Amtsblatt der Stadt Steyr 1982/2
Klassisches Orchesterkonzert Innerhalb eines Monats hatte das konzertbegeisterte Steyrer Publikum Gelegenheit, das Bruckner-Orchester Linz im gut besuchten Stadtthea ter zum zweiten Male zu hören. Dr. Roman Zeilinger, diesmal am Dirigentenpult, zeigte sich in bester Verfassung, was präzise Orchesterführung, exakte Ein- sätze, dynamische Interpretation und lyrische Melodik betrifft. Da sich das Orchester ebenfalls in hörbar bester Dis- positon befand, kam eine Gesamtwir- kung zustande, die das Prädikat „her- vorragend" durchaus verdient. Schon in der Darbietung der Ouvertü- re zur Oper „Titus" von W. A. Mozart, KV 621 von 1791, dem letzten Bühnen- werk des Meisters, erfreute der Schwung und die Leichtigkeit des Vortrags, bei dem besonders der Streicherklang voll z.ur Geltung kam. Es war eine gute Einstimmung zum folgenden Violinkonzert Nr. 4 in D-Dur, KV 218, 1775 in Salzburg geschrieben und von Mozart selbst uraufgeführt. Als Solist hörte man einen technisch ausge- zeichneten Geiger, der sich, wunder- schön spielend, in vorbildlicher Art dem Geiste dieses reizenden Werkes unter- ordnete. In den weit ausholenden Ka- denzen ließ er seiner geigerischen Bril- lanz freien Lauf. Boris Kuschnir, ein aus Moskau stammender Künstler und seit einiger Zeit Konzertmeister des Bruck- ner-Orchesters, bedeutet sicherlich ei- nen großen Gewinn für das Orchester. Es begleitete in kleiner Besetzung ent- sprechend sauber und elastisch, dezent vom Dirigenten geführt. Als nette Geste des Solisten war dann noch der 1. Satz der Sonate I in g-Moll für Solovioline, BWV 1001, in begeisternder Wiederga- be zu hören. Als Hauptwerk des Abends sollte G. Mahlers l. Sinfonie zur Aufführung kommen. Programmtechnische Umstän- de machten aber eine Änderung not- wendig. Die Interpretation der „Eroica" in Es-Dur'. op 55 von L. v. Beethoven, Die Solisten des Konzertes im A Lien Theater: Wolfram Wagner (Flöte) und Tibor Nemeth (Klavier). Di_rigent Roman Z eilinger mit dem Solisten Boris Kuschnir. war aber so eindrucksvoll, daß man bald eindrucksvoll in den Bässen, homogene gar nichts anderes mehr wünschen woll - Streicherton, füllte vollklingend den te. 1804 vollendet und ,, . .. dem Anden- Saal, die Holzbläser beherrschten ihren ken eines großen Menschen" zugedacht, Part souverän und die Blechbläser setz- wurde sie schließlich dem Fürsten Lob- ten die nötigen Glanzlichter, wobei sich kowitz, dem großen Gönner Beetho- vor allem im letzten Satz die Hörner vens, gewidmet. R . Zeilinger, dem eine besonders auszeichnen konnten. Der ausreichende Musikerscbar dafür zur würdig gespielte zweite Satz, Marcia Verfügung stand, ·gelang an diesem funebre, verbreitete feierliche Stirn- Abend eine ungemein dynamische, auf- mung. Stürmischer Beifall der begeister- wühlende Gestaltung dieser epocbema- ten Zuhörer. chenden Sinfonie. Der volle, besonders J. Fr. Junge Steyrer Musiker im Alten Theater Im 12. Konzert der Reihe „Junge Steyrer Künstler stellen sieb vor", vom Jugendreferat des Kulturamtes am 18. Jänner im Alten Theater veranstaltet, konnten wieder zwei Musiker Proben ihres bereits erreichten Könnens vor zahlreichen Zuhörern ablegen. Der Flö- tist Wolfram Wagner, als Substitut im Staatsopernorchester tätig, darf eine ge- sicherte Musikerexistenz erwarten. Sein Spiel verrät sichere Technik, gutes Ein- fühlungsvermögen in die jeweilige Komposition und phrasierten Vortrag bei kraftvoller Dynamik und voller Aus- schöpfung des instrumentalen Ton- umfanges. Noch ist sein Musizieren frei von Routine, noch fehlt die feine Nuan- cierung, was vor allem bei den Solovor- trägen hörbar wurde. Die Gesamtlei- stung ist jedoch für die weitere Entwick- lung vielversprechend. Tibor Nemeth am Klavier überrasch- te durch eine gediegene Leistung als Begleiter. Er hielt sich wohltuend im Hintergrund, spielte solistische Passagen sicher und durchaus ausdrucksvoll und ergänzte so seinen Partner in angenehm- ster Weise. Daß auch er überaus dyna- misch sein kann, zeigte er in seinem Solovortrag. In der künstlerischen Ent- wicklung ist der erste Schritt getan, der für die Zukunft gewiß noch Schönes erwarten läßt. Das Programm selbst brachte Proben vom Barock bis zur Modeme, wirkte jedoch in seiner Zusammenstellung und Auswahl wenig organisch. Die Sonate -für Flöte (Violine) und Klavier g-Moll , BWV l020 eröffnete den Abend und diente der Einstimmung des Publikums. Die Sonate in C-Dur, op. 83 Nr. 2 von Friedrich Kuhlau, klanglich in der Nähe des Zeitgenossen Weber, wurde frisch, unbeschwert und klangschön vorgetra- gen. Mit der Ballade für Klavier in g-Moll, op. 23 (1831) von F . Chopin schien der Pianist allerdings an man- chen Stellen noch überfordert. Der zweite Teil wurde mit Mozarts Sonate in G-Dw, KV 11 , eingeleitet. Diese Serie des Achtjährigen (KV 10-15) erschien 1764 für Violine. Der große musikalische Sprung ins 20. Jahr- hundert erfolgte mit dem Stück „Sy- rinx" für Flöte Solo von CL Debussy, 1912 geschrieben. Im Vortrag kam der impressionistisch-schwebende Ton noch nicht ganz zum Ausdruck. Eindrucksvoll hingegen gelang das Solostück für Flöte von J. Ibert. Die Sonate für Flöte und Klavier von F. Poulenc, aus der Gruppe der „Six" hervorgegangen, rhythmisch und melodisch überaus anspruchsvoll , wurde von den beiden Musikern ausge- zeichnet interpretiert. An Zugaben hörte man eine Sicilienne in g-Moll von Ga- briel Faure (1845- 1924) und den 2. Satz (Siciliano) in g-Moll aus der II . Sonate für Querflöte und Klavier, BWV l031. Es gab anspornenden, herzlichen Beifall für das ambitionierte Spiel. J . Fr. 35/79
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