Amtsblatt der Stadt Steyr 1980/5

stellt - ich danke ihm dafür sehr herzlich - 7 Millionen haben wir aufgebracht und etwa 4 Millionen die Stadt Steyr für die Umgebungsgestaltung. Jetzt haben wir auch dieses Schloß restauriert. Meine Damen und Herren, Sie werden gesehen haben, allein dieses Schloß Lam- berg rechtfertigt, nach Steyr zu fahren. Dann kommt noch die Ausstellung und dann kommt die ganze Stadt dazu, so daß man richtigerweise nicht einmal , sondern mindestens dreimal nach Steyr fahren müßte. Ich glaube, die Ausstellung ist auch sehr gut plaziert in diesem Schloß. Dabei haben wir bei der Ausstellung das Barock ausgesperrt. Wenn Sie durchge- hen, werden Sie nie glauben, daß das ein Barockschloß ist. Barock ist sehr laut und wenn wir diese Ausstellung in die Barock- räume gebracht hätten, dann können Sie mir glauben, würden Sie Barock erleben , weniger aber die Hallstattzeit. Es ist ein eigenartiges Erlebnis , wenig- stens für mich, wenn man aus der Ausstel- lung heraustritt und auf einmal wird man wieder vom Barock umjubelt. Jetzt haben wir die Ausstellung, aber es war nicht leicht, so weit zu kommen, wie wir es sind. Denn wir haben die Ausstel- steyr Stat ue eines nackten, ithyphallischen Kriegers mit kegelförmigem Helm, Halsreif, Gürtel und Dolch. 5. Jh. v. Chr. Original aus Sandstein im Württembergischen Landesmuseum Stuf/gart. lungsstücke aus ga nz Europa zusammen- holen müssen. Warum macht man denn diese historischen Ausstellungen? ... Ein- mal um uns alle daran zu erinnern, daß es eine Vergangenheit gib t. Das vergißt man sehr leicht und wir leben in einer Zeit, die gegenwartsbetont ist, in der man vergißt, daß es vor der Gegenwart etwas gibt und nach der Gegenwart. Die Zeit ist ein Rad - Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft - , und der, der in der Gegenwart lebt, der sieht nur eine Speiche dieses Rades. Wir erweitern unser Bewußtsein , wenn wir uns in diese Zeit hineindenken . Dann ist das, was geschehen ist , ein Teil unseres Be- wußtseins. Nur dann, wenn wir Vergan- genheit anerkennen und respektieren, dann vermögen wir auch in die Zukunft zu schauen . Wir möchten erinnern, daß alles , was geschehen ist, in der Gegenwart einen Niederschlag findet. ... Herr Premiermi- nister Couve de Murville ha t schon ge- sprochen vom Untertitel dieser Ausstel- lung ,Frühform europäischer Einheit' . Ja, das ist fast eine Begründung für die Aus- Diadem aus Cold, Ungarn, 8. Jh. v. Ch r. Detail des Gefäßes aus dem Prunkgrab der „Dame von t /· " v/X . stellung. Das sagt, daß diese Kulturge- meinschaft damals begonnen hat und daß diese Kulturgemeinschaft besteht, daß wir kraft dieser Kulturgemeinschaft europä- isch denken, die gleichen Grundmuster des Denkens haben, die gleichen Wertvor- stellungen und daß dieses Europa nicht im Osten liegt oder im Westen, sondern daß dieses Europa so wie damals Osten und Westen umfaßt, auch das soll diese Aus- stellung zeigen. Die Ausstellung soll uns alle ein bißchen nachdenklich machen. Berührt es nicht eigenartig, wenn man durchgeht , die Waffen sieht und den Schmuck und die Gefäße. Fragen wir uns nicht, wo sind die Krieger, die diese Waf- fen geschwungen haben. und die Frauen, die sich mit den Reifen und Nadeln schmückten? Wo sind die Fürsten und Priester, die aus diesen Gefäßen getrunken haben und wo sind die Götter, die man damals verehrte? .. . Wo sind wir in zwei - tausend Jahren? Hilft uns nicht auch so eine Ausstellung ein bißchen bei der Ein- ordnung von uns selber in die Gesellschaft 9/153

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