Amtsblatt der Stadt Steyr 1985/3

rer Aktivitäten in Ihrem Lande, die mit einer Ziffer in der Exportstatistik nur angedeutet sind, schafft ja nicht der BMW-Motor alleine, sondern das Automobil, das mit diesem Mo- tor fährt. Man möge dies berücksichtigen bei allen Belastungen, die man dem Automobil aufbürdert. Sie schaden der Wirtschaft des eigenen Landes. All dies ist in Zahlen faßbar; die deutliche Ausweitung unserer Belegschaft ist es eben- falls. Sie geht mit derzeit rund 1400 Mitarbei- tern sogar weit über das hinaus, was ur- sprünglich geplant war. Für die hochproduk- tiven Arbeitsplätze wurden in diesem Zusam- menhang nicht 3,5 Milliarden Schilling, son- dern nahezu fünf Milliarden investiert. Ich komme zum Schluß. Zahlen treten hintan , denn dem Kaufmann und der Politik billigt man die Vision zu. Die Zukunft unse- res Werkes in Steyr wird entscheidend beein - flußt von den vielen hochbefähigten Men- schen Ihres Landes, die hier arbeiten. Wir bieten dafür die Sicherheit der Arbcitsp llitze und die Genugtuung, am Er~ lg von Ent- wicklung und Einsatz innovativer Technolo- gie teilzuhaben. Fünf Jahre BMW in Steyr: das ist zugleich Bilanz eines Engagements und Bilanz eines Erfolges. Es ist auch Leitlinie für die 7.11k11nf1. Ihr großer Landsmann Schumpeter hält das Abwägen von Chancen und Risiko für das Wesen de Unternehmens. Er hat recht. Wir sehen große Chancen in Steyr. Und sollte es ein Risiko geben: Nichts anderes a ls das Wandeln von Risiken in Chancen machte den Erfolg unseres Unternehmens in vielen vergangenen Jahren aus." Vertrauen zum Standort Steyr Bürgermeister Heinrich SC 11 WA RZ sieht in der Realisienmg der zweiten Aushaustufe des Motorenwerkes den Beweis, daß BMW Vertrauen zum Standort Steyr habe: „Es liegt nicht an mir, den Aufbau und die Entwicklung der BMW-Motorengesellschaft zu schi ldern, dies geschieht aus berufenerem Munde. Es steht mir aber wohl an, die Bedeutung dieses Werkes für die Stadt und ihre Bewohner, aber auch für das Umland kurz zu würdigen. Um die Bedeutung der heutigen Feierstunde ermessen zu können, gestatten Sie mir einen Blick in die Vergan- genheit. Wenn man über die Stadt Steyr spricht, zählt man gerne die Glanzpunkte ihrer tausendjährigen Geschichte auf. Man zitiert zuerst das „Große Privileg" Herzog Albrechts 1. mit dem darin verliehenen Ei- senstapelrecht, spricht dann von der wohlha- benden Handelsstadt, der traditionsreichen Stadt des eisenverarbeitenden Gewerbes und von Josef Werndl, dem Pionier der Industria- lisierung in unserer Stadt. Weitaus seltener hingegen spricht man davon, daß die Stadt besonders seit der Gründung des großen Industriebetriebes immer wieder mit beson- deren Strukturproblemen konfrontiert war, weil das gesamte industrielle Potential ur- sprünglich der Erzeugung von Waffen - später wiederum nur einer Sparte - diente und der überwiegende Teil der Arbeitskräfte in eben dem einen Betrieb konzentriert war. Dadurch waren die Stadt und ihre Bewohner auch immer unmittelbar den Wechselbädern der Weltgeschichte ausgesetzt und die Stadt- väter mußten sich des öfteren mit dem Ge- 8/80 spenst des Bankrotts auseinandersetzen. Aus diesen Lehren der Geschichte war man daher nach Ende des Zweiten Weltkriegs, nach der Behebung der Kriegsschäden , in Steyr immer bemüht, diese Monostruktur aufzulockern und eine breite wirtschaftliche Basis zu schaf- fen, wobei die Bemühungen in zwei Richtun- gen gingen. Einerseits wurden ortsansässigen Betrieben günstige Möglichkeiten zur Erwei- terung angeboten, andererseits gingen die Bemühungen dahin, neue Unternehmen in Steyr anzusiedeln . Gegen Ende der siehziger Jahre, in einer Situation, wo es an allen Ecken und Enden der Weltwirtschaft wetterleuchtete und auch unser dominierender Betrieb, die Steyr- Daimler- Puch AG mit ernsten Problemen zu kämpfen hatte, überraschte uns die Nach- richt, daß BMW sich mit dem Gedanken trage, in Steyr ein großes Motorenwerk zu errichten. Es war ein langer Weg intensiver und ko111pli1.iertcr Verhandlungen mit den zukünftigen Partnern sowie mit dem Bund und Land Oberösterreich, den fcderflihrend mein Amtsvorgänger Bürgermeister Weiss ging, bis er endl ich dem Gemeinderat mitteilen konn- te, daß ein positiver Abschluß bevorsteht. Der Gemeinderat der Stadt Steyr hat sich einmütig zur Förderung des Projekles be- kannt, und die Stadt hat all ihre Möglichkei- ten der Förderung voll ausgeschöpft. Getra- gen von einem starken gegenseitigen Ver- trauen ist eine fruchtbringende Partnerschaft entstanden und ich freue mich, daß sich „unser BMW-Motorenwerk" selbst als guten Bürger der Stadt sieht. In einer für unsere Begriffe