Amtsblatt der Stadt Steyr 1980/3
18 / 90 Musikalische Sternstunde mit Schiff-Leonskaja D as Kulturamt der Stadt Steyr, Abteilung Jugendreferat, veranstaltete im Rahmen der „jeunesses musicales" am Montag, dem 18. Februar, im neuen Stadtsaal einen Kammermusikabend von höchster Qualität. Die bereits bekannte Pianistin Elisabeth Leonskaja und der schon in den vordersten Rängen befindliche Cellist Heinrich Schiff musizierten Duos der Klassik, Romantik und Modeme. Ihr Zusammenspiel ließ keinen Wunsch offen. Lyrische Passagen, dramatische Elemente, techni- sche Brillanz, vereint mit grandioser Vortragskunst, ergaben ein Höchstmaß an Prägnanz und Eindringlichkeit des Ausdrucks, verbunden mit einer faszinierenden Steigerung von Stück zu Stück. Das Konzert selbst begann mit einer eindrucksvollen Überra- schung. Aus Gründen einer für hochqualifizierte Musiker heute schwierigen zeitlichen Koordination wurden die Zuhörer Ohren- zeugen einer Generalprobe für ein Münchner Konzert mit den beiden Solisten des Abends und dem Soloklarinettisten des Orchesters des Bayerischen Rundfunks, Eduard Brunner. Sie musizierten zur Einleitung als Ersatz für die vorgesehene Sonate in F, op. 5/ 1, das Klarinettentrio in B, op . 11 , welches Beethoven 1798 der Gräfin Thun gewidmet hatte. Auch hier konnte man vollendetes Zusammenspiel, differenzierte Gestaltung bei hervor- ragendem Vortrag bewundern. Im dritten Satz, zehn Variationen über einen „Gassenhauer", hatten die Künstler Gelegenheit, ip.re solistischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Robert Schu- mann, der das Adagio und Allegro, op. 70, für Klavier und Horn sowie die „Drei Phantasiestücke", op. 73, für Klavier und Klarinette schrieb, hätte in der Klavier-Cello-Fassung seine helle Freude gehabt. Es war reinster Schumann, was die Zuhörer hier erleben durften. Die Sonate für Violoncello und Klavier von Claude Debussy vom Jahre 1915 führte in die intensive Klangwelt des Impressio- nismus. Das Werk soll, zeitgenössischen Berichten zufolge, als Programm Liebe und Tod des Pierrot, einer französischen Märchenfigur, zum Hintergrund haben. Nach der wundervollen Interpretation der beiden Künstler darf man es glauben. Schluß und Höhepunkt des Programms wurde die Wiedergabe der Sonate d-Moll, op. 40, von Dimitri Schostakowitsch, 1934 komponiert. Schwermut, Leidenschaft, elegische Momente, zün- dende Rhythmik, elegante Lyrik und wilde Bravour bis zur Besessenheit waren die Merkmale des Werkes. Er erfuhr eine kaum zu überbietende Wiedergabe. Der rauschende Beifall für die überaus sympathischen Musiker bestätigte ihre grandiose Leistung. Mit der Zugabe, dem langsamen Satz aus der Sonate für Cello und Klavier in g-Moll, op. 65 , 1845/46 von F. Chopin, endete der denkwürdige Abend. J. F. Heinrich Schiff ist nicht nur ein Musiker der Spitzenklasse, seine Erklärungen zur Musik sind ebenso hochkarätig. Was Heinrich Schiff über Musik sagt, macht er auf seinem Instrument für den Hörer spürbar. Frau Leonskaja, im Bild oben, bot ebenfalls eine Interpretation von höchster Qualität. Fotos: Hartlauer steyr
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