Amtsblatt der Stadt Steyr 1979/5

Wiener Kammerorchester konzertierte in Steyr Die Amtsstelle der Kammer für Arbeiter und Angestellte veranstaltete mit dem Kulturamt der Stadt Steyr am Freitag, dem 23. März 1979, ein Konzert mit dem Wiener Kammer- orchester. Das abwechslungsreiche Programm bot überaus interessante Werke für Streichorchester. Winfried Karlinger, Ensemblemitglied des Or- chesters der Wiener Volksoper, hat als künstlerischer Leiter seiner Strei- chergruppe, welche er seit 1974 leitet, einen homogenen, disziplinierten, klangschön musizierenden Instrumen- talkörper geschaffen. Seine be- schwingte Taktgebung, geschickte Phrasierung und doch maßvolle Zei- chengebung führten seine Musiker zu einer beachtlichen Leistung. In der Besetzung: vier erste, drei zweite Vio- linen, zwei Bratschen, zwei Celli und ein Kontrabaß eröffneten die Wiener Gäste den Abend mit der Suite Nr. 1 aus der Schauspielmusik „The fairy Queen" (Die Elfenkönigin) nach Shakespeares „Sommernachtstraum" von Henry Purcell (1658 - 1695), dem bedeutendsten englischen Kom- ponisten. Die differenzierte Wieder- gabe der fünf Sätze des Werkes be- geisterte die beifallfreudigen Zuhörer. Ein selten zu hörendes, überaus melo- Christian Gansch war der Solist beim Konzert in der Arbeiter- kammer. Foto: Kranzmayr disches Orchesterstück folgte, das lyrische Andante (Liebestraum) von Max Reger (1873 - 1916) von 1898, in dem sich der erste Cellist erfolg- reich in der Solopartie hören ließ. Mit dem Rondo in A-Dur für Violine und Streichorchester von Franz Schubert, D 438, aus dem Jahr 1816 konnte sich der junge Geiger Christian Gansch, Studierender an der Musikhochschule in Wien bei Prof. Franz Samouhil, herzlichen Beifall erspielen. Seine Bogentechnik ist blendend, die In- tonation makellos, die Fingertechnik schon fast meisterlich, der Vortrag klangvoll und natürlich. Der zweite Teil begann mit dem bekannten Divertimento in D, KV 136, von W. A. Mozart, 1772 in Salz- burg entstanden. Die drei Sätze wur- den wunderschön, reizend dargebo- ten. Die volkstümlichen „Steirischen Tänze" von Josef Lanner (1801 - 1843) leiteten in die Wiener Tanz- musik des frühen 19. Jahrhunderts über. Auch hier zwingenpe Lieblich- keit im Walzertakt. Die Sperlpolka, op. 133, von Johann Strauß Vater (1804 - 1849) folgte in altwieneri- scher Tanzfreude. Die Walzerfolge „Die Osmanen" von Lanner beschloß das offizielle Programm. Das zufrie- dene Publikum erklatschte noch zwei Zugaben, die „Kreuzer-Polka" von Johann Strauß Vater und . die be- rühmte „Pizzicato-Polka" von Johann Strauß Sohn, dem Walzerkönig. Die zahlreich erschienenen Zuhörer erleb- ten einen schönen Abend wienerischer Prägung. KAMMERMUSIKABEND Mil DEM fRÖHUCH-QUARTEß Im gut besetzten Saal der Arbei- terkammer gab es am Samstag, dem 17. März, einen Quartettabend, ver- anstaltet vom Kulturamt der Stadt und der Musikschule Steyr. In der Standardbesetzung mit Hans Fröh- lich. Ludwig Mich!, Karl Heinz Rag! und Ernst Czerweny boten die Musi- ker ein interessantes, niveauvolles Programm. Das Zusammenspiel ge- riet vorzüglich, die klangliche Ausge- wogenheit zwischen den Instrumen- ten wurde angenehm empfunden, der Vortrag ließ gutes Einfühlungsver-- mögen in die einzelnen Werkstile er- kennen. Mit Joseph Haydn wurde begon- nen. Das Streichquartett in B-Dur, 22 stt-yr op. 50, HV III/44 vom Jahre 1787 bot allen vier Instrumentalisten Ge- legenheit, solistisch hervorzutreten und sich technisch zu bewähren. Als besonders verdienstvoll ist zu ver- merken, daß im Programm ein Werk des Oberösterreichers Joseph Rams- auer (1905 - 1976) aufschien. Ge- spielt wurde dessen Streichquartett d-Moll, ein „Requiem für die ver- storbenen Kinder". Die Komposition ist überwiegend konventionell, hat also harmonischen Schwerpunkt. Die melodischen Spannungen werden vor- wiegend durch Vorhalte erreicht. Die spätromantische Klangwelt herrscht vor. Der ernste Grundcharakter des gesamten Werkes erfuhr durch das Quartett eine beachtliche Ausdeutung. Die anwesende Witwe des Komponi - sten wurde Ohrenzeuge einer würdi- gen Interpretation. Im Steichquartett Nr. 1 in D-Dur, op. 11 von Peter I. Tschaikowski, 1871 komponiert, gelang dem Quar- tett eine eindrucksvolle Leistung. Der erste Satz mit seiner melodiösen Linie lag dem Quartett besonders. Die russische Volksmelodie des An- dante gab dem Primus Gelegenheit zu schöner Kantilene. Der slawische Rhythmus des letzten Satzes wurde besonders gut getroffen. Die Inter- pretationen waren hörenswert und verdienten den herzlichen Beifall.

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