Amtsblatt der Stadt Steyr 1979/12

Blick auf neue Bücher Österreich im Wechselspiel der Geschichte IMAGO AUSTRIAE. Herausgegeben von Otto Schulmeister und Christoph Allmayer-Beck. Sonderausgabe. 96 Sei- ten Text und 208 Bildsei ten mit 60 ein- und 142 mehrfarbigen Fotos von E. Les- sing. Gebunden, S 695.-, Herder Verlag. Ein halbes Jahrhundert nach dem At- tentat von Sarajewo, nach so vielen Um- wä lzungen, die zwei Weltkriege her- vorgerufen haben und in denen das alte Europa unterging, stellt sich wie von selbst die Frage, was dieses Österreich heute noch sei, was sein unverwechsel- bares Wesen ausmache. ,,Imago Austriae" versucht, darauf eine Antwort in der Sprache der Bilder zu geben. Denn diese im Unterbewußtsein ruhenden Bilder liegen jenseits dessen, was der Tag be- wegt ; sie rufen zurück in die Herkunft und weisen voraus in das Gesetz, in dem dieses Land seine Sternstunden erlebt. Läßt sich aber auch das heutige Öster- reich, trotz so völlig anderer Lebensum- stände, nur aus seiner Geschichte ver- stehen, so ist damit schon gesagt, daß in diesem Werk geschichtliches Zeugnis und Kunstwerk, Landschaft und Men- schenbild in den Dienst einer bestimm- ten Absicht treten: nämlich die gestalten- den Kräfte im Wechselspiel ihres Inein- anderwirkens zu dominieren, in einem weiteren Tei l die daraus hervorgehen- den Synthesen zu erfassen - das, was Bruchstück bleiben mußte. Ihnen voraus geht ein Bildteil, der di e unglücklichen Jahrzehnte vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges bis zum wiedererstehen der Republik nach dem Ende des Zweiten in ·di e Erinnerung ruft, um so zugleich den Kontrast zu den überdauernden Elementen, ihren glücklichen Fügungen und Verheißungen zu schaffen. Der ge- schichtliche Essay führt durch die Weite dieses glanzvollen Bildersaals, er er- gänzt und deutet das in 142 originalen Farbaufnahmen und 60 Schwarzweiß- abbildungen ausgebreitete Material. Analyse menschlicher Geistestätigkeit HANNAH ARENDT: VOM LEBEN DES GEISTES. Band I: DAS DENKEN. Band II: DAS WOLLEN. - Aus dem Englischen von HERMANN VETTER. Band I: S 244.-, Band 2: S 272.-. Leinen in Schuber. PIPER-VERLAG. Diese Analyse der menschlichen Gei - stestätigkeit ist das letzte Werk von Hannah Arendt und hat den Charakter eines geistigen Vermächtnisses. ,,Vom Leben des Geistes" gliedert sich in „Das Denken", ,,Das Wollen" und „Das Ur- teilen". Ein Ausgangspunkt ihres Denkens, so Hannah Arendt im ersten Band, war der Eichmann-Prozeß in J erusalem, der sie unmittelbar mit der „Banalität des Bösen" konfrontierte. Dies führte sie zur Frage, ob das Böse nicht einfach auf Ge- dankenlosigkeit beruht. Was anläßlich dieses Prozesses in ihr vorging, ist ein deutliches Beispiel für den Denkprozeß, wie er im vorliegenden Werk beschrieben wird. Hannah Arendt fragt zum Bei- spiel : Was bringt uns zum Denken? Wo sind wir, wenn wir denken? Was „nützt" das Denken? Die Beschäftigung mit dem Wesen des Denkens rührt Hannah Arendt zur Betrachtung der bei- den anderen spezifisch menschlichen Fähigkeiten, des Wollens und des Ur- teilens. Der Wille hängt mit Freiheit zu- sammen - ein unfreier Wille wäre ein Widerspruch in sich -, doch in welchem Sinne ist er frei? Gibt es den Willen überhaupt oder ist er bloß Täuschung des Bewußtseins? Und wie verhält es sich mit dem Urteilen? Solche und ähnliche Fragen stehen im Mittelpunkt dieses Werkes. Es setzt sich zudem mit richtungweisenden Denkern auseinander, u. a. mit Platon, Aristoteles, Augustinus, Thomas von Aquin, Descar- tes, Kant, Hegel Nietzsche, Bergson und Heidegger. „Von Leben des Geis tes" ist viel zu reich, zu sehr voll lebendiger Spekul a- tionen, Erkenntnisse und Geistesblitze, als daß es knapp zusammengefaßt wer- den könnte. Man muß es lesen und dar- über nachdenken. - HANNAH ARENDT, 1906 - 1975, Schülerin von Heidegger, Bultmann und Karl .Jaspers, bei dem sie 1928 promo- vier te. 1933 emigrierte sie in die USA, wo sie als Professor für Philosophie bis zu ihrem Tode wirkte. Erinnerung an vergangene Zeiten Hans Frank/Rudolf Walter Litschel: OBERÖSTERREICH IN ALTEN FOTOGRAFIEN 1848 - 1914. 