Amtsblatt der Stadt Steyr 1973/4

ö +-' 0 u.. 6 AMTSBLATT DER STADT STEYR 1973 CHRISTIAN BRITTINGFR Apotheker und Naturforscher aus Steyr CHRISTIAN BRITTINGER Reproduktion:Mehwald U m 1824 wollten die Apotheker Anton Sedlazeck aus Linz und später Franz Xaver Ritzy in Steyr- dorf eine Apotheke eröffnen. Dieses Vorhaben vermoch- ten jedoch die städtischen Apotheker Anton Michael Stigler(Stadtapotheke) und Johann Baptist Goeppel (Lö- wenapotheke) stets zu verhindern. In umfangreichen Eingaben an den Magistrat erklärten sie, daß eine dritte Apotheke "unnotwendig und mit schädlichen Folgen" verbunden sei. Sie sammelten auch Unterschriften der Bürger und legten diese Listen ihren Gesuchen bei. Erst dem Apotheker Christian Brittinger, der am 8. Juli 1825 seine Bittschrift einreichte, war Erfolg be- schieden.Am 30. März 1826 genehmigte die hohe Lan- desstelle die Errichtung einer Apotheke in Steyrdorf. Trotz erheblicher Schwierigkeiten konnte sich Brittin- ger in Steyr durchsetzen und wurde bald Vorsteher der Apotheker des Traunkreises. So richtete er im Jahre 1834 als Kreisvorsteher an das Apotheker-Gremium in Linz einProtestschreiben, weil "Materialisten und Spe- zerey Händler unerlaubter weise, sowohl in der Kreis- stadt, als auch im Kreise, an Orten wo Apotheken be- stehen, spanischen Kräuterthee, Eibisch und Brustthee, Laxierpulver, und Pillen Aloe, Manna, Senesblätter, Goldpulver, Margrafenpulver, Kropfpulver, Stephans Körner, Rhebarbarapulver, Saleppulver, Senftmehl, Jallepapulver, Glauber- und Bittersalz, Lebensessenzen, Geister, Theriak, und Sielberglettessig, Pferd und Horn- 66 viehpulver, Lebens und Nießpulver' die den Apothekern vorbehalten sind sowohl in Kleinem als Großen verkau- fen. Endlich ist auch die Allgemeine Klage der Herrn Apotheker der Kreisstadt selbst, daß die Wundärtzte, un- erlaubterweise selbst Medizinen, in der Stadt so wie in den Vorstädten, und der nahen Umgebung an Kranke ab- geben, und selbst bereiten, oder selbe aus den Apothe- ken, mit dem Beysatz ad rationes meas aus den Apo- theken nehmen, und selbe wieder mit erhöhtem Preise an Kranke verkaufen; diesem Unfuge, wodurch das Pub- likum schändlich übervorteilt wird, dürfte doch einmal ein Ende gemacht werden". Solche, von den Apothekern schon in früherenJahr- hunderten oftmals vorgebrachte Beschwerden blieben meist erfolglos. Apotheker Brittinger, zu Friedberg in Hessen- Darmstadt am 30. April 1795 geboren, hatte, ehe er nach Steyr kam, durch neun Jahre eine Apotheke in Ur- fahr (Linz) geführt. Von der Regierung erhielt er "die Befugnis, eine Chemische Fabrik errichten zu dürfen". Er hatte sich außerdem dem Studium der Botanik gewid- met und eine "Pflanzen Sammlung" angelegt. Da er auch als Entomologe und Ornitologe wertvolle Arbeit lei- stete, zählt er zu den hervorragendsten Naturforschern Oberösterreichs im 19. Jahrhundert. Im Sitzungsberichte der Akademie der Wissen- schaften in Wien aus dem Jahre 1851 veröffentlichte Brittinger die Abhandlung "Die Schmetterlinge des Kron- landes Österreich ob der Enns", in der er 684 Arten an- führt. Ebenso bedeutend waren die Publikationen "Flora von Oberösterreich oder systematische Uebersicht aller in diesem Lande wildwachsenden oder im Freien gebaute Samenpflanzen (1862) und "Die Brutvögel Oberöster- reichs nebst Angabe ihres Nestbaues und Beschreibung ihrerEier"(l866). Von seinen Aufsätzen seien erwähnt: "Die herzblätterige Jacquinie" (1840) und "Ein Alpen- ausflug auf ·den Pyhrgas bei Spital a.P. "(1843). Zu den wissenschaftlichen Mitarbeitern Brittin- gers zählten der Regimentsarzt Dr. Edler von Zimmer- mann in Wels und Kooperator Ferdinand Greil von Gas- poltshofen. Brittinger verschied am 15. Jänner 1869. Die Apo- theke zum "Heiligen Geist" übernahm sein Sohn Alfred. Die Schmetterlingsammlung erhielt die Bürgerschule auf der Promenade, die wertvolle Vogeleiersammlung das Oberösterreichische Landesmuseum. An die entomo- logische Forschungsarbeit des Apothekers erinnert ein von ihm entdeckter Falter. So hieß eine "schwärzliche Form von Parnassius apollo L. ab. brittingeri ". Das an die Apotheke grenzende, 1843 demolierte Stadttor trug die Bezeichnung "Brittingertor ". Dr. Josef Ofner (F. Hauder, Zur Geschichte der Lepidopterologie in Oberösterreich, 1924. -F. Berndt, Die Apotheken in Steyr, 1960. -Archivalien im Stadtarchiv Steyr). Besuchen Sie das Heimatmuseum mit Eisenmuseum GrünmarkfOnnerberger Stadel)

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