Amtsblatt der Stadt Steyr 1981/4
Eine machbare Lösung finden In einem sehr engagierten Beitrag formulierte Vizebür- germeister Heinrich Schwarz vor dem Gemeinderat seine Position· in der Diskussion um den Weh,rgraben. Wir zitieren aus seiner Rede: . Meine Damen und Herren des Gemeinderates ich glaube, in der heutigen Diskussion ist aus allen Beit~ägert zu entnehmen, daß niemand daran denkt etwas Schlech- tes im Wehrgraben zu wollen. Das, glaub~ ich, kann man allen unterstellen, die sich heute bisher zu Wort gemeldet haben. Ich nehme das auch allen ab. Ich möchte aber doch darauf hinweisen, daß in der Dffentlichkeit - daß das heute nicht zugegeben wird, ist erschreckend - es immer wieder so dargestellt wird, als ob die sozialistische Fraktion die Zuschüttung des Wehrgrabengerinnes be- fürwortet. Das ist nicht richtig, das möchte ich ausdrück- lich betonen. Die Meinung der sozialistischen Fraktion geht dahin, eine machbare Lösung im Wehrgraben zu finden, nur darum gehe es und um sonst nichts. Ich glaube aber, daß man eingangs auch darauf hinweisen sollte, weshalb und warum die Zustände in diesem Gebiet so sind. Die Sanierungsbedürftigkeit und -würdigkeit wird von niemandem bestritten, von allen anerkannt . Es scheint mir aber notwendig, darauf hinzu- weisen, daß die Zustände, die dort herrschen, nicht so, wie sie vielfach hier dargestellt werden, auf Versäum- nisse der öffentlichen Hand zurückzuführen sind, dies ist keinesfalls so. Dieses Gerinne, das mehr als 500 Jahre besteht, wurde zum Zwecke der gewerblichen Nutzung errichtet und die Anlagen haben in der Zwischenzeit vollkommen ihre Aufgabenstellung verloren. Die Be- brd1ebe, die Iruteressenten, die W,ehrgraihenlmmmune - ailiso die ,sei,nerzedtig,en Bes~tzer - halben, so la111ige di,ese Wasserkraft bestanden hat, auch dafür gesorgt, daß die Gerinne entsprechend instand gehalten werden, daß die Einrichtungen, die dafür nötig sind, auch die nötige Wartung erfahren. In ,dem Augenblick .aber, als diese Notwendigkeit für die Wirtschaft nicht mehr gegeben war, hat man sich abgeputzt. Man hat versucht, das Gerinne abzustoßen. Was ist übrig geblieben? Wir haben gezwungenermaßen auch hier wieder zugreifen müssen. Ich darf daran erinnern und glaube, daß sich die damali- gen Besitzer, die damaligen Wasserberechtigten, bei ihren Uberlegungen bei der Abgabe des Gerinnes in keiner Weise Gedanken darüber gemacht haben, daß es sich bei diesem Gerinne um ein Kulturgut handelt oder daß es ll:istor~sche Werte sind. Nur wirtschaftliche Uberlegungen smd im Vordergrund gestanden und nichts anderes. Meine Damen und Herren, das muß auch einmal gesagt sein. Hier wird dann . immer die öffentliche Hand zur Kasse gebeten. Die Gemeinschaft, die Steyrer in diesem Fall, werden gezwungen, und die Vertreter dieser Stadt werden in der Dffentlichkeit schlechtgemacht, l weil sie sich für die Interessen der Gesamtheit der Steyrer ein- setzen, und weil sie nicht einfach Dinge übernehmen, die uns andere übertragen und überlassen haben und sich nicht mehr darum gekümmert haben, was damit über- haupt passiert. Es gäbe viele Beispiele in diesen Be- reichen, ich möchte aber keine anführen, weil sie bekannt sind. Man muß beachten, daß die Maßnahmen, die wir steyr zu setzen haben, solche sein müssen, die im Sinne aller Interessenten vorgenommen werden. Sie müssen aber auch - das muß man auch sehr deutlich darstellen - technisch durchführbar sein und sie müssen auch finan- zierbar sein. Meine Damen und Herren, auf eines möchte ich ganz besonders eingehen. Kollege Sablik hat in seinen Aus- tührungen.d~s Problem im Kern getroffen, denn es geht m erster Lmie um den Menschen im Wehrgraben. Er hat geschildert, wie die Menschen im Wehrgraben derzeit leben. Um diese Menschen müssen wir uns kümmern: Alle _Entscheidungen, die wir zu treffen haben, si,nd nur ·im Smne dieser