Amtsblatt der Stadt Steyr 1983/6

Die romantische Kulisse der Steyrer Altstadt wird in den Sommermonaten von den schlanken Paddelbooten belebt. So herrscht stets ein reger „Kleinschiffver- kehr" auf der Enns und Steyr. Es ist auch daher ·kein Wunder, daß die größten sportlichen Steyrer Erfolge auf dem Was- ser erzielt wurden, nämlich im Paddel- sport. Insgesamt wurden 14 WM-Titel er- kämpft, von denen Forelle mit elf den Löwenanteil an sich reißt, gefolgt vom ATSV mit dem Dreifachweltmeister Hans Schlecht. Diese großen Vorbilder sind es immer wieder, die begeisterte jugendliche Wasserflöhe in ihren Bann ziehen und in jahrelangem Aufbautraining nicht nur zur österreichischen, sondern auch zur Welt- spitze heranführen. So wird auch heuer wiederum Steyr durch Holger Kerb! im Slalom und Werner Haiberger in der Re- e,atta vertreten sein . Mit dem jungen Modellt ischler Holger Kerb! - zur Zeit Heeressport- und Nah- kampfschule Hörsching - stellt sich ein neuer WM-Wellenreiter vor. Mit seinen 19 Jahren und seiner Körpergröße von nur 1,63 m ist er der Benjamin der Mann- schaft. Schaumstoff- und Poritunterlagen sorgen für einen normalen Sitz im Boot. Erbliche Belastung, zäher Fleiß, Selbst- überwindung in Kraftkammer, im Lang- lauf und bei jeder Witterung auf dem Wasser sind die Komponenten des Erfol- Erstmals bei einer Weltmeisterschaft: Holger Kerb/. Fotos: Steinhammer 22/214 Zwei Steyrer Paddler bei der Weltmeisterschaft Werner 1/aiherf!,er ni111111t hereits zum dritten Male an ei- ner Welt111eisler- sf'lwfi /eil. ges, der in der Nominicrun, 1.ur Weltmei- sterschaft Lohn und C,ipf'c lpun kt findet. Er wurde quasi schon ins Boot hineinge- boren, denn beide Elt ·rnteile sind erfolg- reiche Wildwasserspezialisten . Die beiden haben sich beim Paddeln in Zwickau ken- nengelernt. Frau Waltraud verließ die DDR und wurde Österreicherin. Vater Bruno war 13mal Staatsmeister im Renn- boot und im Canadicr. Die Mutter, noch als Waltraud Schale Weltmeisterin im Mix-Ca nadier und als „Meister des Sports in der DDR" verewigt, hat Holger förm- lich im Wellenrhythmus großgeschaukelt. In der Sporthauptschule bekam er mit r.chn Jahren den „Leistungsbiß". Unter Weltmeister Kurt Preßlmayr als Vorbild und dem paddelerfahrenen Vater als Lehrwart begann der Kampf gegen die tobenden und gischtenden Gebirgsbäche. Schon mit 17 Jahren stand er mit Werner Steinwendtner und Christian Schreiner zuhöchst auf dem Staatsmeisterschafts- stockerl als Mannschaftsslalomsieger. Zwei österreichische Jugendmeistertitel folgten. Siebenmal wurde er überdies oberösterreichischer Landesmeister. Mit letzter Konsequenz spulte er das WM- Vorbereitungsjahr ab. 45 Stunden hartes Training pro Woche: Waldläufe, Skilang- lauf, Kraftkammer und immer wieder Perfektion auf dem Wasser. Schwerpunkte der Vorbereitung waren ein zweiwöchiger Jugoslawien-, ein dreiwöchiger Spanien-, ein einwöchiger CSSR- und ein dreiwöchi- ge r Südtirolkurs. Für ihn spielt die biologi- sche Ernährung eine besondere Rolle: wenig Fleisch , keine Wurst, viele Mehl- speisen, Gemüse, Müsli, Obst, Fruchsäfte und Milch. Das Schlafen im Heustadl oder im Zelt, das Bereiten der Mahlzeiten am Gaskocher und bei den Rennen gehören zur Romantik dieses zielstrebigen Lei- stungssportlers. Prognosen wollte der WM-Neuling über sein Abschneiden nicht abgeben. Daß die Eltern kniezitternd am Ufer der Passer im Zentrum von Meran stehen und sich für

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