Amtsblatt der Stadt Steyr 1985/5

ber 1938 in Steyr Aufenthalt genommen hatten, die Stadt Steyr und das Gebiet der Bezirkshauptmannschaft Steyr Ost zu ver- lassen . Gleichzeitig wurde an diese Perso- nen die Lebensmittelzuteilung eingestellt. Im Juli 1945 setzte das Schweizer Rote Kreuz mit seiner Hilfsaktion ein. Vom 16. November 1945 bis zum 25. Jänner 1946 wurden an die hiesige Bevölkerung insge- samt 10.000 kg Lebensmittel ausgegeben. Vom 9. Dezember 1945 bis zum 12. März 1946 waren etwa 500 Kinder in der Schweiz. Eine Bekleidungsaktion des ame- rikanischen Roten Kreuzes brachte im Dezember 1945 und Jänner 1946 fast 13.000 Kleidungsstücke nach Steyr. Trotz der Sorge um die Notwendigkeiten des täglichen Lebens blühte, wenn auch ver- ständlicherweise zunächst bescheiden, das kulturelle Leben in Steyr auf. Als erste Bühne im Land Oberösterreich nahm ein Theater in Steyr Ost den Spielbetrieb auf. In der von Bomben beschädigten Turnhal- le, die heute nicht mehr besteht, wurde am 22. Juni 1945 die Theatersaison mit der Operette „Der fidele Bauer" von Leo Fall eröffnet. Das Ensemble unter der Leitung von Gottfried Treuberg setzte im Septem- ber 1945 im „Alten Theater" in der Berg- gasse seine kulturellen Aktivitäten fort. Die Amerikaner besetzten am 28. Juli 1945 die ganze Stadt, nachdem sich die sowjetischen Truppen nach einer Verein- barung an die niederösterreichische Lan- desgrenze zurückgezogen hatten. Die vor- übergehende , aber die Geschehnisse der Stadt Steyr sehr einschneidende Zweitei- lung hatte damit ihr Ende gefunden . Die Amerikaner forderten nun die politischen Parteien auf, eine gemeinsame Stadtver- waltung zu errichten . Am 14. September 1945 konstituierte sich der erste Gemeinderat der Stadt Steyr, dem 13 (!) Mitglieder der KPÖ, 11 ~itglieder der SPÖ und 11 Mitglieder der OVP angehörten . Bürgermeister blieb Franz Prokesch, seine Stellvertreter wur- den Hans Kahlig (KPÖ), Anton Azwanger (SPÖ) und Franz Paulmayr (ÖVP). Un- verständlich für viele war es , daß die Amerikaner einen Gemeinderat bestellten, der zu 38 Prozent kommunistische Mit- glieder aufwies. Am 25. November 1945 fanden die ersten Wahlen in den Nationalrat und OÖ. Landtag sta~~- ~ugelassen wa~~n die drei Parteien SPO, OYP und KPO. Die Sozialisten errangen dabei in Steyr 9104 Stimmen, das waren 56,2 Prozent, die ÖVP 5215 Stimmen, damit 32,2 Prozent, und die Kommunisten erhielten nur 1872 Stimmen, fielen also auf 11,6 Prozent zurück. Nach einer Intervention der oö. Landesregierung wurde nunmehr der Ge- meinderat der Stadt Steyr aufgrund des Ergebnisses dieser ersten Nationalratswahl neu zusammengesetzt. Die neue__ Mandats- verteilung lautete nunmehr: SPO 20 Man- date, ÖVP 12 Mandate und KPÖ 4 Man- date. Die Zahl der Gemeinderäte wurde nach dem alten Gemeindestatut aus dem Jahre 1930 festgesetzt, die 36 Mitglieder vorsah. Die Probleme der Stadtverwaltung nach den Wirren des Weltkrieges waren vor allem die Beseitigung der Bomben- schäden. Über 14.000 Kubikmeter Bom- benschutt (29 Lastzüge zu je 50 Waggons) mußten abtransportiert werden. Wichtig- ste Aufgabe war die Beschaffung von Wohnraum. Darüber hinaus war die Re- paratur und die Ausgestaltung des Stra- ßen-, Wasserleitungs-, Kanal-, Gas- und Beleuchtungsnetzes notwendig. Dieses einmalige Aufbauwerk kann hier nur an- gedeutet werden. In der Steyrer Stadtge- schichte gibt es keinen Zeitabschnitt wie die letzten vierzig Jahre, der eine solche umfangreiche Neugestaltung aufweisen könnte. Volker Lutz Verwendete Literatur: Rauchensteiner Manfried, Vom Limes zum Ostwall, Wien 1972. Rauchensteiner Manfried, Krieg in Öster- reich, Wien 1984. Slapnicka Harry, 1945 - Oberösterreich, eine Woche Kriegsschauplatz in: OÖ. Heimatblätter, Linz 291 1975. Slapnicka Harry, Oberösterreich - als es Oberdonau hieß ( 1938 bis 1945), Linz 1978. Bemdt Friedrich, Bomber über Steyr. Ma- nuskript 1962, Stadtarchiv Steyr. Litschel Rudolf Walter, Lanze, Schwert und Helm. 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