Amtsblatt der Stadt Steyr 1980/2
Klöckner-Humboldt-Deutz für Traktoren- triebwerke auch die Geländefahrzeugge- sellschaft mit Daimler-Benz gegründet. Die im vergangenen Jahr aufgenommene Produktion soll heuer den Planwert von 10.000 Stück erreichen. 1978 wurde ein Lizenzvertrag mit der Türkei zur Erzeu- gung von Traktoren abgeschlossen. 1979 wurde die Steyr-BMW-Motorengesell- schaft gegründet und mit dem amerikani- schen Unternehmen Murray in Ohio eine Mopedproduktion vereinbart, für die Mo- toren aus Graz geliefert werden. Feichtinger erinnerte, daß mit dem wirt- schaftlichen Erfolg dieser Konzernstrate- gie auch wesentliche soziale Fortschritte und beachtliche Erhöhungen der Durch- schnittsverdienste erreicht werden konn- ten. So stieg innerhalb dieses Jahrzehnts der durchschnittliche Stundenverdienst eines Arbeiters von 27.68 auf 73 .51 Schil- ling, das durchschnittliche Angestelltenge- halt von 6031 auf 16.866 Schilling. In seiner Vorschau auf die Konzernpoli- tik der achtziger Jahre sagte Feichtinger: „Auf der Unternehmerseite gilt es , die abgeschlossenen Verträge zu realisieren und unsere Produktlinien den Gegeben- heiten anzupassen bzw. zu prüfen, in wel- che Produkte man weiter investieren kann und welche durch neue zu ersetzen sind . Hier gilt es, unter Hintanhaltung von Sparteninteressen, zu einer konzernweiten Optimierung unserer Produktpalette und Fertigungsstätten zu kommen. Wir sind ein diversifiziertes Unterneh- men und können daher unsere Finanz- steyr möglichkeiten jenem Produkt zuwenden, das die größten Zukunftschancen zu er- warten hat. Jedes Produkt durchläuft ei- nen Lebenszyklus , und es gibt daher kei- nen Grund, die Gewinne in jenes Produkt zu reinvestieren, aus dem sie kommen, wenn keine Zukunftserwartungen gegeben sind. Die durch die Rohstoffverknappung und Verteuerung aufgeworfenen Probleme werden wir nur dann meistern können, wenn die Chancen, die eben diese Ent- wicklung aufwirft, von uns voll genützt werden. Nachdem sowohl unsere finanziellen als auch unsere menschlichen Kapazitäten begrenzt sind, heißt das selektiv entwik- keln und investieren. Um das zu können, müssen wir über den Sparten- und Be- reichsschatten springen und dort unsere Kraft einsetzen, wo die Chancen möglichst groß sind . Für unseren Bereich gilt es , Produkte zu entwickeln, die der Rohstoff- verknappung und Verteuerung sowohl in der Herstellung als auch im Betrieb ge- recht werden . Damit wir Investitionsmittel für diese technischen Neuerungen haben, gilt es, mit dem Vorhandenen ein Maxi- mum zu erreichen. Dieses Maximum ist aber nur dann erreichbar, wenn alle Pro- duktionsfaktoren optimiert werden und so die Lohnstückkostensteigerung unter der Inflationsrate bleibt. Große Sorge bereitet mir in diesem Zusammenhang die Diskus- sion um eine weitere Arbeitszeitverkür- zung. Ich weiß, daß dies ein heißes Kapitel ist, weil man immer gesagt hat, eine Ar- beitszeitverkürzung ruiniert die Wirt- Generaldirektor-S tellvertreter Johann Julius Feichtinger: ,, Soweit wir es h'eute abschät- zen können, werden die acht- ziger Jahre geprägt sein von Rohstoffverknappung und Vert euerung, von Produk- tionsüberkapazitäten und dar- aus resultierend ein harter Konkurrenzkampf mit protek- tionistischen Maßnahmen. Wahrscheinlich wird sich die Schere des Lebensstandards zwischen entwickelten und entwicklungsfähigen Ländern weiter öffnen. Und nicht zu- letzt wird neuen Technologien der Durchbruch gelingen. Den daraus resultierenden Span - nungen auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet können wir nur unsere menschlichen und geistigen Ressourcen gegenüberstellen. Die größte Chance zur Bewältigung die- ses Strukturwandels liegt im menschlichen Kapital unseres Unt ernehmens. Das höhere Bildungsniveau, die Bereit - schaft zur Weiterbildung und die Eigeninitiative sind die Standortvorteile unseres Kon- zerns in den achtziger Jah- ren. " Werkfoto schaft. Sie lebt heute noch und das nicht schlecht. Ich glaube aber, daß wir nun das Limit erreicht haben. Im Jahre 1978/79 haben wir durchschnittlich 200 Tage gearbeitet, das gibt einen Jahrdurchschnitt von 1600 Stunden, d. s. 18 Prozent der Gesamtzeit. Es erhebt sich daher die Frage, ob eine weitere Arbeitszeitverkürzung sinnvoll ist. Ob sie den menschlichen Bedürfnissen entspricht, und ob dann der Lebensstan- dard, den wir uns leisten, gehalten werden kann. Die Industrie könnte sie durch Ra- tionalisierung und Mechanisierung bei mehrschichtigem Betrieb sicherlich ver- kraften. Es bleibt die Frage der Klein- und Mittelbetriebe, des Sekundär- und Tertiär- sektors, in dem die weitaus meisten Men- schen in unserem Land arbeiten . WolJen wir Menschen mit verschiedenen Verpf- lichtungen schaffen? Ein wesentlicher Faktor in dieser Frage - und ich glaube unser größtes Kapital - sind unsere Mitar- beiter. " Zentralbetriebsrat Josef Schmid! beton- te, daß zur guten Entwicklung des Unter- nehmens auch die verantwortungsvolJe Politik der Gewerkschaft maßgeblich bei- getragen habe und erinnerte, daß bei For- derungen nach Arbeitszeitverkürzung die Wirtschaft immer von Ruin geredet habe, tatsächlich aber habe die österreichische Wirtschaft in den siebziger Jahren trotz weiterer Arbeitszeitverkürzung und erhöh- ten Urlaubsansprüchen einen ungeahnten Aufschwung genommen. 15 / 51
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