Amtsblatt der Stadt Steyr 1985/5

Vor 40 Jahren ging der zweite Weltkrieg zu Ende 2. Teil War Österreich und Steyr schon durch die geschilderten Bombenangriffe stark in Mitleidenschaft gezogen worden, wurde unser Bundesland erst in den letzten Mo- naten des sechs Jahre dauernden Kampfes eigentliches Kriegsgebiet. Das Völkerrin- ge n des zweiten Weltkrieges sollte auch in Oberösterreich zu Ende gehen. Nach Oberösterreich marschierten nicht , wie ursprünglich angenommen, die im südd eutschen Raum operierenden Truppen der 7. US-Armee, sondern die nördlich davon agierende 3. US-Armee unter General Patton . Diese hatte den Auftrag, ,,a us dem niederbayerischen Raum parall el zur böhmischen Grenze nach Südosten vorzustoßen und im Be- reich der Ennslinie mit der Roten Armee Verbindung aufzunehmen". Schon am 29. März 1945 waren die Sowjettruppen an die ehemalige österrei- chische Grenze im Osten gekommen. Am 4. April besetzte der Marschall der Sowjet- union R. J. Malinovsky mit seiner 3. Ukrainischen Front Preßburg und stieß gegen Wien vor. Am 13. April war der Kampf um die „Gauhauptstadt" beendet. Westlich von St. Pölten blieb aber der russische Angriff lang liegen . Ursprünglich hatten die Amerikaner erwartet, die So- wjets im Raum Salzburg zu treffen. Später rechnete man mit einer Verbindungsauf- nahme zwischen Linz und Salzburg. So standen seit Mitte April 1945 die Sowjets und seit Ende dieses Monats die Amerikaner vor den Grenzen Oberöster- 12/148 reichs. Anfang Mai betraten Soldaten des XII. US-Korps im Mühlviertel das Bun- desland in Erwartung, auf die vielgenann- te „Alpenfestung" zu stoßen, die gar nicht existierte. Bei der Realisierung dieses mili- tärischen Planes wäre Steyr der nördlich- ste Punkt gewesen . Erst am 14. April 1945 war der Befeh l zur Vorbereitung der „Al- penfestung" gegeben worden. Ihre Be- grenzung war damals folgendermaßen an- gegeben: Steyr - Brückenkopf Salzburg - Tegernsee - Murnau - Füssen - die All- gäuer Alpen - Valluga - Arlberg - Nau- ders - Stilfser Joch - Ortler - Adamello - Gardasee - Feltre - Karfreit - Karawa n- ken - Unterdrauburg - die „Gunther-Stel- lung" - Leoben - Dürnstein - Waidho- fen / Ybbs - Steyr. Mit der Verteidigung des oberösterrei- chischen Raumes seitens der deutschen Wehrmacht war die 487. Ersatz- und Aus- bildungsdivision unter Generalmajor Paul Wagner beauftragt worden . Sie unterstand dem stellvertretenden Generalkommando Wehrkreis XVII Wien und in weiterer Folge der Heeresgruppe Süd. Am 20. April bildete Wagner fünf Regi- mentsgruppen, die jeweils ein bis drei 1nfanteriebataillone, Volkssturmeinheiten, schwere Infan teriewaffen , In fan teriepio- niere und Infanterienachrichtenzüge um- faßten. Die dritte Regimentsgruppe unter Major Schlesinger stand im Raume Steyr. Insgesamt betrug die Gefechtsstärke der 487. Division - ohne Volkssturm - ca. 10.000 Mann . Den Deutschen gegenüber stand die 3. US-Armee unter General Patton. Diese verfügte über zwei Armee-Korps, und zwar über das XII. nördlich der Donau und über das XX. Korps südlich der Donau. Dem XX. Armeekorps (Generalleutnant Walton H. Walker) waren die 65 . Infante- riedivision (Generalmajor Stanley E. Reinhart) und die 71. Infanteriedivision (Generalmajor Willard G. Wyman) , die 80. Infanteriedivision (Generalmajor Ho- race L. McBride) und die 13. Infanteriedi- vision (Generalmajor John Millikin) un- terstellt (insgesamt 120.000 Mann). Die 71. und 65. Infanteriedivision waren bei der Eroberung Oberösterreichs südlich der Donau maßgeblich beteiligt. Für die Ame- rikaner waren der Inn und die Salzach die letzten ernsten Hindernisse gewesen. Die Eigenart der genannten Truppenkörper war es, auch in unverteidigte Orte hinein- zuschießen, um - so General Patton - ,,den Beweis zu hinterlassen, daß die 3. US-Armee durch die Stadt gezogen ist!" (Third Army War Memorial). Die Angriffsrichtung der 71. US-Divi- sion war Reichersberg, Obernberg, Ried im Innkreis, Haag im Hausruck und Ke- maten. Am 4. Mai wurde Wels erreicht, tags darauf die Traun überschritten und Steyr kampflos genommen. In und um Steyr waren vorher ausgedehnte Schanzar- beiten vorgenommen worden, denn den Angreifern sollte der Eingang in die „Al- penfestung" verwehrt werden. Am 2. Mai Ein Flüchtlings- Treck in Stey r-Mü- nichholz. Durch Flüchtlinge, Kriegs- gefangene, ehemali- ge KZ-Häftlinge u. a. stieg die Eimvoh- nerzahl von Steyr auf 103.000!

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