Amtsblatt der Stadt Steyr 1980/10
D as Alte Stadttheater war ein wür- diger Rahmen für ein Konzert, das am 18. September das „Wie- ner Ensemble für alte Musik" im vollbesetzten Haus an der Berggasse gab. Die hohe Musikalität aller Mitwirken- den wurde in jedem Vortrag hörbar, die Vielseitigkeit jedes einzelnen -dokumen- tierte der Einsatz der verschiedensten In- strumente. Da es sich durchwegs um zeit- gemäßes Instrumentarium aus der Zeit des 14. und 15 . Jahrhunderts handelte, konnte man einen konstruktiven Eindruck vom Musizieren und Singen dieser Zeit gewin- nen. Das überaus sorgfältig abgestimmte Ensemble erwies sich als Gemeinschaft ebenbürtiger Künstler. Maria Höller er- freute mit ihrem feinen, zarten Sopran bei klarer Aussprache und solider Atemtech- nik. Mircea Mihalache bot eine staunens- werte Leistung im Falsettieren. Klaus Walter war in den wenigen Gesanonum- mern ein solider Bariton, seine Stärk~ aber Musik aus Österreichs Vergangenheit zeigte er in wunderbarem Lautenspiel. Michael Walter bestätigte seine Meister- schaft beim Blasen des Zink, der Zugtrom- pete und der Zugposaune. Eca Brunner imponierte durch gemütvolles Spiel auf der Fiedel und der Gambe. Khosro Solta- ni machte die Zuhörer mit der Drehleier bekannt und bewährte sich außerdem als Bläser von Rohrblattinstrumenten. Helge Stiegler schließlich fügte sich mit verschie- densten Instrumenten wie Blockflöte, Krummhorn, Schalmei und Gambe stil- voll in die Gruppe. Auf dem Programm standen Lied- und Instrumentalsätze aus verschiedenen Lie- derhandschriften sowie Proben bedeuten- der Komponisten aus der Zeit Kaiser MaximiJians I. Mit zwei Liedern von Her- mann Münch von Salzburg (14. Jahrhun- dert), welcher der Nachblüte des Minne- sanges angehört, wurde der Abend eröff- net. Neidhart von Reuenthal (1180 bis 1240), viele Jahre in Wien seßhaft, war mit einem innigen Liebeslied vertreten. Os- wald von Wolkenstein (1377 bis 1445), der bedeutendste Vertreter der Spätzeit des Minnesanges, war Zentralgestalt des er- sten Teiles. Die fünf ausgewählten Vokal- und Instumentalstücke hinterließen stärk- sten Eindruck. Es folgten je ein Lied von Die „Les Men- strels" weckten Sehnsucht nach Musik auf alten In- strumenten.. Fotos: Hartlauer Jean Brassart (15. Jahrhundert) , John Dunstable ( 1380 bis I453), der die Floren- tiner „ars nova" weiterentwickelte und den Weg für die großen Niederländer vorbereitete. Neben Jean Legrant (15. Jahrhundert) hörte man Guillaume Dufay (1400 bis 1474), Domherr zu Cambrai und eigentlicher Begründer der Niederländi- schen Schule. Der zweite Teil war den Großen der Renaissancemusik gewidmet. Klaus Wal- ter spielte zwei Stücke des Lautenvirtuo- sen Hans Newsidler (1508 bis 1563), einem gebürtigen Preßburger. Heinrich Isaak (1450 bis 1517) aus Brügge war einer der größten Musiker seiner Zeit auf dem Gebiet der Kirchenmusik. Die fünf ausge- wählten Werke vermittelten einen nach- haltigen Eindruck von seiner hohen Kunst. Er starb in Florenz als Geschäfts- träger Maximilians am Hof der Medici. Paul Hohaimer (1459 bis 1537), aus Rastatt gebürtig, war der größte Orgel- spieler seiner Zeit und ein vo rtrefflicher Fortsetzung auf Seite 36
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