Menschen zu treffen. Wir haben in der Liegenschaftsverwaltung derzeit 150 Wohnungsansuchen aus dem Wehrgraben liegen. Das ist w~it über ?,em Durchschnitt der Wohnungsansuchen ver- glichen mit anderen Stadtteilen. Diese 150 Menschen suchen andere Wohnungen und es ist unsere Verpflich- tunß, Ihre gena~ so wie meine, und die eines jeden hier herinnen, daß diese Wünsche dieser Menschen die andere Verhältnisse suchen, erfüllt werden. Die M~nschen im Wehrgraben sind gleich denen, die in anderen Stadtteilen wohnen. Uber diese Dinge wird in der Dffentlichkeit nicht ein Wort verloren und überhaupt nichts gesagt. Schlagworte helfen . diesen . sorgenbeladenen Bürgern unser.er Stadt m kemer Weise, das muß ich hier ganz deutlich zum Ausdruck bringen. ich möchte noch auf etwas hinweisen, weil die öffent- liche Hand immer wieder die ist, die überall eingreüen muß. Wie schauen denn die Besitzverhältnisse aus? Auf Seite 18 des Berichtes von Semsrcith/Sackmauer - ich schätze ü~rigens diese Unterlagen sehr, . zwar nicht in allen Bereichen, aber in vielen, denn sie dienen wirklich als echte Entscheidungshilfe - ist angeführt, daß die Steyr-Werke 50,9 Prozent des Grundes besitzen und 30 Prozent übrige private Besitzer, 9,8 Prozent sind im Besitz privatrechtlicher Körperschaften und nur 9,8 Pro- zent des gesamten Wehrgrabengebietes sind im Besitz der Stadt. Hier tut man so, als ob die Stadt in diesem Bereich die Hauptverantwortung trägt? Das muß ich ganz entschieden zurückweisen, weil ich glaube, daß eine Sanierung in diesen Bereichen nur möglich ist, wenn alle betroffenen Stellen, alle privaten Besitzer und die Steyr- Werke gemeinsam mit uns Lösungen suchen und wir gemeinsam diese Lösungen treffen. Die Steyr-Werke sind dazu bereit, das darf ich hier ganz deutlich sagen. Ich habe ein Projekt hier, das bereits am 17. Jänner 1980 von einem Steyrer Architekten ausgearbeitet wurde ltnd im wesentlichen das Projekt Eysnfeld umfaßt. Ich glaube, wir sollten im Eysnfeld besonders einsetzen. Nur glaube ich, wir müssen bei allen Dingen, die wir dort wohnungs- mäßig verbessern, diese so durchführen, daß sie auch von den Menschen angenommen werden. Utopische Vor - stellungen haben keinen Sinn, wenn jemand sagt, das ist so, die Leute gehen gerne hinunter usw. Das stimmt nicht! Es muß die Wohnung zunächst entsprechend her - g~richtet sein und es muß die Umwelt passen. Wir haben mchts davon, wenn wir dort etwas machen, wenn wir das nur für fünf oder sechs Leute tun in Steyr. Wir wollen, daß der Wehrgraben Leben erhält, und dieses Leben ist 11:ur dar:in mö~lich, wenn die Voraussetzungen dort so smd, w1~ es die gr<?ße Masse der. Wohnbevölkerung in Steyr wunscht. Das 1st das Entscheidende. Die Gemeinde. Steyr ist die einzige Einrichtung in der letzten Zeit ge~esen, die im Wehrgraben etwas getan hat. Es wären keme Neubauwohnungen unten, wenn nicht die GWG der Stadt Steyr 100 Wohnungen dort errichtet hätte und das Gebiet wäre noch viel menschenleerer als es heute der Fall ist. ' Eines muß ich auch sagen, wenn das OKA-Projekt nur so in den Raum geworfen wird und ohne HintergI"Ulld ist, da,nn :s:ollen sich die Leute heute noch davon diJst,anz:ieren, wenn es aber -e!inen Hintergrund hat und wenn wirklich etwas daran ist an diesen ,Projekten, dann wird auch das beweisbar sein, was hier vorgeschlagen wird. Es wird ohne weiteres möglich sein, daß wir uns finden und daß wir diese Lösung dort gemeinsam treffen. Aber einfach etwas ~inausposa~nen und nicht dazu zu stehen, das geht auch mcht. So emfach kann man sich die Dinge auch nicht machen. Wir Sozialisten nehmen diese Vorschläge ernst, und wir hoffen, daß wir diese Projekte, die hier zur Diskus- slfön igeste1lt w:uvden, aucll verwi'nk!lichen können :im Sinne ei!ner positiven Ents:cheLd'lllrl,g 1m WehrJgraiben." 7/119
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