Amtsblatt der Stadt Steyr 1983/12

Schicksale in einer osttürkischen Noma- denfamilie, die Schafe auf den Markt von Ankara bringen will. 19 1 Donnerstag, 19.30 Uhr, • • Stadttheater: Gastspiel des Landestheaters Linz: ,,REGINA". Oper von Albert Lortzing. - Abonnement II und freier Verkauf - Restkarten sind ab 13. 1. an der Kasse des Stadttheaters Steyr erhältlich. Lortzing, als Komponist liebenswürdi- ger Opernkost geschätzt, zeigt sich in der „Regina" von einer anderen interes- santen Seite. Politisch hellwach und en- gagiert, schrieb und komponierte er ein Werk, das für die damalige Zeit soviel politische Brisanz enthielt, daß niemand eine Aufführung wagte, obwohl die mu- sikalische Schönheit der Partitur außer Frage stand. Nach einem Versuch mit einer völlig verballhornten Fassung um die Jahrhundertwende scheint erst jetzt die faszinierende „Regina" wirklich ent- deckt zu werden. Linz bringt die öster- reichische Erstaufführung. 20 1 Freitag, 19 Uhr, • • Lehrlingsheim Ennsleite, Hafnerstraße 14: „POPMUSIK SPEZIAL" mit Markus ESS und seinem Hit „Alles klar, mir hams mei Moped g~stohln", der jüng- sten Rockgruppe Osterrei~_lis „NEW- WORK" und Christian POSCHL mit Liedern wie „Ich bin der Mini-Casano- va" und „Heut trink i nix". 21 1 Samstag, 17 Uhr, Altes • • Theater/Nebeneingang: Vortragsreihe „Ritter, Burgen und Tur- niere" : 3. Vortrag „EINE SCHWERE SACHE" - Waffen, Rüstung, Schlacht, Turniere. - SOL. Helmut Lausecker. Förderungspreis für den Steyrer Künstler Rudolf Moratti Dem Steyrer Bildhauer Rudolf Mo- ratti wurde der Förderungspreis der Stadt Wien 1983 verliehen. Moratti, der zunächst den Beruf eines Installa- teurs erlern"te und dann seine künstleri- sche Ausbildung bei Fritz Wotruba an der Akademie der Bildenden Künste 1975 mit dem Diplom abschloß, wurde bereits mehrfach mit Preisen und Sti- pendien ausgezeichnet und kann auf beachtliche Ausstellungserfolge im In- und Ausland verweisen. ,,In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit der Darstellung eines neuen Menschenbil- des", sagt Rudolf Moratti , ,,für die Entwicklung ist es notwendig, daß man äußeren und inneren Spannungen aus- gesetzt ist, das verformt, akzentuiert und profiliert die Persönlichkeit." Foto: Klinger Karl Merkatz liest und spielt Franz Kafka In der Reihe „Kulturkontakte" , ver- anstaltet von der Kammer für Arbeiter und Angestellte, wurde in Zusammenar- beit mit dem Kulturamt der Stadt Steyr am 23 . November im Alten Theater die Begegnung mit dem Wiener Schauspie- ler Karl Merkatz für die zahlreich er- schienenen Zuhörer zu einem außerge- wöhnlichen Erlebnis. Der bekannte Bühnenkünstler, dessen Qualitäten durch Film und Fernsehen (,,Der Bok- kerer") weithin große Beachtung fan- den, hat an diesem Abend neue Facet- ten seiner Schauspielkunst aufleuchten lassen. Sein Programm war dem seit einiger Zeit wieder entdeckten Franz Kafka gewidmet. Vor 100 Jahren in Prag geboren, nach der Studienzeit (Promotion 1906) von 1908 bis 1917 als Jurist tätig, wurde Kafka wegen einer Tbc-Erkrankung in den Ruhestand ver- setzt, an deren Folgen er 1924 bei Wien starb. Seine schriftstellerische Tätigkeit begann 1910 mit den „Tagebüchern", aus denen der Künstler einige Proben teils las, teils frei interpretierte. Themen- mittelpunkt war die jiddische Schau- spieltruppe des Jizchak Löwy mit ihren Auftritten im Cafe „Savoy" in Prag, deren Darbietungen von der freien Im- provisation mit Ernst und Spaß, Wort und Gesang lebten und Kafkas Phanta- sie grundlegend beeinflußten. Schon in diesen frühen Proben des Dichters wird seine Grundkonzeption aller Schriften, das Magisch-Geheimnisvolle und die Mehrdeutigkeit seiner Aussagen deut- lich. Der Schauspieler K. Merkatz ver- mittelte diese Stimmung in überzeugen- der Weise, wobei seine Gestik überaus plastische Unterstützung des Gespro- chenen vermittelte. Zum Zentralerlebnis des Abends wur- de allerdings sein szenisches Spiel zum ,,Bericht für eine Akademie" von 1917, ein Werk, das vielen Deutungen unter- worfen wurde, im wesentlichen lediglich die oft fragwürdige Position des Men- schen zur übrigen Schöpfung skurril-iro- nisch gestaltet. Der Künstler hat dies überaus realistisch-eindringlich hörbar, vor allem aber sichtbar gemacht. Schon die Entstehung seiner Maske vor den Zusehern als Schimpanse war beein- druckend , der Vortrag der Erzählung, verbunden mit der grandiosen Darstel- lung, vor allem der spezifischen Haltung und Bewegung des sich dem Menschen nähernden Affen wurde zur unübertreff- lichen schauspielerischen Meisterschaft. Die immense Gedächtnisleistung für Kafkas intensive Sprache wurde als fast selbstverständlich hingenommen. Der große Schauspielabend hinterließ beim beifallfreudigen Publikum nach- haltigen Eindruck. J. Fr. 33/433

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