Amtsblatt der Stadt Steyr 1982/7
In Steyrdorf haben sechzig Häuser Denkmalwert Dr. Erwin Thalhammer informierte als Leiter des Bundesdenkmalamtes den Stey- rer Gemeinderat am 25. Juni in einer nicht öffentlichen Sitzung über die Ergebnisse der Untersuchungen des Denkmalamtes über denkmalwürdige Ensembles und Bauten in Steyrdorf und im besonderen über die Wün- sche des Denkmalamtes zur Erhaltung des Wehrgrabengerinnes. Im folgenden ORF- Interview mit Siegfried Diethör gaben dazu Bürgermeister Weiss und Dr. Thalharnmer ihre Stellungnahmen ab. FRAGE: Herr Präsident, Sie haben heute dem Steyrer Gemeinderat Ergeb- nisse einer Erhebung im Wehrgraben vor- gelegt. Wie schaut der Kern, die Zusam- menfassung dieser Untersuchung aus? ANTWORT: Es handelt sich vorläufig um den ersten Schritt für ein Unterneh- men, das dem ganzen Steyrdorf gilt und um den inneren Wehrgraben. Das Ergeb- nis: der Altbestand ist ungewöhnlich groß, es sind etwa 60 Häuser, die entweder als Ensemble Bestand oder als Einzelobjekt Denkmalwert haben. Als Einzelobjekt sind es 18, das ist für eine Stadt unge- wöhnlich viel. Es ist in einer inoffiziellen Sitzung des Gemeinderates das Projekt in kurzen Zügen vorgestellt worden, die Konsequenzen werden nun in aller Ruhe - es besteht überhaupt keinerlei Grund, hier eine überhastete oder eine in einem ungewöhnlichen Zeitdruck stehende Ak- tion zu setzen - in der nächsten Zeit - diese Zeit wird Jahre umfassen - realisiert werden. Was uns besonders freut, ist die 41240 von Herrn Bürgermeister heute offiziell gegebene Erklärung, daß das gesamte Ge- rinne des Wehrgrabens offen bleiben wird. Wir selbst - das sage ich offen - waren zu Konzessionen bereit, daß wir nur den engsten historischen Teil als Denkmal be- sonders gerne erhalten gesehen hätten, aber der Herr Bürgermeister hat uns heute offiziell von der Bereitschaft der Gemein- de Kenntnis gegeben, hier das ganze Ge- rinne offen zu lassen. Es geht ja nicht nur um das Gerinne, es geht auch um den Hausbestand, der bis in das 16„ Jahrhun- dert zurückreicht, und ·der auch sehr be- deutende Objekte aus dem 19. Jahrhun- dert hat. Es geht um kleinteilige Sied- lungsbauten, es geht um großräumige Fa- briksbauten, zum Teil leerstehend. Sie werden alle Probleme bringen. Das Denk- malamt hat dem Herrn Bürgermeister Weiss das Angebot gemacht, hier von einer Fakultät eine Studie, die unverbind- lich ist, aber Anregungen bringen kann, zur Lösung der Probleme der Revitali- sierung anzufordern. Jedenfalls glaube ich, ist heute ein sehr wesentlicher Schritt getan worden. FRAGE: Herr Präsident, was kostet die Realisierung Ihrer Vorschläge? ANTWORT: Das ist sehr schwer zu sagen, Denkmalpflege ist voll von Überra- schungen. Ein nach außen hin vielleicht weniger gut aussehendes Haus ist kernge- sund und bedarf nur einer Kosmetik. Genau das Gegenteil kann man beim nächsten Haus erleben. Wir haben aber, ORF-Interview über die Zukunft des Wehrgrabens mit Bürgermeister Weiss und Dr. Er- win Thalhammer vom Bundesdenk- malamt. Fotos: Hartlauer um der Stadt die Möglichkeit zu geben, hier ohne Einbußen auf anderen Be- reichen, zu denen sie verpflichtet ist, hin- nehmen zu müssen, eine Zusage der Frau Bundesminister Dr. Herta Firnberg über- bringen können - schon vor einiger Zeit - , daß allein für die Sanierung des Gerinnes mit den Wehranlagen zehn Millionen vom Bund gegeben werden, ohne daß damit die sonst für die Denkmalpflege in der Stadt Steyr vorgesehenen Mittel beschnit- ten werden. Es ist also eine Sonderleistung des Bundes, und ich glaube, daß auch die Frau Minister, sollte es zu besonders schwierigen Situationen kommen, über diesen Betrag hinaus eine gewisse Ge- sprächsbereitschaft haben wird. Jedenfalls kenne ich die Frau Minister in dieser Richtung als initiativ, spontan und ver- ständig. FRAGE: Herr Bürgermeister, das Ge- rinne soll offen bleiben. Vor nicht allzu langer Zeit nach einer Gemeinderatssit- zung hat die SPÖ-Fraktion sehr vehement die Zuschüttung verlangt. Jetzt das Gegenteil ANTWORT: Das ist leicht erkJärbar. Die große Sorge der verantwortlichen Mehrheit, und der gehöre ich letzten Endes auch an, war immer, wie kann man die denkmalschützerische Aufgabe bewälti- gen, wenn nicht fremde Hilfen dazukom- men. Bis zu diesem Zeitpunkt der Erklä- rung von zehn Millionen Schilling Sonder- mittel durch das Bundesdenkmalamt bzw. Ministerium war die Stadt eben allein in dieser Situation. Sie haben ja die Aussa- gen des Herrn Präsidenten Thalhammer gehört und wir danken sehr für diese Bereitschaft, denn das sind echte Hilfen. Mit Phrasen kann man so schwierige und langfristige Probleme unmöglich lösen. Nunmehr hat sich auf Grund der neuen Tatsachen der Standpunkt geändert, das ist allseits zu begrüßen. Die sozialistische Fraktion hat heute eine schriftliche ErkJä- rung abgegeben, in der eben enthalten ist, daß das Gerinne, auch entgegen anderer Möglichkeiten, in der ganzen Länge offen bleibt. Wie das technisch zu bewältigen ist, das wird einer Untersuchung zugeführt werden, es müssen neue Projekte ausgear- beitet werden, es muß die Finanzierung mit dem Wasserwirtschaftsfonds neu be- sprochen werden. Also eine Fülle von Fragen, die jetzt auftreten, die aber sicher- lich zu bewältigen sind, wenn - hier wie- derum das Wort wenn vorausgesetzt - auch andere als nur das Bundesdenkmal- amt und das Bundesministerium, etwa das Land Oberösterreich, sich in gleicher Wei- se an dieser großräumigen Sanierungsak- tion beteiligen. Letzten Endes ist eben der Wehrgraben oder das Steyrdorf nicht irgendein Einzelobjekt, es ist ein Großpro- jekt, das - wie es oft gesagt wurde, nicht nur Bedeutung für die Stadt, sondern land- und bundesweit Bedeutung genießt.
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