Amtsblatt der Stadt Steyr 1984/2
Liebe Leser, der Jahresbeginn 1984 war gekennzeich- net durch viele Ereignisse, die Steyr in den Mittelpunkt der Berichterstattung in allen Medien brachte. So war einerseits die Ar- beitstagung der österreichischen Bundes- regierung ein besonderes Ereignis und fand in unserer Stadt und bei der Bevölke- rung breiten Widerhall. Alle Regierungsmit- glieder konnten sich nicht nur in Beratun- gen, sondern darüber hinaus auch bei ver- schiedenen Betriebs-, Gasthaus- und Hausbesuchen über die Probleme unserer Stadt persönlich informieren. Viele unserer Gemeindefunktionäre hatten Gelegenheit, mit den zuständigen Bundesministern und Staatssekretären Probleme, die uns berüh- ren , zu besprechen, und wir alle haben den Eindruck gewonnen, daß die Bereit- schaft, unserer Region zu helfen, bei allen Regierungsmitgliedern vorhanden ist. Na- türlich war es in der zur Verfügung stehen- den Zeit nicht möglich, alle Sachfragen im Detail zu behandeln, es wird aber im Laute des heurigen Jahres möglich sein - und wurde zum Teil schon konkretisiert-, daß einige Bundesminister nach Steyr kom- men, um an Ort und Stelle über die einzel- nen Anliegen zu beraten. So fand das erste Gespräch am 10. Februar mit Herrn Bun- desminister Sekanina statt. Dabei wurde als vordringlichster Wunsch der Stadt die Verkehrsverbindung in den oberösterrei- chischen Zentralraum unter Einbeziehung einer Brückenverbindung über die Enns behandelt. Dieses Projekt ist für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Steyr von eminenter Bedeutung und wurde auch seitens des Bundesministeriums so gese- hen. Der Jänner stand aber neben diesen be- reits angeführten l:reignissen im Leichen einer breiten Diskussion über die wirt- schaftliche Lage unseres größten Betrie- bes, der Steyr-Werke. Dank dem gemein- samen Bemühen aller Betroffenen und der Hilfe der Bundesregierung ist es letztlich gelungen, die Anzahl der ursprünglich vor- gesehenen Kündigungen von rund 900 auf 250 zu reduzieren. Natürlich sind Kündi- gungen für jene, die davon betroffen wer- den, immer ein besonders schwerer Schicksalsschlag, und es ist eine Verpflich- tung der Gemeinschaft aller Gebietskör- perschaften dafür zu sorgen, daß Möglich - keiten der Schaffung neuer Arbeitsplätze in unserer Region genützt werden. Es freut mich, daß durch eine Ergänzung des Staatsvertrages zwischen dem Land Ober- Die Seite des Bürgermeisters österreich und dem Bund die Stadt Steyr und darüber auch hinaus die Region Steyr in eine besondere Förderungsaktion sei- tens des Bundes und des Landes einbezo- gen wird. Ich bin sicher, daß die gemeinsa- men Anstrengungen der Wirtschaft und der ottenttichen Korperschatten dazu bei- tragen werden, daß sich in Kürze Erfolge einstellen. In diesem Zusammenhang darf ich auch darauf hinweisen, daß seitens der Stadt die Möglichkeiten, die wir als Ge- meinde haben, natürlich zur Gänze ausge- schöpft werden. Wir sind bestrebt, Aufträ- ge der Stadt an heimische Unternehmun- gen zu vergeben. Im Falle von Betriebs- gründungen werden wir, so wie in der Ver- gangenheit, auch künftig im Rahmen unse- rer Möglichkeiten Hilfestellungen geben. Zur Rationalisierung des Linienverkehrs der Stadtwerke wollten wir für das Jahr 1984 einen großen Gelenkbus kaufen, der leider nur im Ausland hergestellt wird. Die