erstaunlich kurzen Zei t ist das Werk aus dem Boden gewachsen und nahm seinen vollen Betrieb auf. Imposante Produktions- und Umsatzzif- fern sind für die Zukunft sicher beruhigend, ebenso wichtig erscheint mir aber, daß inner- halb weniger Jahre in unserer strukturschwa- chen Region 1400 meist hochqualifizierte Arbeitsplätze entstanden sind. Wir schätzen diese Tatsache besonders, weil gerade in Steyr vielen älteren Menschen die jahrelange Massenarbeits losigkeit noch in trauriger Erinnerung ist. Mit dem Aufbau dieses Wer- kes, mit einem hohen Beschäftigungsstand, verbunden mit einer Steigerung der Kauf- kraft, ist auch eine deutliche Belebung anderer Wirtschaftszweige verbunden. Im Bereich des Handels wurden große Investi- tionen getätigt, so daß im Vorjahr mehrere große Geschäftshäuser eröffnet werden konnten. Auch das halte ich für einen Beweis des Vertrauens zur Wirtschaftskraft unserer Stadt. Seit der Gründung des Werkes sind schon zahlreiche Veränderungen, besonders perso- neller Natur, im Bereich der Geschäftsfüh- rung emgctrelen. üies geschieht in der Wirt- schaft gar nicht so selten. Wir haben dies von seilen der Stadt immer mit einem weinenden und einem lachenden Auge miterlebt, uns letztlich aber immer gefreut, weil die von uns scheidenden Herren immer in neue, verant- wortungsvolle Positionen aufstiegen. Wir schließen daraus, daß die Entwicklung des Steyrer Werkes erfolgreich war und man deshalb bei der BMW AG auf die Zukunft setzt. Die heutige Spatenstichfeier für die zweite Ausbaustufe des Werkes, die rund 3 Milliarden Schilling an Investitionen in Be- wegung setzen wird, sehe ich als ein Signal dafür, daß BMW Vertrauen zu dem Standort Steyr hat, und ich darf versichern, daß wir seitens der Stadt uns auch in Zukunft bemü- hen werden, dieses Vertrauen zu erwidern." Ein Werk der Zusammenarbeit zwischen Bund, Land und Stadt Steyr Landeshauptmann-Stellvertreter Gerhard POSSA RT würdigte als Sprecher des Landes Oberösterreich die Bedeutung des BMW-Mo- torenwerkes für die Region: . ,,Mit ehrlicher Freude erfüllt jeden bei dieser Feierstunde Anwesenden der Spaten- stich für die zweite Ausbaustufe der Betriebs- und Produktionsanlagen bei BMW Steyr. Es ist ein Werk der Zusammenarbeit zwischen Bund, Land Oberösterreich und Stadt Steyr mit der BMW-Unternehmensleitung, auf das wir alle stolz sein dürfen", sagte Possart. Galt die Region Steyr noch vor kurzem als ein Sorgenkind, ist sie heute, wie Possart betonte, ein Aushängeschild der oberösterrei- chischen Wirtschaftspolitik. Diese erfolgreiche Entwicklung läßt sich bei der Arbeitslosenrate deutlich ablesen: Lag diese im Raume Steyr früher immer um rund zwei Prozent schlechter als im gesamten Bundesland, erreicht sie heute schon fast den Landesdurchschnitt. Wesentlichen Anteil an dieser Verbesserung habe das BMW-Werk, das derzeit 1400 Beschäftigte zählt und rund 2500 Arbeitsplätze bei Zulieferfirmen sichert. Damit hat sich nach Meinung Possarts die Förderung durch das Land in Höhe von insgesamt 234 Millionen Schilling bewährt. Wie er versicherte, wird sich das Land auch in Zukunft bemühen, gemeinsam mit dem Bund, den Gemeinden und den Interessens- vertretungen den wirtschaftlichen Struktur- wandel zu fördern, damit sich die heimischen Betriebe weiterhin auf dem Markt erfolgreich behaupten können und so auch ein möglichst hohes Beschäftigungsniveau erreicht wird. Verbesserung der Industriestruktur entlastet Leistungsbilanz Staatssekretär Dr. Erich SCHM1DT unter- strich in seiner Rede die Bedeutung wachsen- der Exporte der Kfz-Industrie far die österrei- chische Leislllngsbilanz und führte u. a. aus: ,,Es ist mir eine besondere Ehre, in Vertre- tung von Herrn Bundeskanzler Dr. Sinowatz heute an diesem Festakt teilnehmen zu kön- nen. Dieser heutige Spatenstich ist der zweite innerhalb von wenigen Jahren und ist ein ganz besonders großer Anlaß und auch An- laß zur großen Freude für die Verantwortli- chen der Firma BMW. Wenn hier ein neues, zusätzliches Werk entsteht, bedeutet das ein großes Investitionsprojekt und das ist zweifel- los ein Ausdruck - das wurde schon sehr deutlich formuliert - eines weltweit führen- den Unternehmens. Wir Politiker sind mit Recht stolz darauf, daß ein Unternehmen wie die BMW-AG Österreich als Standort für diese Aktivitäten gewählt hat. Gestatten Sie, daß ich das so interpretiere, daß wir hier in Österreich für unsere Arbeiter und Angestell- ten, aber auch für österreichische Unterneh- men, mit denen Sie zusammenarbeiten, den hohen Qualitätsanforderungen, die Sie be- rechtigterweise für Ihre Spitzenprodukte stel-

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