Amtsblatt der Stadt Steyr 1981/2
Kultur- Alexander J enners virtuoses Klavierkonzert re Verhalten des Gnoms wird dem ge- spannt Zuhörenden mit eindringlichen Klangeffekten und harmonischen Disso- nanzen sowie rauschender Akkordfülle vi- suell sichtbar gemacht. Dieser Gesamtein- druck ist vor allem der brillanten Gestal- tung durch den Künstler Jenner zu dan- ken. F ür das 4. Jugendabonnement am 20. Jänner im Stadtsaal Steyr, veran- staltet vom Jugendreferat der Stadt Steyr, · konnte der weltbekannte Wiener Pianist Alexander Jenner gewonnen werden . Es erscheint überflüssig, den Künstler, wel- cher schon des öfteren in unserer Stadt sein pianistisches Können unter Beweis stellte, seinem Publikum erneut bekannt zu machen. Bleibt also nur der Kommen- tar zu seinem diesmaligen Programm und dessen Interpretation. Gleichsam zum Einspielen hörten die zahlreich erschiene- nen Freunde erlesener Klaviermusik - die Jugend war vorherrschend - das dritte der vier Impromptus, op. 162, DV 935 in B-Dur aus dem Jahre 1827 von Franz Schubert. Dieses in der Variationenform gehaltene Fantasiestück, beglückend vor- getragen, bestätigte erneut den Solisten als exzellenten Schubert-Interpreten. Pianistischer Höhepunkt des Abends war zweifellos die Wiedergabe der 32 Variationen über ein Thema von Paganini, op. 35 , von Johannes Brahms. Beim Anhö- ren dieses 1866 komponierten Werkes ist man im Zweifel, was mehr zu bewundern ist: die ideenreiche, mit allen noch spiel- baren technischen Schwierigkeiten gepick- te , trotzdem in sich geschlossene Kompo- siti c n oder die phänomenal virtuose Dar- Jazz mit den Red Hot Pods Am 16. Jänner 1981 spielten die „roten weißen Pfefferschoten" aus Wien im Stadtsaal. Die hervorragend eingespiel- te Old-time-Formation glänzte im Kol- lektivspiel ·und in den Solodarbie- tungen durch hohe Musikalität und techni sches Können . Eine prächtig singende Rhythmus- gruppe, bestehend aus Lothar Reich- hold (Klavier), Erwin Frassine (Banjo) , „Bibi" Libowitzki (Baß) und Helmut Schneeweiß (Schlagzeug) , unterstützte die Bläserfrontlinie mit Claus Nemeth (Klarinette, Mundharmonika) , Harry Jirsa (Posaune) und Dieter Bietak (Trompete) vorzüglich. New-Orleans- und Dixieland-Jazz, Blues und Boogies standen auf dem Programm, welches mit großer Spielfreude und nicht ohne Humor dargeboten wurde. HAT 20 / 64 bietung des Interpreten. Jermer verdient dafür nur Superlative ohne übertriebenen Enthusiasmus. Nicht minder großartig war nach der Pause die Gestaltung der Suite „Gaspard de Ja Nuit" von Maurice Ravel, 1908 entstanden. Dieses Werk, zu dem RaveJ durch drei Prosaballaden des französi- schen Romantikers Aloysius Bertrand in- spiriert wurde, steht am Ende seiner im- pressionistischen Periode. Diffizile, ge- heimnisvolle Klangwirkungen tragen den ersten Teil , das Märchen von „Undine", der verführerischen Nixe. ,,Le Gibet", der Galgen, bildet das Mittelstück, dessen dä- monisch-düstere Vision um den schau- rigen Klang der Totenglocke kreist. Mit „Scarbo", dem boshaften Zwerg, schließt die eindrucksvolle Suite. Das skurril -bizar- Mit den virtuos-glanzvollen „Mephisto- Walzer" beschloß der Solist den offiziellen Vortrag. Es ist die zweite Episode zu Lenaus „Faust", welche Franz Liszt 1861 original für Orchester geschrieben hat. Die Klavierfassung ist nicht weniger ein- drucksvoll. Alexander Jenner bewies vor allem mit diesem Stück seine virtuose Gestaltungsfähigkeit und Präzision, wel- che der Grenze des noch möglichen ziem- lich nahekommt und bei allem Tempera- ment und Ungestüm in manchen Passagen die lyrische Kantilene nicht vernachlässigt. Der stürmische Beifall der begeisterten Zuhörerschar beruhigte sich erst nach vier Zugaben: Notturno c-Moll von Chopin, Impromptu Es-Dur von Schubert, der Toccata von Prokofieff und einer Sonate in C-Dur von Scarlatti. J . Fr. Von der kleinen Freiheit zur großen Hoffnung Die Galerie Schnittpunkt zeigt Ergebnisse eines Zeichen- und Malkurses in der Strafvollzugsanstalt Garsten U ngewöhnliches im Steyrer Galerie- betrieb. Wohliges Gefühl des Be- trachters , in gehobener Galerieatmosphä- re durchaus legal etwas Gefängnisluft zu schnuppern, mit dem Fernglas die Welt der Gi~terstäbe zu durchdriµgen , ein biß- chen Voyeur sein zu können: angenehmer Schauer derer, die außerhalb stehen, Schwierigkeit aller, sich mit jenen hinter den Mauern solidarisch zu fühlen. Viel- leicht gelang dem Kunsterzieher Prof. Wolfgang Kodada im Laufe vieler Wo- chenstunden eine Näherung. Die Erzie- hung geschah sicherlich auf beiden Seiten. - Wie wichtig, ja (ü ber)lebensnotwendig die Möglichkeit der Kommunikation mit einem „normalen" Menschen des täg- lichen Lebens für den Häftling ist, erfah- ren wir aus den einführenden Referaten __von Ministerialrat Dr. Mann und dem Anstaltspsychiater Dr. Teufel. Die eintö- nige Umgebung, der Mangel an emotiona- ler Zuwendung beeinträchtigen die sprachliche Ausdrucksfähigkeit , sind Ur- sache für Depression und Krankheit. So gesehen können aktive Freizeitbeschäfti- gungen, wie Bildnerische Erziehung, Strohhalm, Rettungsanker bedeuten. Es haben viele am Zustandekommen dieser Ausstellung mitgewirkt: eine verständnis- volle Anstaltsleitung, ein initiativer Kunst- erzieher und Graphiker, der originelle Ideen stets einer verblüffend einfachen und schönen Lösung zuführt, ein Lehrer, der menschlich und künstlerisch zu geben vermag; Gefangene, die ihr Mißtrauen abbauten, um sich einen kleinen schöpfe- rischen Freiraum aufzubauen ; und schließlich die Galerie Schnittpunkt, die als erste in dieser Richtung Offentlich- keitsarbeit leistete. - Die Exponate ent- sprachen großteils den gestellten Erwar- tungen: Selbstdarstellung und Abbild der erzwungenen Umgebung. Fein säuberlich gemalte Gesichter, erschreckend in ihrer Gleichförmigkeit, meist blicklos, weil hinter Brillen versteckt - Gesichter wie austauschbare Nummern. Die Zellen wie- derum verschieden: die eine grau und spartanisch, alle Kanten mit Lineal gezo- gen, die Gegenstände auf ihre Funktion abstrahiert, kein noch so kleiner Hinweis auf einen persönlichen Bewohner ; die an- dere mit fotografischer Genauigkeit liebe- voll aquarelliert, eine pedantische Be- stand saufnahme jedes Details, aUes hat seinen Platz, gerne möchte man an diese Id ylle glauben . - Verschiedene Techniken swyr
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