf die Problematik der Depothaltung hinweisen . Daher sind bei dieser Ausstellung auch zahlreiche renovierbedürftige Objekte zu sehen. Die Hinterglasbilder des Heimathauses Steyr bestechen nicht durch Masse, son- dern durch Qualität und Originalität. In dem kleinen Schauraum sind vor allem Bilder aus dem oö. Raum (Sandl) zu sehen; besonders stolz ist das Heimathaus allerdings auf die erstmals gezeigten Hin- terglasbilder aus dem oberbayrischen Raum (Augsburg), datiert um 1750, die von der Farbwahl wie vom Motiv her gänzlich unterschieden von den oö. Hin- terglasbildern sind. Diese Bilder gehören zum Bestand des Lebzelterhauses in Steyr. Den meisten Raum nimmt eine Kreuz- wegdarstellung mittels 14 Hinterglasbil- dern ein, die durch die Einfachheit in der Darstellung beeindruckend wirkt. Ein Großteil der Objekte ist nur wäh- rend des Zeitraumes der Ausstellung zu sehen, da diese anschließend wieder depo- niert werden müssen. Ca. 40 Objekte der Hinterglasmalerei, der bedeutendsten ma- lerischen Betätigung in der Volkskunst, sind in dieser Schau zusammengestellt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf zwei Gebieten: Sandl in Oberösterreich und Augsburg in Bayern. So verschieden die geographische Lage der Herkunftsstätten, so verschieden sind auch Motive und Farben - und dies hat natürlich seinen Grund. Die Hinterglasmaltradition Sandl Zu den Bildern. - Oben: Malerhand- werkliches Hinier- glas aus Augsburg um 1750 mit dem Motiv „Handar- beitsunterricht". - Rechts ein hüllen- gewerbliches Hin- terglasbild aus Sandl aus 1840 mit dem Herz-Jesu-Mo- tiv. Fotos: Heimathaus im oberösterreichischen-böhmischen Grenzgebiet geht auf nordböhmische Glasmaler zurück, die im 18. Jhdt. wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten in ihren heimischen Glashütten auswanderten, sich im Raume Sandl / Buchers ansiedelten und dort eine Glasproduktion aufbauten. Sie wurde von ortsan ässigen Malern über- nommen, wie z. B. der Familie Thumayr in Sandl , die das typische Sandler Hinter- glasbild prägte, bekannt durch die uner- schöpfliche Vielfalt sakraler Motive, die typischen Blumendekore und die braunrot gezeichneten Umrißlinien. Bei den Sand- ler Bildern haben wir es also mit einer Hinterglasbilderzeugung zu tun, die nicht von Malern im darstellenden Sinn ausge- übt und entwickelt wurde, sondern von Glashüttenangehörigen und deren Nach- fahren ( = hüttengewerbliche Hinterglas- bilder). Eine zweite Wurzel brachte in anderen Gebieten fast zur selben Zeit auch eine volkstümliche Hin~_erglasmalerei hervor, die erst spät den Ubergang zur Volkskunst fand: Das zunftgebundene Malerhandwerk in den alten Reichsstäd- ten, besonders in Augsburg ( = malerhand- werkliche Hinterglasbilder). Bei den in Augsburg entstandenen llinterglasbildern hande lt es sich um spätbarocke Gemälde im Stil der Hochkunst. Schon Ende des 18. Jhdt. endete diese Augsburger Produktion , und es setzte sich auch hier die Volkskunst in der Hinterglasmalerei durch. Öffnungszeiten des Heimathauses: No- vember 1985 bis März 1986, Mittwoch bis Sonntag, 10 bis 15 Uhr. 21/365

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