Amtsblatt der Stadt Steyr 1981/4

B ei der Diskussion um den Wehrgra- ben haben die Hinweise der Fach- eute auf die Schwierigkeiten einer Kanalverlegung im Gerinne entscheiden- des Gewicht. Bei einer Verlegung des bis zu einem Meter Durchmesser dimensio- nierten Rohres in die schmale Fabriks- straße können auf weite Strecken keine Bagger eingesetzt werden, weil zwischen den Häusern der Schwenkbereich nicht vorhanden ist. Wie teuer die Handarbeit als Eratz für Arbeitsmaschinen kommt, ist im voraus für eine verbindliche Kosten- schätzung kaum kalkulierbar. Dazu kommt, daß bei einer Verlegung außer- halb des Gerinnes die Kanalkünetten ver- mutlich über weite Strecken in Konglome- ratfelsen eingebracht werden müssen. Die Auswirkungen der Erschütterung durch Arbeitsmaschinen beim Abschremmen des felsenähnlichen Gesteins auf die Bausub- stanz der schwach fundierten mittelalter- lichen Häuser sind nicht vorhersehbar. Selbst bei kostspieligen Sicherungsmaß- nahmen muß die Stadt, die für alle im Zuge des Kanalbaues auftretenden Schä- den voll haftbar ist, mit derzeit nicht zu beziffernden Schadenersatzansprüchen rechnen. Ein Ausweichen mit dem Kanal- ~\rang in Richtung Reiche Steyr und Uberwasser ist sehr kostspielig, da die vom Norden dem Wehrgraben (jetzt Vorfluter) zufließenden Kanäle unter dem Gerinne bis zum neu zu errichtenden Sammler geführt werden müssen und die derzeit je Haus einzeln vorhandenen Einmündun- gen in kleinen Nebensammlern in der Fabrikstraße zusammengefaßt und dem Hauptsammler zugeführt werden müßten. Beim genehmigten Projekt reicht die Tiefe des Gerinnes für eine Verlegung der Roh- re auf das bestehende Flußbett. Wird der Kanal unter das Gerinne verlegt, wie im Hinblick auf das angekündigte OKA-Pro- jekt angenommen wird, muß für Rohrdi- mensionen von 1,35 Meter mindestens 1,50 Meter unter die Sohle des derzeitigen Gerinnes gegraben werden. Damit ist aber Gefälleverlust gegeben, das heißt, die aus demWehrgrabenkanalkommendenAbwäs- ser müßten oberhalb des am Ortskai situier- ten Sammlers hochgepumpt werden. Nach Die Schwierigkeiten einer Kanalverlegung im Wehrgraben Eine Kanalverlegung außerhalb des Gerinnes ist besonders im Bereich Fabrikstraße mit größten Schwierigkeiten verbunden, weil zwischen den Häusern der Schwenkbereich für die Bagger nicht vorhanden ist. 6/ 118 dem genehmigten Projekt ist eine Fließ- strecke bis zum Pumpwerk Lauberleite gegeben. Ein Bauwerk von der Dimension des geplanten Wehrgrabenkanals , der die Abwässer des Gebietes auch von Sierning und Aschach nach Steyr ableiten soll, wird begehbar sein. Liegt der Kanal unter dem offenen Gerinne, können die etwa alle vierzig Meter notwendigen Kontroll- schächte nicht wie Türme aus dem Gerin- ne herausragen. Die Zugänge müssen unterirdisch seitlich herangeführt werden. Darüber hinaus ist bei offenem Gerinne eine sehr sorgfältige (kostspielige) Abdich- tung der Wehrgrabensohle erforderlich, weil ansonsten ein Großteil des fließenden Wassers in den verfüllten Kanal -Künetten versickern würde. Der finanzielle Mehr- aufwand wäre hier sehr hoch. Schwierig ist bei einer Verlegung unter dem Gerinne auch die Regenentlastung des Kanals. Da- mit die Durchflußöffnungen für das Ab- wasser geringer gehalten werden können, schafft man im Kanalbau für den Fall starker Niederschläge Überläufe, aus de- nen extreme Niederschlagswässer abflie- ßen. Unter dem Gerinne liege~_de Kanal- stränge kann man nicht mit Uberläufen für die Niederschlagswässer versehen. Da- her müssen in einem solchen Fall die Kanalrohre wesentlich größer dimensio- niert werden, damit sie auch die extremen Regenwässer aufnehmen können . Das be- deutet in der Praxis gewaltige Mehrkosten und eine Verschärfung der technischen Probleme. Zu den Aussagen, die fachlich nicht kompetente Personen leider immer wieder machen, zählt auch die Behauptung, eine Trockenlegung des Gerinnes würde Aus- wirkungen auf die Fundamentierung von Gebäuden haben . Der technische Sach- verständige des Amtes der oö. Landesre- gierung (also kein Beamter des Magistra- tes) hat in der Niederschrift der Wasser- rechtsbehörde vom 20. April 1972 bereits sehr ausführlich begründet, warum solche Auswirkungen nicht anzunehmen seien . Im übrigen haben auch die Vertreter der Wehrgrabenkommune, die die Verhält- nisse aus jahrzehntelanger Erfahrung ge- nau kennen, ebenfalls die Zuschü ttung beantragt, wohl im Wissen, daß das Ge- rinne dicht ist und daher schädliche Beein- flussungen nicht zu erwarten sind. Aufgra- bungen, die vom Stadtbauamt vorgenom- men wurden, haben ergeben, daß Tiefbau- gruben - oft nur einen Meter neben dem Gerinne - völlig wasserfrei geblieben sind. Außerdem: Sollte sich im Zusammenhang mit dem OKA-Projekt eine Kanalverle- gung unter offenem Gerinne ergeben, müßte natürlich auch bei dieser Art der Verrohrung der Kanal monatelang trok- kengelegt werden. Die befürchteten Schä- den an Fundamenten durch allfällige Grundwasserabsenkung würden ebenso auftreten wie im Falle einer Zuscbüttung des Gerinnes. Die hier angeführten Schwierigkeiten einer Kanalverlegung im Wehrgraben - sie sind nicht vollständig aufgezählt - sollen als Hinweis verstanden werden, wie die Praxis für jene aussieht , die Verant- wortung tragen und Projekte zur Zufrie- denheit aller Betroffenen realisieren müs- sen. steyr

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