Amtsblatt der Stadt Steyr 1982/1

Stadtrat Konrad KINZELHOFER, Obmann der sozialistischen Fraktion: „Eine vernünftige Gebühren- und Tarifpolitik ist die Voraussetzung fiir einen geordneten Haushalt. N icht mit Geschenken, sondern mit sozial gerecht verteilten Lasten sichern wir die finanzielle Basis der Stadtverwaltung." Foto: Hartlauer abseits. Die Straßenverbindungen zu und von unserer Stadt sind unter dem landwei- ten Durchschnitt für ein großes Industrie- zentrum. Die Eisenbahn bietet dafür schon aus ihrer Trassenführung heraus keinen Ersatz, zudem ist sie für den Perso- nenverkehr nicht attraktiv. Das ist ein Problem der gesamten Region des unteren Enns- und Steyrtales, bei dem wir nicht lockerlassen dürfen . Betriebsansiedlungen werden im allgemeinen immer schwie- riger, in einer verkehrsmäßig so schlecht erreichbaren Zone wie Steyr wahrschein- lich in Zukunft überhaupt nicht mehr möglich sein. Wir brauchen aber eine ständige Verbreiterung unserer wirtschaft- lichen Basis, um in Krisenzeiten bestehen zu können und um einer negativen Ent- wicklung entgegenzuwirken. Wir wurden schon einmal von einem Wissenschaftler ,,Schlafstadt" genannt. Für die Belange einer Stadt, die sich bevölkerungsmäßig erhalten oder sogar vergrößern will, ist nach wie vor das Wohnproblem die entscheidendste Frage. Nur so kann dem drohenden Abwandern, dem Zunehmen des Pendelns und dem Siedeln außerhalb der Stadt entgegenge- wirkt werden. Mit großer Sorge betrachtet meine Fraktion die Entwicklung im sozia- len Wohnbau. Die GWG, einst der Stolz der Gemeinde, wird immer mehr zu einem Sorgenkind. Steigende Mieten, größere Betriebskosten, geringere Bautätigkeit sind hier zu verzeichnen . Ich bin mir im klaren, daß es sich hier um Bundesgesetze und 8 Verordnungen des Landes Oberösterreich handelt, betroffen sind aber viele Tausen~ de Steyrerinnen und Steyrer, denen das Wohnproblem immer größere Sorgen be- reitet. Auch hier wird es unserer gemeinsamen Anstrengung des Gemeinderates bedür- fen, diese negative Entwicklung zu stop- pen. Vielleicht kann Steyr, wie seinerzeit bei den Pensionistenwohnungen mit dem ersten Zentralaltersheim, neue Wege be- schreiten, jedenfalls müssen wir uns auf diesem Gebiet etwas einfallen lassen. Bei diesen laufend teurer werdenden Mietwohnungen kommt dem Eigenheim- bau immer mehr Bedeutung zu. Hier ist es dem einzelnen möglich, durch Eigenlei- stungen, durch überlegtes Planen und Bauen, abgestimmt auf seine persönlichen Bedürfnisse, unter Umständen billiger und rascher zu einem Dach über dem Kopf zu kommen. Hier wird die Stadt betreffs der geeigneten Baugründe so wie z. B. in der Waldrandsiedlung aktiv werden müssen. Alle im Besitz der Stadt befindlichen, geeigneten Grundflächen sind in ein ent- sprechendes Siedlungsprogramm einzu- bauen. Aufschließungsmaßnahmen sind vorzunehmen und jede Unterstützung der öffentlichen Hand wäre zu gewähren. Aber nicht nur im Neubau soll sich unsere Aktivität erschöpfen, die Revitalisierung der alten, abgewohnten Stadtteile ist gleichrangig vorzunehmen. Nützen wir doch dadurch die bestehende Infrastruk- tur viel besser aus, als immer wieder neue Neubaugebiete zu erschließen. Ich möchte den Gemeinderat erinnern, daß wir z. B. im Stadtteil Münichholz zwei Kindergärten schließen mußten und am Resthof einen neuen Kindergarten um sieben Millionen Schilling erbauten, der vergangene Woche durch den Bürgermei- ster übergeben wurde. Neubau und Revi- talisierung müssen jedoch harmonisch auf- einander abgestimmt werden. Auch Revi- talisierung erfordert sehr viel Geld. Wir sollen daher bei allen Forderungen, wie Erhaltung des Altbestandes, des vertrau- ten Stadtbildes oder liebgewordener Ein- drücke , wie z. B. der W ehrgrabengerinne, kritisch überlegen, was finanziell durch- führbar ist und auch den Interessenten