Amtsblatt der Stadt Steyr 1981/9

Kultur- Waffen der aufständischen Bauern (1624). B is l. Oktober ist im Heimathaus Steyr eine Ausstellung mit dem Thema „200 Jahre Toleranzpa- tent in Oberösterreich - Reforma- tion und Gegenreformation Steyr" zu se- hen. Bürgermeister Weiss sagte bei der Ausstellungseröffnung, die kulturelle Tä- tigkeit in Steyr habe sich nach dem Jubi- läumsjahr auch 1981 weiter gesteigert. Die Schätze des Heimathauses werde man künftig noch mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken. Superintendent Herwig Karzel würdigte als Sprecher der evangelischen Kirche das Engagement der Stadt für die Realisierung dieser interessanten Ausstellung. Dr. Volker Lutz, der die Ausstellung für Steyr gestaltet hat, skizzierte mit folgen- dem Vortrag di e historische Situation: „Mit der Entscheidung Josephs II. , die aus der Strömung der Aufklärung zu ver- stehen ist, wurde ein religionsgeschicht- liches Kapitel abgeschlossen, das 1517 mit dem Thesenanschlag Martin Luthers be- gonnen hat und dessen Ereignisse jahr- hundertelang hindurch das damalige Weltgeschehen beeinflußten und unzäh- lige Einzelschicksale prägten. Die nunmehrige Exposition im Heimat- haus ist aus einer Schau des Pfarramtes Wallern an der Trattnach entstanden, die mit Objekten des Archivs der Stadt Steyr Ausstellung im Heimathaus: 200 Jahre Toleranzpatent in Oberösterreich Reformation und Gegenreformation in Steyr 14/314 und der musealen Sammlungen des Hei- mathauses erweitert wurde. Mit dem zwei- teiligen Titel ist zwar eine sachliche Tren- nung der beiden Ausstellungen vorhan- den, die aber trotzdem als Emhe1t zu verstehen sind . Im ersten Teil wird das Einströmen des evangelischen Glaubens in das Land ob der Enns dargestellt, die Geschehnisse der großen Welt mit all iluen Auswirkungen auf einen kleinen Ort reflektiert bis zum Toleranzpa tent. Der folgende Abschnitt beschäftigt sich mit an Details reichen Geschehnissen der Reformation und der Gegenreformation in Steyr. Gerade am Beispiel der Eisen- stadt kann man das Schicksal der evange- lischen Glaubensbewegung am besten ver- fo!o-en. Der frühen Aufnahme des neuen Gl~ubens in Steyr, bedingt durch die weit- reichenden Handelsbeziehungen und das Studium von Bürgerssöhnen an auswärti- gen Universitäten, der raschen Hinwen- dung des Steyrer Bürgertums zur remen Lehre und dem Rückschlag am Ende des 16. Jahrhunderts folgte eine katholische Periode bis 1608. Nach den Zwangsmaßnahmen gegen protestantische Steyrer Ratsherren in Linz kamen die Einsetzung emes Katholiken als Stadtschreiber und eines Katholiken als Rektor der Steyrer Schulen. Beide Institutionen, Magistrat und Lateinschule, waren bisher Bastionen des evangelischen Glaubens gewesen. Bis 1624 folgte wieder eine protestantische Zeit, bis dann die brutale Niederschlagung der Bauern und die harte Gegenreformation die katholi- sche Seite wieder an die Macht brachte. In dieser Exposition konnten Teilgebiete und Themen, wie die drei Bauernaufstän- de, die durchwegs religiöse Ursachen hat- ten, das für die damalige Zeit äußerst berühmte Schulwesen Steyrs , das Wirken der evangelischen Predikanten und Schul- meister, dann das der Kapuziner und Jesuiten, die Maßnahmen der baynschen Besatzung unter Graf Herberstorff, die rigorosen Aktionen der Gegenreformat10n gemäß des Willens des Landesherrn, gip- felnd in der Auswanderung von 228 Stey- rer Familien, nur angerissen werden. Das Thema Reformation und Gegenreforma- tion in Steyr wäre es wert und für viele sicherlich auch interessant, in einem grö- ßeren Rahmen behandelt zu werden. Viele Dokumente des reichhaltigen Stadtarchi- ves . künden, wie manche Papiere auch hier, von den Schicksalen, von dem Leid, dem kurzfristigen Triumph und dem ver- gänglichen Sieg über den Gegner in Glau- bensfragen. Von der Intoleranz gegenüber andersdenkenden Menschen, gleich , ob es Pressionen des protestantischen Rates gegen Mitbürger waren, die dem katholi - schen Glauben treu blieben, oder die herzlose Durchführung von gegerireforma- torischen Befehlen von der katholischen Steyr

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