Amtsblatt der Stadt Steyr 1983/12

Experten lediglich als Katalog von Wün- schen bezeichnet, allerdings konnten sie bis- her fast ausnahmslos erfüllt werden. Vergli- chen mit Konzepten unter wissenschaftlicher Mitarbeit, die dieser Region gewidmet wur- den, ist dies ein Erfolg ohnegleichen. Zur Finanzsituation möch te ich auch einige Bemerkungen machen. Der Gemein- derat war stets darauf bedacht, die Verschul- dung der Stadt trotz enormer Investitionslei- stungen in vergleichbaren Grenzen zu halten. Daß aber die Zeiten längst vorbei sind, wo man den a. o. Haushalt aus den Überschüs- sen der ordentlichen Einnahmen decken kann, ist jedem bekannt. Mein Einfluß in der Finanzpolitik galt stets dem Umstand, bei den Investitionen zugleich die Folgekosten mit zu überlegen, denn nur so kann man eine Eskalation verhindern. Auf diese Weise ist es gelungen, den Schul- denstand je Einwohner mit 10.500 Schilling auf einer Höhe zu halten, die, gemessen an den Verschuldungen anderer Gemeinden, Steyr als reich erscheinen lassen. Laut Bericht des Gemeindereferates der oö. Landesregie- rung konnten schon 1982 119 Gemeinden ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen . Steyr ist von diesem Zustand weit entfernt, doch wird es nach wie vor größter Vorsicht bei der Inangriffnahme von Investitionen im Hin- blick auf ihre Folgekosten bedürfen. Für 1984 ist ein Präliminare von 493 Millionen Schilling im ordentlichen und 106 Millionen Schilling im a. o. Haushalt vorgesehen. 28,5 Mill ionen sind gegenwärtig nicht abgedeckt, können aber noch durch Zuschüsse und Zuweisungen von Bund und Land aufgesaugt we rden. Das entscheidende Kriterium ergibt sich aus der Bestimmung, daß die Aufsichts- pflicht des Landes bei einer Überschreitung des Schuldendienstes von 15 Prozent der Einnahmen im o. Haushalt eintritt. Der vom Gemeinderat zu beschließende Voranschlag 1984 sieht eine Schuldendienst- ziffer von 9,2 Prozent vor, woraus durchaus eine geordnete Finanzlage der Stadt Steyr abzuleiten ist. Natürlich werden die Sorgen nicht kleiner. Aber so wie es zu Beginn meiner Bürgermeisterzeit für die amtierende Gemeinderatsgeneration Probleme und die Notwendigkeit deren Bewältigung gab, wird es auch der künftigen Generation nicht er- spart bleiben, mit den Problemen ihrer Zeit zurechtzukommen. Die Tatsache, daß langle- bige Investitionen nicht nur einer Nutzungs- generation, sondern auch den folgenden übertragen werden müssen, ergibt sich nicht nur aus dem Nutzen, sondern auch aus den langfristigen Laufzeiten der Darlehen zur Finanzierung der kommunalpolitischen Auf- gaben. Daß unsere Stadt in diesen Jahren begün- stigt durch das große Jubiläum ein interna- tional anerkanntes denkmalwurdiges Ausse- hen im Altstadtbereich hat, ist bekannt. Es gebührt hier der besondere Dank Eigentü- mern der neugestalteten Objekte, besonders auch dem Feingefühl des zuständigen Denk- malschutzbeauftragten Reg.