Amtsblatt der Stadt Steyr 1974/2

6 AMTSBLATT DER STADT STEYR 1974 Als cmer sprach STADTRAT KONllAD KINZEL- HOFER für die sozialistische Gem ei nderatsfraktion. Er führte unter anderem aus: .... V ;:! ~ ..., ~ :r: .. 0 .... 0 u.. STADTRAT KONRAD KINZELHOFER, DER VORSITZEN- DE DER SOZIAUSTISCHEN GEMEINDERATSFRAKTION "Nie steht der Gemeinderat so sehr im Licht des öffentlichen Interesses als dann, wenn er zusammentritt, um den Voranschlag für ein bevorstehendes Jahr zu be- raten und zu beschließen. Die heutige Sitzung unterscheidet sich von vor- hergehenden dadurch, daß sich in letzter Zeit schwer- wiegende weltweite Entwicklungen vollzogen haben, die kein Mensch in ihrer Tragweite und Bedeutung vor- hersehen konnte. Krieg, Gewalt und politische Erpres- sung sind zum Alltag geworden. Die Weltpolitik, die wir in den letzt n Jahr n nur als mehr oder weniger in- teressierter Zuschauer am Fernsehschirm verfolgt hatten, ist nun in unsere gute Stube gekommen und hat uns in des Wortes wahrster Bedeutung das "Frösteln" gelehrt. Mit geradezu brutaler Deutlichkeit wurde uns plötzlich vor Augen geführt, daß unser persönliches Le- ben, unser gewohnter Komfort von uns völlig unbekann- ten Personen entscheidend beeinflußt und verändert wer- den kann. Diese Entwicklung geht jedoch auch an un- serem Land und an unserer Stadt nicht spurlos vorbei und beeinflußt auch letztlich den Gemeinderat in seinen Entscheidungen. Wenn wir nun in dieser Situation einen Jahresvoranschlag zu beschließen haben, so hat dies wohl im Licht dieser äußeren Ereignisse zu geschehen. Gestatten Sie mir jedoch, daß ich, bevor ich auf Einzelheiten eingehe, auch einige grundsätzliche Fest- stellungen treffe. Es ist und bleibt für uns als sozialisti- sche Gemeinderatsfraktion ein Grundsatz, daß alle kom- munale Tätigkeit, deren bedeutendster Inhalt Beschluß und Vollzug des Voranschlages ist, allen Bürgern der Stadt zum Nutzen und Vorteil gereichen soll. Wir sind uns aber dabei im klaren, daß es kaum möglich sein wird, allen Wünschen und Forderungen der Bevölkerung gerecht zu werden. Es liegt daher in der Natur der Sache, daß sich gewisse Schwerpunkte bilden, 22 die nach den vorhandenen Mitteln in die Tat umgesetzt werden. Dabei wird es immer unvermeidlich sein, daß mancher Wunsch zeitlich zurückgestellt werden tnuß oder durch ein wichtigeres Anliegen verdrängt wird. Der Rechnungshof hat einmal wenig wohlwollend den Voranschlag als Wunschkiste des Gemeinderates be- zeichnet und einige Herren der Opposition haben diesen Ausspruch aufgegriffen. Ich frage Sie aber, ist diese Formulierung tat- sächlich so negativ zu sehen? Wir wären aber sicher keine guten Gemeinderäte, wenn wir nicht von dem Wunsch beseelt wären, das Beste für die Bevölkerung der Stadt zu leisten. Lassen Sie mich aber auch ein paar Worte zur Struktur unserer Stadt sagen, da dieser Begriff in letzter Zeit sehr viel verwendet wurde. Man sprach sehr viel von Strukturverbesserung und es schien dabei, als wolle man manchmal den Eindruck erwecken, als würden ein paar Betriebsansiedlungen oder Verbesserungen in einigen Teilbereichen alle Probleme mit einem Schlag lösen. Wir bekennen uns sicher zu jeder Form der Strukturver- besserung, sind jedoch der Überzeugung, daß eine solche nicht grundlegend geändert werden kann• Steyr ist eine Industriestadt, mit einem sehr hohen Anteil an unselbständig Beschäftigten und diese Tatsache bringt es mit sich, daß nicht alle Früchte des Fleißes der Steyrer Bürger ihrer Stadt zugute kommen können. Der Finanzreferent hat in monatelanger Arbeit ge- meinsam mit den zuständigen Beamten des Hauses einen Voranschlagsentwurf für das kommende Rechnungsjahr erstellt. Er ist nicht nur als trockene Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben zu sehen, sondern er beinhal- tet letztlich auch die politische Willensentscheidung des Gemeinderates. Dabei darf jedoch nicht außer acht gelassen werden, daß die gesetzlichen Vorschriften den Gemeinden zwingende Notwendigkeiten auferlegen, die sich in einem überwiegenden Anteil der sogenannten Pflichtausgaben äußern. Der Raum für die freie Entschei- dung des Gemeinderates wird dadurch naturgemäß ein- geengt. In diesem freien Raum können sich dann Schwer- punkte bilden, die sicherlich nach den gesell.schafts- politischen Auffassungen der verschiedenen Parteien sich voneinander unterscheiden. Wir respektieren selbstver- ständ lieh diese verschiedenen Auffassungen und sind auch immer bereit, mit den anderen im Gemeinderat ver- tretenen Parteien, darüber zu sprechen. Ich kann jedoch nicht umhin, auch den einzelnen Mandataren ihre Ver- antwortlichkeit ins Bewußtsein zu rufen. Es ist sicher opportun, gegen unangenehme Dinge zu sein, gegen Lasten, die der Bevölkerung auferlegt werden müssen, zu stimmen. Es erscheint mir dies aber dann nicht fair zu sein, wenn man einen solchen Be- schluß nur aus optischen Gründen faßt, da ein anderer die Verantwortung dafür zu tragen hat. Wenn ich von Schwerpunkten sprach, so darf ich hier auch ganz kurz, ohne den Finanzreferenten wieder- holen zu wollen, einige Dinge nochmals nennen, ohne mit der Reihenfolge auch eine bestimmte Rangordnung festlegen zu wollen. So darf ich vielleicht auf den Punkt, der allen Be- völkerungskreisen am meisten am Herzen liegt, zuerst eingehen, nämlich den Wohnungsbau. Seit mehr als zwei Jahren ist nun beim Resthof das größte Wohnbau- vorhaben der Stadt im Entstehen. Es lag sicher in der

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