Amtsblatt der Stadt Steyr 1981/12

Luftaufnahme des neuen Motorenwerkes. Freigabe vorn BMLV mit Zl. 13.0801177-1.6!81. einem echten Steyrer entwickelt habe, der sich in dieser Stadt sehr wohl fühle. Assessor Doppelfeld erinnerte in seiner Rede an die Entscheidungsgrundlagen, die zur Wahl Steyrs als Standort des neuen Motorenwerkes führten, und führte wört- lich aus: ,,Ich weiß nicht, ob es Ihnen auch so geht, wenn man davon hört oder dar- über liest, daß jemand geehrt wird , sei es in der Weise, daß ihm ein Orden verliehen wird, sei es in dieser Weise wie heute, nimmt man das normalerweise nur beiläu- fig zur Kenntnis - bis es einen dann selbst erwischt. Dann bekommt ein solches Ereignis eine ganz andere Dimension und man fühlt sich wirklich geehrt. So geht es mir heute, und dabei bin ich ganz ent- schieden - ich glaube auch in voller Über- einstimmung mit Herrn Egger - der Auf- fassung, daß diese Ehrung uns beiden lediglich stellvertretend gelten kann für alle diejenigen, die an der Planung und am Aufbau von BMW-Steyr mitgewirkt haben . Sozusagen als Repräsentant eines nicht unbedeutenden Projektes, an dem viele mitgewirkt haben, freue ich mich sehr über diese Ehrung und danke Ihnen sehr herzlich dafür. Wenn man dieses Vorhaben in fo lgende drei Stufen einteilt - die Planung, den Aufbau und das Betreiben, das wirtschaft- liche Betreiben der Fabrik -, dann würde ich diesen drei Stufen trotz der hohen Ausgaben für den Aufbau folgende Rang- folge im Schwierigkeitsgrad geben: das Schwierigste liegt vor uns, das ist das wirtschaftliche Betreiben, das zweite das Planen und das dritte erst der Aufbau . Das heißt, wie gesagt, die schwierigste Phase liegt noch vor uns. Lassen Sie mich auch einige Daten in Erinnerung rufen. Im Herbst 1977, also vor nunmehr vier Jahren, fanden die er- sten Gespräche zwischen BMW und Steyr- 6 / 414 Daimler-Puch statt. Am 30. November 1977 - man kann fast sagen vor genau vier Jahren - kam es zur Absichtserklärung der beiden Unternehmen, zur Absichtserklä- rung für diese Kooperation, am 28. Juni 1978 wurde der Grundlagenvertrag be- schlossen und am 6. Oktober 1978 fiel die Entscheidung für Steyr als Standort. Diese Standortwahl - das ist jetzt sicher eine kleine Reminiszenz - war außerordentlich schwierig, sie war mühsam, wir haben es uns nicht leicht gemacht. Fest stand, daß der Standort in Österreich sein sollte. Es kamen mehrere Alternativen in Frage - Niederösterreich, Wien, Kärnten, Steier- mark, Oberösterreich - , das heißt Steyr. Wir könnten wahrscheinlich heute statt oder vielleicht auch brüderlich neben Ge- neral Motors in Wien-Aspern sein. Das Ergebnis dieser gründlichen Standortun- tersuchung sprach übrigens quantitativ, rein rechnerisch, aus den erwähnten Gründen, nicht unbedingt für Steyr, quali- tativ jedoch eindeutig für Steyr. Das heißt, wir haben eigentlich eine unternehmeri- sche Entscheidung für Steyr getroffen. Diese unternehmerische Entscheidung fiel sicher nicht nur, um mit Franz Schubert zu sprechen, weil d iese Gegend himmlisch schön ist, sondern die Hauptgründe waren das hier vorhandene Arbeitskräftepotenti- al , das technische „Know how", geradezu historisch in dieser Gegend vorhanden, insbesondere bei unserem Partner aus der Sicht von BMW, und der Muttergesell- schaft aus der Sicht von BMW-Steyr, näm- lich Steyr-Daimler-Puch, die Nähe von Steyr zu den BMW-Werken in München und Dingolfing hat dabei eine Rolle ge- spielt, die insgesamt doch sehr gesunde Struktur dieser Gegend und - ich darf wohl auch sagen - eine gewisse Verwandt- schaft zu Bayern. Die im Gegensatz zu anderen Gesprächspartnern großzügige fi - nanzielle Unterstützung der Stadt Steyr Werkfoto / Kranzrnay r hat neben den übrigen Vorzügen dieses Standortes auch anziehend auf uns ge- wirkt. Mit Weitblick und einer sehr posi- tiven Einstellung zu den Zukunftschancen von BMW-Steyr hat die Stadt das Projekt unterstützt durch direkte Förderung, durch Verzicht auf die Lohnsummensteu- er für einen gewissen Zeitraum und durch den Bau von Wohnungen, um die wesent- lichen Unterstützungsmaßnahmen heraus- zugreifen. Im Gegensatz zu den böhmischen Bela- gerern, die 1467 erst beim achten An- sturm, wie ich gelesen habe, die Stadtmau- ern durchbrachen, um zu den ihnen vor- enthaltenen Goldbarren zu kommen, sind wir offenbar etwas früher auf Verständnis gestoßen. Dann kam es zur zweiten wichti- gen unternehmerischen Entscheidung die- ses_Yorhabens, der Erweiterung. Das Ba- sisprojekt umfaßte, wie Ihnen geläufig sein wird, ursprünglich 3,5 Milliarden Schilling an Investitionen, heute liegen wir bei knapp 7 Milliarden Schilling. Die Produk- tion war ursprünglich geplant für 100.000 Motoren im Jahr, jetzt sind es 200.000. An Mitarbeitern war ursprünglich geplant 1000, jetzt sind für die Endstufe etwa 1800 vorgesehen. Die Hauptgründe für diese Erweiterung warep. einmal, daß wir eine Verbundfertigung zwischen Benzin- und Dieselmotoren realisieren wollten, um da- durch wirtschaftlicher zu fertigen und eine Entlastung der Motorenfertigung in Mün- chen durchzuführen, das zweite, um für den Vertrieb an Dritte aus dieser Gesell- schaft, aus dieser Fabrik, gerüstet zu sein. Für diese angesichts der äußeren Einflüsse sicher mutige Entscheidung der Erweite- rung zu diesem Zeitpunkt wurden wir bald bestraft und belohnt zugleich. Bestraft, wei l wir bei einem Teil der Gesprächspart- ner - ohne hier Namen zu nennen - eine entsprechende Förderung nicht vorher zur Bedingung gemacht hatten. Hier ist die

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