-Rat Ing. Scheu- er, der im Zusammenwirken mit dem Bun- desdenkmalamt und den Dienststellen des Magistrates hervorragend gearbeitet hat. Die Zuschüsse der Stadt liegen in etwa zehnmal höher als jene des Landes und des Bundes. Seit 1982 will das Bundesdenkmalamt keine Zuschüsse zur Fassadenaktion beisteuern. Das Land Oberösterreich erklärte sich ähn- lich. Wie also die großen Aufgaben im Wehr- graben und im Steyrdorf in dieser Hinsicht bewältigt werden sollen, ist gegenwärtig nicht abzuschätzen. Immer noch offen ist die Nut- 101410 zung einer Zusage des Wissenschaftsm iniste- riums in Höhe von 10 Millionen Schilling zur Erneuerung des Wehrgrabenkanals. Nachdem der Wasserrechtsbescheid auf Zuschüttung durch die Behörde des Landes immer noch in Rechtskraft ist und trotz Urgenz der Stadt bis heute keine Änderung in Aussicht steht, wird dieses Problem immer fraglicher. Im oberen Bereich, sprich Eysn- feld und Umland, sind weitgehende Erneu- erungsmaßnahmen gesetzt worden. So haben die Steyr-Werke die Wohnhäuser einer Mo- dernisierung unterworfen, die Stadt errichtete neue Kanäle, Straßenbeleuchtung, verbesser- te die Straßenzüge und renovierte auch den Waffenfabrikssteg aus der Werndlzeit. Eine neue Maturaschule für Kindergärtnerinnen ist heute offizie ll an Bundesminister Dr. Zilk übergeben worden. Der Bau eines Kommu- nikationszentrums für den Wehrgraben ist bereits im Gange und wird vermutlich 1984 abgeschlossen. In diesem Zusammenhang ist auch der Hinweis angebracht, daß in den letzten zehn Jahren die Za hl der maturafüh- rcnden Schulen von zwei auf sechs angeho- ben wurde. Der Schu lbau zusammen mit den Grund- ankäufen der letzten Zeit ist auch der Haupt- verursacher der Schuldenausweitung der Stadt Steyr. Die Pflicht einer Bezirksstadt, sich im Bildungswesen auch dem Umland zu öffnen und auch den Kindern der Stadt eine qualifiziertere Ausbildung zu ermöglichen, ist eine gute Begründung. Die zweite resultiert aus der Tatsache, daß große Grundreserven im Eigentum der Stadt einerseits Spekulatio- nen unterbinden und anderseits den Planun- gen der Stadt mehr Spielraum geben. Ich bin sehr froh, daß so vieles geschehen konnte, wei l ich glaube, daß der Kulmina- tionspunkt im Wohlstand Anfang der siebzi- ger Jahre nicht mehr so le icht erreicht wer- den kann. Die hohen Aufwendungen zur Stadtbildpflege konnten eben nur in diesen Zeiten erbracht werden, wo die Menschen aufgrund ihrer eigenen Lebenssituation auch das nötige Verständn is aufbringen. In Notzeiten und niemand weiß, ob nicht solche noch kommen werden - sind sicher weniger öffentliche Mittel vorhanden und diese müssen der Erhaltung des Sozialstan- dards vorrangig gewidmet werden. Schließlich noch ein Wort zu Privilegien. Niemand ist imstande hier klare Grenzen zu ziehen, denn das würde die Erfassung sämtli- cher Berufszweige und nicht nur die der Politiker voraussetzen. Persönlich bin ich überzeugt, daß bei einer hauptberuflich aus- geübten politischen Funktion ein Bezug ge- nugt. Er muß nur im richtigen Verhältnis zu ähnlichen Po itionen, dem tatsächlich er- brachten Zeitaufwand und zur Verantwor- tung stehen. Daß Politikerbezüge schon im mer Neidreizfaktoren waren, steht außer Fra- ge. Je mehr jedoch die Politiker darüber reden, ohne tatsächlich Konsequenzen zu ziehen, desto unglaubwürdiger wird Politik und ihre Interpreten. Zur Klärung dieses Problems zählt einfach die Erkenntnis, daß öffentliche politische Arbeit ein harter Job ist und daher nicht nur von der Einkommenshöhe, sondern auch vom Auswahlprinzip zu beurteilen ist. Ge- schieht hier das Richtige, hört sich die Privi- legiendiskussion bald auf, weil einfach die Vergleichsbasis dünner wird. Die letzten Ent- scheidungen über Politikerbezüge