Amtsblatt der Stadt Steyr 1981/4

gegenteilige Problem. Will man sich auf diesen einseitigen Aspekt beschränken, ist es ei.µ sehr gekonntes Stück. F. J . Heinrich versteht sich auf sein theatralisches Hand- werk. Er behandelt das ernste Thema nicht tierisch ernst. Durch paradoxe Über- spitzung bringt er uns zu befreiendem Lachen und ermöglicht somit einen ur- sprünglichen Zugang zum eigentlich Tra- gischen. - Franz Weismann in der Rolle des schuldtragenden Kindererzeugers spielt den geschundenen Menschen als traurigen Clown mit starkem pantomimi- schen Ausdruck. Helmut H. Ecker in der Rolle des mahnenden Zeigefingers ist ihm ein ebenbürtiger Partner. Dazwischen ein- gestreute Diaprojektionen von anklagen- den Kinderaugen und leeren Tellern auf gedecktem Tisch wirken emotional ver- stärkend, stellen sich aber der streng durchgezogenen Beschränkung auf not- wendigste Spielelemente in den Weg. ,,Der Zoo", schon vielfach publikumser- probt, läßt verschiedene Auffassungen zu. Vordergründig politisch handelt es von der Auslöschung des Individuums durch brutale Gewalt, Gehirnwäsche, Psychoter- ror : Praktiken, wie sie uns aus totalitären Staaten bekannt sind . Auf uns bezogen ge ht es um den Untergang des Individuali- sten, der die Wahl hat, sich dem Diktat der Masse durch totale Aufgabe seiner selbst zu unterwerfen oder erbarmungslos ,, aufgefressen" zu werden. Die Gemein- schaft zum Wohl des einzelnen erweist sich als Illusion, ja als existenzbedrohende Gefahr. - Zwei Männer, A und B, lederbe- kleidet, bestiefelt, mit Peitsche und Tril- lerpfeife ausgerüstet, dringen in eine Woh- nung ein und stellen schwarz verkleidete Käfige ab: den Zoo. Der Eigentümer der Wohnung, der Mann C, ein etwas schrul- liger Beamtentyp, wird auf demütigende Weise gezwungen, unwürdigste Dinge zu sagen und zu tun. Sein letztlicher Wider- stand bedeutet sein Todesurteil: die Rat- ten (?) werden aus den Käfigen gelassen, Raubtiergebrüll .. . langanhaltendes Todesschreien. Der Gepeinigte geht als moralischer Sieger hervor, er wird von seinen Peinigern im stillen beneidet. - In knappester Dialogführung werden die Mechanismen der gewaltsamen Anpas- 241136 sung durchgespielt, keine Geste bleibt dem Zufall überlassen. R. Höllerbauer (A) als der Befehlsgeber beherrscht alle Nuan- cen des kalten Zynismus. Helmut H. Ecker (B) überzeugt als blindgehorsamer Mus- kelprotz mit einem Schuß guten Kern. F. Weismann ist identisch mit dem linkisch- hilflosen Einzelgänger, der sich in letzter Johanna KOCZI- AN rezitierte im Melodram „Das Rotkehlchen ': ein Stück, das von Frieder Meschwitz nach der Christus- Legende von Selma Lagerlöf gestaltet wurde. Das Kam- merorchester der Stockholmer Phil- harmonie bot im Stey rer Stadtsaal auch noch Werke von Cimarosa und Mozarl. Frau Koc- zians Vorlrag und die Leistung des Orcheslers hinter- ließen einen liefen Eindruck. Minute zum Menschsein bekennt. - Ein anstrengender, intensiver Theaterabend, der einen nicht widerspruchslos entläßt. Um so mehr wünschte man sich, daß die Steyrer (wo blieb die Jugend?) verstärkt ins Alte Theater gingen, dort wird Neues Theater fast schon zur Tradition . Es lohnt sich. M. Kr. Glanzvoller Kammermusikabend Das Gastspiel des Kurpfälzischen Kam- merorchesters Mannheim am Dienstag, 17. März, veranstaltet vom Kulturamt der Stadt Steyr, wurde ein festliches Ereignis für Freunde und Liebhaber klassisch-ro- mantischer Musik. Der wunderbare Rah- men des Alten Theaters ergänzte den hervorragenden Gesamteindruck aufs be- ste. Wolfgang Hofmann , seit 1959 Leiter des aus 14 ausgezeichneten Musikern be- stehenden Ensembles, erwies sich als pro- fund er Kenner kammermusikalischer Li- teratur. Die Genauigkeit, Stilsicherung s~iner Interpretation , die überzeugende Ubereinstimmung zwischen Dirigent und Streichern, der dynamische Vortrag aller ausgewählten Werke waren Ergebnis ge- wissenhaftester Vorbereitung, ihre Folge mustergültige Präzision ohne Effektha- scherei in solidester Weise. Eröffnet wurde mit der Mannheimer Sinfonie in B-Dur des Genius loci Johann Stamitz, dem Begründer der viersä tzigen Sinfonie und bedeutenden Vorläufer der Klassik. Schon hier konnte man den ausgewogenen Klang des Streicherensembles (vier erste, vier zweite Geigen, drei Bratschen, zwei Celli und ein Kontrabaß) bewundern. Die spar- same Gestik des Dirigenten war wohltu- end , doch deshalb nicht weniger eindring- lich. Für das Violinkonzert in G-Dur von J. Haydn, HV VIIa Nr. 4 vom Jahre 1769, konnte Karl Heinz Franke, Konzertmei- ster des Mozarteum-Orchesters Salzburg, gewonnen werden. Der Solist, häufiger und stets gern gehörter Gast in unserer Stadt, spielte das melodiöse, der heiteren Muse zugeordnete Werk mit der ihm eige- nen Sicherheit, Klangschönheit und de- zentem Vortrag schlicht und natürlich, wie es diesem Opus zukommt. Konforme Be- gleitung des Orchesters ermöglichte eine klassische Wiedergabe. Mit dem Divertimento in F-Dur, KV 138, von W. A. Mozart vom Jahr 1771 , luftig und schwungvoll gespielt, wurde der erste Teil beschlossen. 0. Respighi , der Großmeister impressionistisch beeinfluß- ter Programmusik und Hauptvertreter der italienischen Spätromantik, hat mit seinen drei Suiten „Danse es arie antiche" prachtvolle Beispiele seiner Satzkunst ge- schaffen. Alte Lautensätze inspirierten ihn zu k-ostbar leuchtenden Gemälden in glän- zendem Orchestergewand. Das Mannhei- mer Orchester interpretierte die vier Sätze der Suite Nr. 3 in G-Dur meisterhaft. Romantischer Ausklang des eindrucks- vollen Konzertes war die Wiedergabe der Holberg-Suite von E. Grieg. In deutsch- romantischem Geist geschult, hat Grieg durch Bevorzugung seiner heimatlichen Volksmusik köstliche Werke mit ganz per- sönlicher Eigenart geschaffen. Die Suite „Aus Holbergs Zeit", op. 40, ist eine weit bekannte Probe davon. Die Mannheimer Gäste musizierten die fü nf Sätze brillant. Es gab reichen , begeisterten Beifall. J. F. swyr

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