Amtsblatt der Stadt Steyr 1980/4
'eiten Republik - Vor 25 Jahren bekam Österreich den Staatsvertrag Hauptstützpunkt war das Schloß vorgese- hen, in dessen Graben ein Granatwerfer aufgestellt wurde. Die Gegend von Wald- neukirchen (Hörmühle) und Aschach an der Steyr wurde als Vorfeld bei einem eventue ll en Kampf um Steyr betrachtet; Steyrer Volkssturmeinheiten wurden zur Verteidigung dorthin dirigiert. Als eine Einheit des Volkssturmes in südwestlicher Richtung auf Pichlern an der Steyr mar- schierte, wurde sie von den bereits anrük- kenden Amerikanern in Empfang genom- men, entwaffnet und nach Hause ge- sch ickt. Schon am 5. Mai um 10 Uhr vormittags rollten, aus westlicher Richtung kom- mend, gepanzerte Schützenwagen und Panzer der 2. amerikanischen Armoured Division auf der Bundesstraße, am Lan~~skrankenhaus vorbei, in Steyr ein. Die Ubergabe der Stadt an einen amerika- nischen Offizier erfolgte anschließend durch Oberbürgermeister Ransmayr in der Sierninger Straße . In den Häusern Michaelerplatz 13 und 14 errichteten die Amerikaner sofort Ma - schinengewehrstände, von denen aus sie die Steyrbrücke und ihre Zugangswege beherrschten, we iters beschlagnahmten sie das Hotel Minichmayr (Haratzmüller- straße 1) zu Unterkunftszwecken. In ra- scher Folge wurden die Steyr-Werke und das Rathaus, als Mittelpunkt des Verwal- tungslebens , besetzt. Um den Truppen Quartiere zu sichern, wurden zahlreiche private und öffentliche Unterkünfte be- schlagnahmt, wobei die Inhaber von Woh- nungen ihr Hab und Gut belassen muß- ten. Das Truppenkommando bezog im Hotel Steyrerhof (Stadtplatz 31) Quartier, die militärischen Dienst- und Verwal- tungsste llen fanden im Kreisgericht (Stadtplatz 13) Unterkunft. Als weitere Maßnahmen wurde von den Amerikanern ein vollkommenes Ausgehverbot für die Zivilbevölkerung verhängt, das bis Mon- tag, den 7. Mai , andauerte. In der Folge- zeit durfte sich die Bevölkerung auf die Dauer von zwei Wochen nur innerhalb gewisser Stadtzonen, vormittags in der Zeit von 9 bis 12 Uhr und nachmittags von 14 bis 16 Uhr, auf die Straßen begeben, um die notwendigsten Besorgungen des täglichen Lebens durchführen zu können. Noch am Tage des Einmarsches der Amerikaner trafen sich Vertreter der de- mokratischen Parteien der Vorkriegszeit im Rathause und hielten eine Sitzung ab, um, im Einvernehmen mit einem hiezu abgeordneten amerikanischen Oberstleut- nant, ein neues Stadtoberhaupt und eine Verwaltung einzusetzen, die bis zu einer künftigen Wahl die Geschäfte führen soll- te. Franz Prokesch wurde zum vorläufigen Bürgermeister und Ferdinand Knabl zu dessen Stellvertreter bestellt. Mit den ame- rikanischen Truppen war eine Gruppe des Counter Intelligence Corps in Steyr einge- rückt, di e in der Bibliothek des Schlosses Lamberg Quartier bezog. Diesem Deta- chement oblag die Anhaltung ehemaliger politisch hervorgetretener Nationalsoziali- Steyr Die Johannesgasse nach der Bombardierung. sten und ihre Entfernung aus öffentlichen Ämtern. Vom CIC wurde später auch festgesetzt, welche Beamte des Rathauses politisch tragbar wären und in der Stadt- gemeinde weiter ihren Dienst versehen könnten; eine Reihe anderer wurde vor- läufig außer Dienst gesetzt. Als Magi- stratsdirektor wurde der während