sind nicht unumstritten, stellen aber einen weiteren Schritt zum Gleichheitsprinzip für alle Staatsbürger dar. Ke in Bürgermeister bleibt trotz aller Eh- ren, die ihm im Laufe der Amtsausübung zukommen, ohne Kritik, die sich natürlich auch in Anflügen von Neid und Gehässigkeit äußern. Ich halte es hier mit Wilhelm Busch, der meinte: ,Der Neid ist die größte Anerkennung des Tüchtigen.' lch lese aber auch gerne Erich Kästner, der den guten Satz prägte: ,Jene, die vor Neid erblassen, müßten eigentlich vor Scham rot werden.' Zurückblickend stelle ich mit Genugtuung fest, daß im gemeinsamen Wirken zwischen Gemeinderat, Stadtsenat, der Magistratsdi- rektion und allen Bediensteten des Magistra- tes der Stadt Steyr Enormes geleistet wurde. In dieser Zeit Bürgermeister zu sein, ist sicherlich eine Freude. Mit Respekt denke ich an die vielen Kontakte und Gespräche mit dem Bundespräsidenten, dem Bundes- kanzler, dem Landeshauptmann und allen Regierungsmitgliedern auf Bundes- und Lan- desebene. Ich weiß auch, daß mein Arbeits- stil nicht immer verstanden wurde, doch habe ich stets im guten Glauben die Absicht verfolgt, für die Stadt und deren Bewohner das Beste zu tu11. wozu ich auch bereit war, mich voll einzusetzen. Nun steht die Pension vor der Tür! Mein größter Wunsch ist es, einmal das tun zu können, was mir persönlich Freude und Spaß macht und dabei nicht immer darauf achten zu müssen, mich so zu verhalten, wie es andere von mir erwarten. Das Wort ,Pen- sionsschock' ergibt für mich keinen Sinn. Mein gegenwärtiger körperlicher und geisti- ger Zustand, den ich mir noch lange erhalten möchte, wird es mir gestatten, auch den sportlichen und kulturellen Interessen zu fol- gen und endlich auch verschiedene häusliche Arbei ten - eingeschränkt auf bescheidene zu erledigen. Wer ein Leben lang beruflich oder poli- tisch voll beanspruch t wurde und sich den- noch andere Interessen erhalten hat, für den kann es keinen Pensionsschock geben. Da bleibt nur mehr die Freude, die kommende Zeit mehr als bisher der Familie, im besonde- ren den Enkelkindern, zur Verfügung zu stehen. So entbiete ich Ihnen allen am Ende meiner Bürgermeistertätigkeit nicht nur die besten Grüße, sondern auch meinen herzli- chen Dank für das stete Verständnis und für das gute Zusammenwirken mit Behörden, mit Vertretern der Wirtschaft, mit Vereini- gungen und Institutionen. Persönlich bedanke ich mich bei dieser Gelegenheit bei Kollegen Schwarz, der nun sieben Jahre hauptberuflich an meiner Seite die Geschehnisse im Rathaus miterlebt hat, und ich bin überzeugt, daß er, so wie ich es auf meine Weise versucht habe, auf seine Art ein guter Bürgermeister für Steyr sein will. In diesen Dank schließe ich sowohl den vorma- ligen Magistratsdirektor OSR Dr. Eder, mit dem ich so viele Jahre nicht nur ein kollegia- les, sondern ein freundschaftliches Verhältnis entwickelte, als auch den derzeitigen Magi- stratsdirektor OSR Dr. Knapp ein. Sie sind für mich die Repräsentanten der Beamten und aller Bediensteten und ihr loyales Verhalten mir gegenüber habe ich stets sehr zu schätzen gewußt. Dem Gemein- derat werde ich meinen Dank noch anläßlich der letzten Sitzung in diesem Jahr am 15. Dezember, wenn es um die Behandlung des Voranschlages 1984 geht, bezeugen."

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