Amtsblatt der Stadt Steyr 1978/2
6 AMTSBLATT DER STADT STEYR 1978 Nach der Verlesung des Antrages eröffnete Bür- germeister Weiss die Debatte, an welcher sich in der Folge 24 Rednerinnen und Redner beteiligten. Einer langjährigen Tradition folgend gaben zuerst die Frak- tionssprecher ihre Grundsatzerklärungen ab. STADTRAT KONRAD KINZELHOFER (SPÖ) Als Fraktionsobmann der sozialistischen Gemein- deratsfraktion leitete Stadtrat Kinzelhofer seine Aus- führungen im Hinblick auf die Ankündigung der ÖVP- Fraktion, daß diese dem Voranschlag nicht zustimmen werde, wie folgt ein: "Aus den Erklärungen im Finanz- und Rechtsaus- schuß ist bekannt, daß sich trotz größter Auffassungs- unterschiede in einzelnen Budgetfragen, im Interesse der Gesamtentwicklung der Stadt Steyr, die FPÖ- und KPÖ-Fraktion bereit erklärt haben, dem Budgetentwurf 1978 als Leitlinie für die Arbeit des Gemeinderates im kommenden Jahr zuzustimmen. Die Entscheidung der freiheitlichen und kommu- nistischen Fraktionen stellt diesen ein Zeugnis hohen Verantwortungsbewußtseins gegenüber unserer Stadt und unseren Mitbürgern aus. Sie haben damit das Gesamt- wohl vor parteipolitische Taktiken gestellt. Letztlich bilden wir eine Schicksalsgemeinschaft, die sich noch immer autonom die Richtlinien für ihr kommunales Zusammenleben bestimmen kann. Für 1978 haben wir diese gemeinsam erarbeitet und sie liegen zur Beschluß- fassung vor. Es ist ein Rekordbudget, erstellt auf realer Basis, ausgeglichen im ordentlichen Haushalt, mit einem Überschuß von 37 Millionen Schilling für außerordent- liche Budgetansätze. Wir können mit Stolz auf geordnete finanzielle Verhältnisse hinweisen. Wir müssen aber auch alles daransetzen, diese für die Zukunft zu erhalten. Dies soll dem gesamten Gemeinderat Verpflichtung sein. Nur so sind wir in der Lage, der heimischen Wirtschaft die entsprechenden Impulse durch Investitionen im außerordentlichen Haushalt zu geben. Um dies unseren Mitbürgern auch in Zukunft garantieren zu können,ist die Beibehaltung der großen Sparsamkeit, eine wohl- überlegte Tarifpolitik, Inanspruchnahme aller mögli- chen Bundes- und Landesmittel und die Verbesserung und Stärkung der heimischen Wirtschaftsstruktur nötig. Der Flächenwidmungsplan z. B. ist ein echtes Instrument dafür und wird Arbeitsplätze sichern. Der Beschluß darüber ist zukunftsweisend und kann als Leit- linie für die nächsten Jahre dienen. Es ist schade, daß er nicht einstimmig erfolgte. Diese Überlegungen finden ihren Niederschlag im Budgetentwurf 1978. Vor allem die im außerordentli- chenBudget enthaltenen Ansätze bilden eine sehr wert- volle Orientierung für die Wirtschaft und die Gewerbe- treibenden. Sie können iu1 uäd1~teu Jahr mit einer Re- kordhöhe von Aufträgen der öffentlichen Hand rechnen. Es ist mir daher als langjährigem Mitglied des Gemein- derates unerklärlich, daß die ÖVP-Fraktion dem Vor- anschlag 1978 ihre Zustimmung verweigert. Ein Groß- teil ihrer Wünsche wurde im Voranschlagsentwurf be- rücksichtigt. Über das, was von ihren Forderungen noch übriggeblieben ist - sie sind gar nicht so groß, wie man- cher annehmen wird - wurden aber auch keine energi- schen Verhandlungen begonnen, um die noch offenen Punkte einer Klärung zuzuführen... Stadtrat Kinzelhofer vertrat in der Folge die Auf- fassung, daß es in der Demokratie zu wenig sei, den Beleidigten zu spielen und in Opposition