zugemutet werden kann. Revitalisierung kann nämlich unserer Meinung nach nur mit den Bewohnern und mit den Möglich- keiten der Bewohner vorgenommen wer- den. Sie soll kein theoretischer Spielplatz für Architekten und Wissenschaftler, son- dern eine Bewährungsprobe für den Kom- munalpolitiker sein. In einer Museumstadt kann man auch nicht leben. Wir wollen aber eine Stadt in allen Teilen zum Leben haben, daher sollen wir gerade in diesen Fragen über- einstimmen und nicht Konfrontation su- chen. Ein Problem, wie die Sanierung des Wehrgrabengebietes, kann man nur ge- meinsam lösen. Das aber setzt Kompro- mißbereitschaft, Eingehen auf die Argu- mente des anderen, Prüfung der recht- lichen und finanziellen Fakten voraus. Mit weltfremden Forderungen werden wir hier nicht weiterkommen. Wenn die nunmehr m Auftrag gegebenen Entscheidungshil- fen , wie Architektenwettbewerb, Studien von Fachleuten und Kostenvergleiche vor- liegen, sollten wir uns rasch zu einer Lösung zusammenfinden. Eine Sanierung des Wehrgrabens ist nicht nur im Interesse der dortigen Bewohner, sondern die ge- samte Stadtentwicklung verlangt dies, ein Hinauszögern würde schaden. Unsere Stadt muß noch lebenswerter werden. Eine knappe Aufzählung von Pro- blemen: Ausbau unserer Verkehrswege außerhalb von traditionellen Wohngebie- ten - nur so können wir die Lebensquali- tät in diesen Wohnungen verbessern. Möglichst ungestörten Verkehrsablauf, hier möchte ich nur kurz auf unsere letzte Vorentscheidung hinsichtlich des Leitner- bergabstieges verweisen. Wanderwege, Radfahrwege, verkehrsarme Zonen in ty- pischen Wohnsiedlungen. Auch hier sind schon wichtige Entscheidungen getroffen worden. Jeder Steyrer soll eine sinnvolle Freizeit- gestaltung betreiben können. Bei den kul- turellen Aktivitäten halte ich neben den Angeboten die Förderung der eigenen Kreativität für das wichtigste, z. B. Volks- hochschule, Pensionistenklub, Patronanz- veranstaltungen, Förderung der kulturtrei- benden, Vereine. In den Jugendfragen bieten wir sehr viel vom Kindergarten bis zum Abschluß der Schule und Lehrver- hältnis. Darüber hinaus müssen wir unse- rer heranwachsenden Jugend die entspre- chenden Freizeitmöglichkeiten bieten. Unser soziales Netz bieten wir allen unse- ren Bürgern, die es in Anspruch 1+ehmen müssen. Offen ist noch die Frage der Tagesmütter, hier müssen wir noch prü- fen, inwieweit wir hier helfend beistehen können. Um die Sorgen unserer Mitbürger näher zu kennen, werden Stadtteilgesprä- che angeregt. · Die Stadt Steyr hat eine sparsame Ver- waltung mit einem sehr geringen Personal- aufwand und einer ganz kleinen Zahl von pragmatisierten Mitarbeitern, dafür ist der Magistrat Steyr vorbildlich. Bewahren wir auch in Zukunft diese Zurückhaltung, denn am Personalsektor ist es sehr leicht möglich, die Kosten explodieren zu lassen. Bei dieser Gelegenheit danke ich auch den Magistratsbediensteten für ihr Verständ- nis, denn die erwarteten Arbeiten werden trotz des geringen Personalstandes zur vollsten Zufriedenheit erledigt. Eine ver- nünftige Gebühren- und Tarifpolitik ist die Voraussetzung für einen geordneten Haushalt. Nicht mit Geschenken, sondern mit sozial gerecht verteilten Lasten sichern wir die finanzielle Basis der Stadtverwal- tung. Solange den Gemeinden keine zu- sätzlichen Mittel aus dem Finanzausgleich zufließen, müssen wir diese vernunftsmä- ßig bestimmte Tarifpolitik fortsetzen . Ich gebe gerne zu, daß es immer zu den schwierigsten Entscheidungen in meiner Fraktion zählt, Gebühren und Tarife zu erhöhen, aber unsere Verantwor tung für die gesamte Entwicklung unserer Stadt zwingt uns auch zu diesen Entscheidun- gen, und ich danke den anderen Frak- tionen, daß sie vielfach ebenfalls dieser Auffassung zugestimmt haben."

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