Amtsblatt der Stadt Steyr 1981/4
Kultur- Andorra, oder wir waschen unsere Hände in Unschuld Mutige Bearbeitung des Stückes von Max Frisch durch die Bühnenspielgruppe des BG Steyr G leich zu Beginn drohte ein dienst- habender Wachebeamter, die beiden „Stänkerer" vor die Tür zu se tzen . Sie kamen aus dem Publikum und spie lten ihre Rolle so überzeugend, daß er nicht wissen konnte , zwei Personen der Hand- lung vor sich zu haben. Sie zögerten kurz, bahnten sich aber mutig - nicht ohne leises inneres Tri umphgefühl - den vorge- sehenen Weg auf die Bühne: Was konnte Laienspielern Schöneres widerfahren als ein unvorhergesehenes Einschreiten der Amtsgewal t? Auch die Zuschauer schie- nen anfangs etwas verwirrt; meinten sie doch , ihr Andorra im Kopf zu ha ben , was wollte da z. B. ein Conferencier , der sich anmaßte , die Fäden der Handlung in Händen zu halten? Darf man denn mit einem Stück machen , was man will? Was würde denn Max F risch dazu sagen? Ein bisserl eigenmächtig sind sie schon, die jungen Leut! - Man beruhigt sieb und begreift: H ier wurde zu einem Stück Welt- li tera tur eige nständiger Zugang gesuch t, das „Himmelhochj a uchzendundzutodebe- trübtsein" der jungen Spieler schöpferisch verdichtet, jedoch kein Einfall nur um des Effektes willen erd acht. Eine so flexible und einfühlsame Regie ist für ein Schüler- thea ter erstrebenswert und durchaus legi- tim ; sie ermöglicht dem Schüler, Emo- tionen „spielend" zu bewältigen, sich st u- fenweise an e inen großen Stoff hera nzuta- sten bis zur größtmöglichen Identifikation mit Text und Figur. Auch entgeht man leichter d em sich aufdrä ngenden Ver- gleich mit e iner professionellen Auffüh- rung. Das Proben ist so wicht ig wie die Premiere. - Andorra, ein Modell für eine grausame Welt, wo ein vermeintlicher Jude am ei ngefleischten Vorurteil seiner Umwelt zugrunde geht, ist geradezu „das" Thema für junge Menschen, um sich a uf- zubäumen gegen schreiendes Unrecht, das täglich geschi eht und überhört wird. An- dri , der solange in die Rolle d es Außensei- ters getrieben wird, bis er in paradoxer Überspitzung jener wi rd , zu dem man ihn stempelt, sp ie lte M. Kerschner traum- wandlerisch richtig, mit ni cht erlahmender innerer G lut ; er hat jene Ausstrahlung, di e über die Rampe geht. Alle Spieler fanden zu ihrem eigenen Ton und überwanden die Schwierigkeit, sich in die nächste Ge- nera tion hineinzuve rse tzen. Ein zynischer Soldat, ein Lehrer in se iner Gewissens- qual , ein ve rtraulicher Wirt mit dem Jar- gon eines Herrn Karl , eine dezente Seno- 22 / 134 ra . . . Und wie gesagt: ein souveräner, sehr musikalischer Conferencier. Und noch viele andere : ein eindringlicher Trommler, eine Klavierspielerin, zwei Geiger, zwei Techniker, zwei Verfasser eines informativen Programmze ttels, min- destens ein Fotograf, ein fliegender Repor- ter .. . Die beiden a nti a utoritären Regisse ure Renate Tomani und Josef Preyer überlie- Noras Puppenheim Mit dem Stück „Ein Puppenheim" (,, Nora'') von Henrik lbsen gastierte am 11. März das Wiener Burgtheater im Rahmen der Arbeiterkammer-Aktion „Bundesthea- ter in die Bundesländer" im Stadttheater Stey r. Es war eine großartige Aufführung mit erstklassigen schauspielerischen Lei- stungen. Maresa Hörbiger (rechts im Bild) faszinierte als Nora. Im Bild unten eine Szene mit Erich Aberle (Rechtsanwalt Krogstad) und Hehna Gautier (Fra u Lin- de). Foto : Hausmann ßen wesent liche Aufgaben der Eigenver- antwort lichkei t der Schüler. Drei bestens besuchte Aufführun ge n brachten das ver- diente Echo und die Gewißheit eines ge- lungenen Experiments. M. Kr. DAS OÖ. JAGDMUSEUM SCHLOSS HOHENBRUNN hat seine Pforten wieder geöffnet und ist bis 31. Oktober täglich (ausgenommen Montag) von 10 bis 12 und 14 bis 18 Uhr zugänglich. In dieser Saison präsentiert das Jagdmuseum neue Expo- nate, darunter ein l 7teiliges Porzellanser- vice Nymphenburg mit Jagddekor nach Ridinger, eine Bisquitporze llangruppe Alt-Wien 1855 „Kaiser Franz Joseph I. in Jagdkleidung mit Kaiserin Elisabeth", eine Pulverflasche aus 174 ! , wertvolle Jagdbücher und Trophäen. Steyr
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