derzeitige wirtschaftliche Situation der Steyr-Werke hat uns aber bewogen, diesen Ankauf zurückzustellen und dafür zwei Eu- ropa-Linienbusse der Steyr-Daimler-Puch AG zu kaufen. Außerdem erwerben wir im Rahmen der Ergänzung des Fuhrparkes ei- nen dritten Europa-Linienbus. Der Verzicht auf den Gelenkbus bedeutet natürlich die Verteuerung des Verkehrsbetriebes. Der- zeit ist uns aber die Sicherung der Arbeits- plätze durch den Kauf heimischer Produk- te als Akt der Solidarität ein so wichtiges Anliegen, daß wir andere Überlegungen zunächst zurückstellen. Die Stadt Steyr wird auch in den kommenden Jahren bei der Ergänzung des Fuhrparkes der Ver- kehrsbetriebe Steyr-Produkte vorziehen. Bei meinen Sprechtagen ist dte ::iorge um den Arbeitsplatz derzeit sicher das wichtig- ste Thema, das unsere Bewohner berührt. Aber natürlich gibt es darüber hinaus viele andere Fragen und Probleme, die uns be- rühren . In manchen Fällen können diese persönlichen Aussprachen zu raschen Lö- sungen führen, und ich möchte daher so bald wie möglich - ich habe das ja schon im letzten Amtsblatt angekündigt-, meine Kontakte zur Bevölkerung verbessern und aus diesem Grund ab März Sprechtage in den einzelnen Stadtteilen abhalten. Damit auch die arbeitende Bevölkerung die Gele- genheit hat, sich dieser Einrichtung zu be- dienen, werden diese Sprechtage in den Abendstunden, und zwar jeweils von 18 bis 21 Uhr durchgeführt. Die erste Veranstal- tung dieser Art wird im Jugend- und Kul- turzentrum Tabor am 8. März 1984 abge- halten. Die nächsten Stadtteilsprechtage werden natürlich entsprechend im Amts- blatt angekündigt und bekanntgegeben. Vor wenigen Tagen gedachten wir der Ereignisse des 12. Februar 1934. Die im Gemeinderat vertretenen Parteien gedach- ten in einer schlichten Gedenkfeier, ver- bunden mit einer Kranzniederlegung an der Feuerhalle Steyr, der Opfer dieser Ereignisse. Dieser Bürgerkrieg, der vielen unschuldigen Menschen das Leben koste- te und viel Leid und Not, im besonderen über die arbeitende Bevölkerung, brachte, soll uns Mahnung und Lehre sein. Solche Ereignisse dürfen sich in unserem Lande nicht wiederholen. Damals wurde die De- mokratie mit Gewalt beseitigt. Die Arbeiter- schaft ist für diese demokratischen Rechte eingetreten und an diese geschichtliche Tatsache sollten wir uns immer erinnern, wenn wir an die Opfer des 12. Februar 1934 denken. Heute, nach 50 Jahren, wird in allen politischen Lagern dieser Ereignis- se gedacht, und es besteht die einhellige Auffassung, daß die Fehler, die damals ge- macht wurden, sich nicht wiederholen dür- fen. Die demokratischen Grundsätze in un- serem Zusammenleben sind so hohe Wer- te, daß wir sie nicht mehr aufs Spiel setzen dürfen. Bei aller Unterschiedlichkeit der Meinungen gibt es doch viel mehr Gemein- sames als Trennendes, und wenn wir uns alle bemühen, wird es uns auch in Zukunft gelingen, das Zusammenleben so zu ge- stalten, wie sich die meisten von uns das vorstellen . Mit diesen Betrachtungen der Vergangenheit darf ich mich diesmal ver- abschieden und möchte darauf hinweisen, daß ich in der März-Ausgabe unseres Amtsblattes näher auf die nächsten wichti- gen kommunalen Aufgaben eingehen wer- de . In diesem Sinne verbleibe ich mit be- sten Grüßen Heinrich Schwarz (Bürgermeister)
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