zu gehen, son- 22 dem man müsse das Verbindende vor das Trennende, das Positive vor das sture "Alles oder Nichts" stellen und setzte wörtlich fort: "Es ist aber auch sehr gefährlich, zu einem Be- schluß, der 430 Millionen Jahresumsatz zum Inhalt hat, einfach nein zu sagen. Die ÖVP muß daher gewärtig sein, daß wir sie im kommenden Jahr an dieses Nein erinnern werden, denn wenn sie die Verantwortung ab- lehnt, kann sie nicht einfach die Früchte ernten. Ich bin sehr froh, daß drei Fraktionen dieses Gemeinderates einen positiven Beschluß fassen werden. Wenn auch die ÖVP ihre Zustimmung verweigert, wird es trotzdem ein gutes Budget werden und daher stimme ich im Na- men der sozialistischen Gemeinderatsfraktion zu." Er schloß seine Ausführungen wie folgt: '"Es ist üblich, bei dieser Gelegenheit auch Dank auszusprechen und dieser Dank gebührt in erster Linie unseren Steyrer Mitbürgern, gleichgültig ob Angestellte oder Arbeiter, ob selbständig Erwerbstätige und Betriebs- inhaber. Alle tragen sie durch ihre Arbeit und durch ihre Steuerleistung dazu bei, uns in die Lage zu ver- setzen, über diese Einnahmen zu verfügen und damit diese Ausgaben im kommenden Jahr zu tätigen. Es wäre falsch, die Steuerleistung nach Zahlen zu beur- teilen, den jeder Staatsbürger, gleichgültig ob selb- ständig oder unselbständig, muß den ihm vom Gesetz- geber vorgeschriebenen Beitrag leisten. Eine Bewertung der Bürger nach den Ziffern, die in ihren Steuererklä- rungen stehen, würde einen Rückschritt in die Zeit der Jahrhundertwende bedeuten, wo das Wahlrecht von der Zugehörigkeit zu einer Steuerklasse abhängig war. Es darf auch vermerkt werden, daß in jenem Bereich der Steuern, die von der Stadtgemeinde eingehoben wer- den, eine überaus hohe Steuermoral festzustellen ist. Die Rückstände sind äußerst bescheiden und entsprechen durchaus den normalen Verhältnissen. Ich möchte aber auch dem Finanzreferenten und den mit der Erstellung des Voranschlages betrauten Be- amten für dessen Ausarbeitung, die zum ersten Mal nach den bundeseinheitlichen Richtlinien erfolgte, Dank sagen. Es war damit sehr viel Verwaltungsarbeit verbun- den. Daß aber der eigentliche Kern, nämlich die fi- nanzielle Leitlinie für 1978 dabei nicht vernachlässigt wurde, muß besonders hervorgehoben werden. Ich danke auch den übrigen Fraktionen des Ge- meinderates, die durch Beiträge und Anregungen zur endgültigen Fassung des Budgetentwurfes ihren Anteil geleistet haben." Mit den besten Festtagswünschen an die Mitglie- der des Gemeinderates und alle Mitarbeiter des Ma- gistrates schloß der Redner seine Ausführungen. BÜRGERMEISTER-STELLVERTRETER DIREKTOR KARL FRITSCH (ÖVP) Bürgermeister-Stellvertreter Karl Fritsch leitete seine Fraktionserklärung wie folgt ein: "Ich möchte meinen Ausführungen voranschicken, das ist kein Geheimnis mehr, daß meine Fraktion nach langer, reiflicher und gründlicher Überlegung und Be- ratung zum Entschluß und auch zum Beschluß gekom- men ist, dem Voranschlag 1978 nicht die Zustimmung geben zu können. Obwohl der vorliegende Antrag auch viele Ansatzposten enthält, die wir gutheißen und be- grüßen und auch bei entsprechender Antragstellung be- jahen werden, sind doch verschiedene gravierende Pro- bleme gegeben, die uns zu unserer negativen Haltung zwingen. Da jedoch die Situation vereinfachend ge-
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