42 Seiten Text, 226 Bildseiten, Leinen mit aufka- schiertem Bild, Schmuckschuber, Format 29 x 24 cm, S 548 .-, OÖ. Landesverlag. Mit dem Aufkommen der Fotografie im vorigen Jahrhundert tritt die Technik in jeder Beziehung in den Vordergrund. ,,Der Fortschritt bricht alle Dämme" - wie es Kronprinz Rudolf auszudrücken beliebte. Übrigens : Diesen und andere Aussprüche berühmter Persönlichkeiten sowie Lehrsprüche, Kinderreime, Verse etc. wähl te Rudolf Walter Litschel als Überschriften zu den 14 Kapiteln des Buches „Oberösterreich in alten Foto- grafien". Dieser gut gelungene und ori- gi nelle OLV-Bi ldband beschäftigt sich wohl mit dem „Historischen", er zeigt „His torisches", aber er ist in seiner Zusammenstellung und vom Text her keine Dokumentation. Zu Bildern von Landschaft , Siedlungen, Persönlichkei- ten, von Sport und Fremdenverkehr, von Militär und Katastrophen, zu allem was lebte und war, fand Rudolf Walter Litschel aussagekräftige,man möchte sa- gen: unterhal tssam-informati ve Texte. Fundier t ist auch seine Einleitung „Kein Schlaraffenland, aber eine Welt, in der es sich leben ließ - Oberösterreich zwischen 1848 und 1914". Wenngleich Berichte über die Entwicklung der Foto- grafi e in Oberösterreich und die damali- gen Fotografien nicht fehlen, so will dieses Buch doch nichts anderes sein als ein Kaleidoskop, mit dem das Zufällige, das Spontane, die Mode, die Hoffnung auf Zukünftiges, die Drohung mit Recht und Gese tz und die Liebe zum Nächsten sich äußern. Totes Gebirge lebendig dargestellt Gerhart Prell: TOTES GEBIRGE. Ein Landschaftsbuch über die Alpen zwi- schen Traun und Steyr mit Tourenvor- schlägen für Bergsteiger und Skiläufer. 83 Seiten Text, 12 Farb- und 63 Schwarzweißbilder, farbiger Schutzum- schlag, Leinen. ÖS 298.-. Oö. Landes- verl ag. Der Autor lädt in diesem Landschafts- buch aus der wohl bekannten Reihe des Oberösterreichischen Landesverlages zu einer Rundwanderung durch das Tote Gebirge ein, um dabei in 75 aufeinander abges timmten, aber in sich durchaus abgeschlossenen Essays von Bergen und Menschen, von Geschichte, Kultur und Brauchtum zu erzählen. Dazwischen eingestreut finden sich vielerl ei eigene Erlebenisse am Berg, die zu konkreten Tourenvorschlägen aufbereitet wurden : für Bergwanderer und Kletterer, für Skihochtouristen und Langläufer, aber auch für Bergsteigerfamilien mit Kin- dern. Die Bildauswahl wurde exakt auf die 75 Einzelthemen abgestimmt und reicht von der Reproduktion historischer Zeichnungen bis zu Farbaufnahmen aus der Kamera des derzeit besten öster- reichischen Flugbildautors. Eine große Reihe erstmals veröffentlichter Land- schaftsfotos macht dieses seit langem erwartete, erste alpine Landschaftsbuch vom Toten Gebirge unentbehrlich für jeden, der wohlinformiert planen oder in Erinnerungen schwelgen will. * IN IHRER SERIE „Meister der Gra- phik" stell t die November -Ausgabe der Zeitschrift „DIE KUNST und DAS SCHÖNE HEIM" (Ve rl ag Karl Thi emig, München) Holzschnitte des 1930 ge- borenen Künstlers Wa lter Habdank vor, Holzsch nitte, die ob ihres expressiven Sti ls aufs erste nahezu irritieren, zum Widerspruch herausfordern. Erst bei näherer, stiller Betrachtung erschließt sich der Sinngehalt, langsam und behut- sam öffnen sich die strengen Verstrebun- gen der graphi schen Lineatur und geben ihren Kern frei. Das von Habdank sich selbst gestellte Programm wird von biblischen Quellen gespeist; kommunale wie kirchliche Aufträge, aber auch sein freies Schaffen vermitteln einen Einblick in die rea li stische Art, mi t der er jede biblische Thematik erfühlt und anpackt. steyr 33

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