Amtsblatt der Stadt Steyr 1979/5

ohne Hoffnung auf Beschäftigung. 6000 Arbeitslose, größtenteils ohne Unterstützung, und die Erklärung Steyrs zum Notstandsgebiet in Öster- reich waren eine fürchterliche Bilanz dieser Zeit. Nur unsere Generation kann scheinbar den riesigen Fort- schritt abschätzen, den Österreich und wir alle seit dieser Elendszeit er- lebt haben. Anstelle von Hunger, Sorge, Not und Armut haben sich für jeden Österreicher die Tore zu einem glücklichen Leben geöffnet und auch dies, verehrter Herr Bun- deskanzler, schreiben wir weitgehend Ihrer Arbeit zu." Nach einer Würdigung der Lei- stungen von Dr. Kreisky als Staats- mann sprach der Bürgermeister von den Begegnungen zwischen dem Bundeskanzler und Vertretern der Stadt im Hinblick auf ·die wirtschaft- liche Entwicklung der Region: ,,. . . wir verdanken Ihnen, sehr ge- ehrter Herr Bundeskanzler, sehr sehr viel. Ihr Einschalten in die Verhand- lungen beim Zustandekommen des Vertrages zwischen der Volks- republik Polen und der Steyr-Daim- ler-Puch AG ist noch in lebhafter Er- innerung. Dieser auf Jahre wirkende Vertrag trägt zur Sicherung von Arbeitsplätzen, ebenso wie zur Pflege zwischenstaatlicher Beziehungen bei. Die enormen Garantien von hunder- ten Millionen Schilling sind eine feste Stütze für diesen Vertrag. Es war daher für uns Steyrer ein ausge- sprochener Festtag, als Sie am 11. September 1975 in Begleitung des Herrn Ministerpräsidenten von Polen zum Vertragsabschluß nach Steyr kamen und dies bei einem Fest- akt in diesem Saal bekräftigt wurde. Weitere direkte und indirekte Förde- rungen der Bundesregierung zur An- bahnung wirtschaftlicher Beziehun- gen von Steyrer Unternehmungen mit ausländischen Partnern dürfen dabei nicht unerwähnt bleiben. Im April 1977 gaben Sie einer Delega- tion aus Steyr die erstmalige Gele- genheit zu einer Vorsprache bei der Bundesregierung unter Ihrem Vor- sitz, in der das vom Gemeinderat einstimmig beschlossene Regionsent- wicklungskonzept behandelt wurde. Nach dreistündiger Beratung schie- den wir von Ihnen mit dem Ein- druck, volles Verständnis für unsere Argumente und Unterstützung zu den gemachten Vorschlägen zu er- halten. Das Vertrauen darauf er- mutigte uns in das vielseitige Werben um die Standortsicherung eines gemeinsam von BMW und Steyr-Daimler-Puch projektierten Motorenwerkes einzutreten. Es ge- lang auch in einer kritischen Phase, Bundeskanzler Dr. Krieisky trägt sich in das Goldene Buch der Stadt Steyr ein. Foto: Hartlauer vermittelnd und damit entscheidend zugunsten Steyrs einzugreifen. Das neue Werk, gestützt von klangvollen Namen in der weltweiten Fahrzeug- industrie, wird nun bei uns in Steyr errichtet. Neben der fachlichen Kooperation der beteiligten Unter- nehmungen war es aber neuerdings die Bundesregierung unter Doktor Kreisky, die den großen Finanzie- rungsgrundstein legte, wobei ich überzeugt bin, daß der Herr Bundes- kanzler die Standortentscheidung mitunterstützte und ihn das Ergebnis sehr befriedigte. Herr Bundeskanzler, Sie kennen unsere Stadt, Sie besitzen hier viele Freunde von früher und haben neue gewonnen. Wir respektieren Ihre Leistungen als Staatsmann, der das Denken und Handeln der Volksver- treter im positiven Sinn für alle Staatsbürger zu verwerten weiß. In Steyr haben Sie dafür ein gutes Bei- spiel geliefert. Daß sich auch weitere weltbekannte Unternehmungen für eine Ansiedlung in Österreich inter- essieren, ist nicht zuletzt das Ergeb- nis Ihrer klugen Regierungsführung, der es gelang, den Spannungsaus- gleich zwischen den verschiedenen Interessenträgern herbeizuführen und gleichzeitig ein hohes Lebensniveau für alle Österreicher zu garantieren." Bürgermeister Weiss überreichte dann dem Bundeskanzler die kunst- voll gestaltete Ehrenbürgerurkunde, in der steht: ,,Die Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt Steyr erfolgt in Anerkennung und Würdigung seiner besonderen Verdienste um die Stadt Steyr als Bundeskanzler der Republik Österreich, vornehmlich für seine Bemühungen um die wirt- schaftliche Entwicklung der Stadt und die Sicherung der Arbeits- plätze." Anschließend ergriff dann Bundes- kanzler Dr. Kreisky das Wort und sagte: ,,Herr Bürgermeister, Herr Landeshauptmann, meine Damen und Herren! In der Tat, es verbindet mich mit den hier anwesenden Ehrenbürgern der Stadt Steyr eine fast 50jährige persönliche Freund- schaft. Es verbindet mich mit Ihrer Stadt mehr noch. Jeder Mensch, der sich für das Geschehen im Leben seines Volkes interessiert, kann das nur in der Weise tun, daß er ver- sucht, zu prüfen, was innerhalb des Landes, des Volkes, in dem man lebt, gut und was schlecht ist, was erhal- teri werden muß und was geändert werden muß. Das ist die Art, wie sich junge Menschen der Politik nähern. Es widerfährt ihnen dann immer wieder, daß sie durch ihren Beruf oder durch andere Interessen sich wieder von der Politik entfernen und es passiert nur relativ selten, daß sie sich als junge Menschen so sehr engagieren, daß die Beschäftigung mit der Politik zu ihrem Lebensin- halt wird. In meinem Fall war der Aufenthalt in Ihrer Stadt durch einen Unglücksfall meines Bruders be- gründet, von schicksalshafter Bedeu-

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