Amtsblatt der Stadt Steyr 1980/12

Einklang von Wort und Musik: Dora Dunkl und Augustinus F. Kropfreiter. Foto: Hart ,, . . . ich möchte wohnen in deiner geschlossenen Hand" nac h Gott, dem e in zige n Richter : Seelen- zustand ein es Dichters, der in ge isti ger Umnachtun g end ete . Dora Dunkl ging hi e r bis a n d ie Grenzen menschlichen Nachemp findens und hi e lt den sprech - technischen Anfo rd eru ngen überlegen stand. Auch die Orge l tra f unsere -~mp- findlich sten Ne rven , rührt e an die Uber- gä nge vo n Sinn und Wa hnsinn. Ein beglücke nd er Abe nd des Einkl anges von Wort und Musik, der im jährlichen Veransta ltungs ka lend er se inen gültigen Platz einge nommen hat. Das za hlreich e rschienene Publikum dankte herzli ch . M. Kr. Fo rtse tzung von Seite 17 ni e rt mit ÖKODATA, es fehlen weder Waffe ngeschäft e noch ewig-junger Neofa- chi smus - di e Emanzipationsklage wird a ll e rd in gs ausge lassen , bravo 1 Wie gesagt, ma n sollte ni cht alles unter den knappen Hut e in es Titels bringen woll en , sonst kön nte sich ein Pendant zum Ausruf „Achtun g Th emenverfehlung '" hinreißen lasse n. Wie sie j edoch an A ltbekanntes heran- ge hen, ist neu und er fri schend , wirklich witzig und - was nicht le icht ist - sehr ös te rreichi sch. Fran z Prieler, der Mann, d er die Gruppe „zusammenhält", macht es e in em schon vom Typ__ her leicht, ihn und sich mit ihm a ls Osterreicher zu id entifizieren . Sein „Ha usmeister" ist ein kaba rettisti sches Gus tostückerl, er spielt in der Kerbe des Soziali sten mit National- sto lz, se iner Ha ltung nach ein kleiner Herr Ka rl , im Ton leicht raunzerisch so wie Hans Mose r, in der Dikti on angenehm weitschweifig und räsonierend wie eine Roma nfigur a us der Strudelhofstiege . Ro- land F ische r ge lingt es zuweilen, Wilhe lm Busch'sche Ka rikaturen a uferstehen zu lasse n, z. B. einen Lehrer Lämpel mit leicht durchgebogener Silhouette und spit- zem Zeigefinger. Eva Fischer li egen eher j ene Töne, wo de r kabarettistische Spaß in Ernst umsc hl ägt , wo mit erh obenem Zei- ge finger a uf Mißstände hingewiesen wird. Roland Körne r, dem Mann am Klavier, gera ten glä nze nd deutsche Biedermänn- li chkeit und p eudowissenschaftlicher Re- deschwa ll . Die Gruppe ist gut aufeinander einge- s pi e lt, vo r a ll em im Zusammenspiel der Kö rpersprache; musikali sch ist nur eine begrenzte Verstä ndigung möglich, Lieder und Songs sind scharf getrennt vom nur tex tlichen Tei l. Man wünschte sich aber e in lneina nd erübe rgehen von Text und Musik, sie so llten einande r den Ba ll zu- s pielen. All e vier Akteure erarbeiten ihre Num- mern se lbst und befolgen somit den ersten G rundsa tz guten Kabaretts, sie haben a lle Chance n a uf Lebensfähi gke it. M. Kr. U ngeachtet a ll e r literarischen Moder- ni smen nimmt es Fra u Dunk l immer wiede r auf sich, ihre Stimme und ihre ga nze Persönlichkeit einzusetzen für die ze rbrechli che Bo tschaft lyri scher Worte: ,, ... le ise r wird ni chts verkünd et. " Wenn wir uns diese r Botscha ft öffn en , gewinnen wir für eini ge Momente , in ei nem kurzen Aufl eucht en, Ei nsicht en in Wesentliches, fü gen sich unse re bruch stückhaften Er- kenntni sse zu e in em Ganzen. - Dora Dunkl bega nn mit Walther von der Vogel- weide, dem umstritt enen Minnesänger, sie ze rschlug das Klischee vom Fiedl er im lockigen Haa r, ze igte ihn auch a ls Politiker von hohem Ein fluß a uf Kirche und Staat. Sparsam und eindringlich s pielte A. F . Kropfreite r a n der Orge l. Se in e einfühl- samen Improvisati onen dienen dem Wort als Unterstützu ng, Steigerung, Erhöhung, sie spi e len sich nie in den Vordergrund. Besond e rs geglück t e rschien sein Einfall zu ,.U nter der Linde. a uf der He id e ... tan- da radei ". Dieses „Tandaradei" ha tte es ihm ange tan , e r variierte es in voll en Zügen, la utma le ri sch , tä nd elnd_, sehr duftig, er e rko r es schließli ch zu se inem Leitmotiv und beendete mit ihm das letzte Gedicht der Lesung. Die beiden Künstl e r sind so gut aufeina nder ein ges timmt, daß es nur manchm a l e ines kurzen Bli ckes der Ver- ständigun g bedarf. Di e Auswa hl der Ge- dichte über d ie J a hrhunde rte hinweg traf D. Dunkl nach dem G efühl , so wie sich e ins zum anderen fügte , es sind di e ewig- gülti gen Themen der Poesie: di e Suche nac h Wahrheit, nach dem Sinn des Lebens, di e Suche nach dem verstehenden Du , nach Geborge nheit, die schrecklich e Ein samk eit , und über a lJem die Liebe. Wirklich aufrege nd waren einige Frag- mente aus Fried ri ch Hölderlins Spätlyrik, Sprachfetze n, e in verzwe ife lte r A ufsc_hrei Vom Treten und Getretenwerden 18/ 430 Peter Handkes stummes Spiel „Das Mündel will Vormund sein" im Alten Stadttheater A ls Zuscha uer mußte man erst einmal lernen , Still e ertragen zu könn en. Auf der Bühne sit zen einander zwe i Menschen gege nüber, wo rtl os , einige Minuten lang, e in e inte nsive Still e, die immer näher an uns herankri ech t, bi s wir bloßge legt sind, a uf un s a lle in ges te llt. Wir sind es ni cht gewöhnt , le ise, so nst ni e gehö rte Gerä u- sche wahrzu nehmen , a ll zu eilfertig füllen wir eine bedrohliche Stille - mit F üllwör- te rn. Handke schri eb dieses Stück a ls Aus - druck se in es Mißtrauens gegen die Spra- che, in ein e r Zeit der Meinungsfabrikation ' und des manipuli erten Sprachgebrauchs. Ebenso pro tes ti e rt er gegen das traditio- nell e Th ea ter, das uns ein e Scheinwelt vorga ukeln will , e r se tzt ihm ein Antithea- ter entgegen, in dem alltägliche und bana- le Vo rgänge bi s an die Grenzen des Uner- trägli chen a usgeweitet werden , um an den Wurze ln un se re r men schli ch en Existenz zu rühren. - Das Thema des Spieles ist so a lt wie die Menschheit: de r Mechanismus vo n Gewa lt und Un terwerfung, der Machtkampf zwischen Herr und Knecht a ls G rundmu ter menschlichen Zusam- menl ebens. Di e einzelnen Situationen we rden unter vöLligem Verzicht aufs Wort, nur mit den Mitteln der Pantomime dar- ges te llt. Zum Beispiel: Das Mündel ißt ein en Apfel; a ls es einen zweiten essen will , genügt ein strenger Blick des Vor- mund es, daß ihm der Bissen schockar tig Steyr

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2