der Fe- bruarunruhen 1934 zwangsweise pensio- nierte Dr. Ferdinand Häuslmayr wieder eingestellt. Vorausabteilungen der 3. Ukrainischen Sowjetarmee trafen mit ihren Panzern vor der Ennsbrücke am 8. Mai um 16 Uhr ein. Diese und das am 9. Mai folgende Gros besetzten, nach einer auf höherer politi- scher Ebene getroffenen Vereinbarung, Steyr bis zum rechten Ennsufer. Die ame- rikanischen Soldaten zogen sich auf das linke Ennsufer zurück. An den Stadtbrük- ken wurden nach einiger Zeit Sperren errichtet, das Neutor wurde von den Ame- rikanern mit Pflastersteinen verrammelt. Damit war die Stadt in zwei annähernd gleiche Teile geschieden und jeder Ver- kehr unterbunden. Eine russische Kom- mandatur wurde im Hause Bahnhofstraße 18 errichtet. Die systematische Entwicklung der Stadt innerhalb des Mündungsraumes von Enns und Steyr hat es mit sich gebracht, daß sich fast alle wichtigen Versorgungs- betriebe und die Verwa ltungsbehörden in dem von den Amerikanern besetzten Westteil befanden. Durch die Teilung der Stadt wurde er von der Hauptbahnlinie vollkommen ab- geschnitten, was im Augenblick eine Kata- strophe bedeutete. Es mußten daher in Steyr West alle vorhandenen und noch betriebsfähigen Fahrzeuge jeder Art in Anspruch genommen werden , um die Zu- fuhr äußerst lebensnotwendiger Güter zu ermöglichen. Die Kapazität der Lokal - bahn Garsten - Klaus reichte nur für eine beschränkte Güterzufuhr aus. Ende Mai 1945 betrug in diesem Stadt- teil die auf Lebensmittelkarten ausgegebe- ne Wochenration je Kopf der Bevölkerung 500 g Brot, 200 g Mehl, 100 g Fett, 200 g Fleisch , 125 g Zucker, 75 g Trockenerbsen, 25 g Kaffeemittel und ein Ei. Mit dieser Zuteilung im Nährwerte von rund 3280 Kalorien mußten jene Personen, die ke i- nerlei Möglichkeit hatten, sich sonst irgendwie Lebensmittel zu verschaffen, ihr Auskommen finden. In den ersten Juli- tagen konnte die wöchentliche Brotration auf 850 g gesteigert werden. Das Ernährungsamt Steyr Ost gab in der zweiten Juliwoche bekannt, daß es die derzeitige Lage am Ernährungssektor ge- statte. die wöchentliche Fleischration, die schon einma l um 50 g erhöht worden war. in der folgenden Woche auf 300 g zu erhöhen. Bei Ausfall der Anlieferungen allerdings würde es notwendig sein ,_die Wochenra- tionen wieder zu kürzen. In derselben Woche konnte auf Abschnitte der Ernäh - rungskarte ein Kilogramm Frühkartoffeln und für die Kinder und Kranke ein Ei zugeteilt werden. Die Gemüseversorgung war im eigenen Bereich nur zum Teil möglich , doch lag beim Ernährungsamt eine Zusage des Bezirk~s Perg vor, daß dieser einen Tei l seiner Ubersch üsse nach Steyr Ost abgeben wollte. Von Mai bis Juli 1945 waren auch die im Westteile der Stadt wohnenden Ange- hörigen der Steyr-Werke von ihrer Ar- beitsstätte abgeschnitten . Da nur wenige von ihnen über Ersparnisse verfügten, mußten sie aus Mitteln der öffentlichen Fürsorge unterstützt werden. In dem von den Sowjetrussen besetzten Ostteil befanden sich der Bahnhof mit dem in dessen nächster Umgebung be- findlichen Brennstofflager der Stadt und vor allem jene Arbeitsstätte, in der der Großteil der Steyrer Bevölkerung Arbeit und Verdienst fand , die Steyr-Werke. Die 13/121
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