Amtsblatt der Stadt Steyr 1973/1
0 0 u... 6 AMTSBLATT DER STADT STEYR 1973 Schöne Bauten unserer Stadt DAS HANDELSHAUS AN DER EHEMALIGEN TUCHSCHE- RERGASSE Enge Gasse Nr. 33 D er älteste Teil derSteyrer Innenstadt ist die "Burg- untersiedlung" zu beiden Seiten der Engen Gasse. An der Bergseite derselben hatten -einst Dienstmannen der in der Styraburg residierenden Otakare Gründe und Wohnhäuser. In diesem, wahrscheinlich gegen Süden von einer inneren und einer äußeren Stadtmauer umgürteten Raume erba uten auch Kaufleute ihre Gewölbe, Handwer- ker ihre Werkstätten. Heute bildet den südlichen Ab- schluß der "Urstadt" das mächtige Handelshaus an der einstigen Tuc hscherergasse. Diese Bezeichnung verdankte der schmale Durchgang den im 18. Jahrhundert in dem angrenzenden llause Stadtplatz Nr. 1 arbeitenden Tuch- sclJercrn. Es waren IIandwerker, die sich mit der Reini- gung und Glättung bestimmter Gewebe ( z. B. Barchent) befaßten. Das vom Stadtplatz zur Enns führende Stufen- gäßchen (Untere Kai~Gasse) überspannen sechs maleri- sche, zum Teil noch aus dem Mittelalter stammende Stützbogen. Charakteristisch für das Gebäude ist der gegen den Stadtplatz zu turmartige, auf einem Pfeiler aufsitzende runde Eckerker. Er ist mit einem Dachhelm versehen und 6 in die Dachzone hochgeführt. überaus reizvoll sind der zierliche Stuckdekor und die reichgeschwungenen fen- sterverdachungen der beiden Fassaden. Die Barockisie- rung des im Kern gotischen Kaufmannshauses erfolgte je- denfalls anläßlich des Wiederaufbaues nach seiner Zer- störung durch den gewaltigen Stadtbrand am 29. August 1727. Die heute Heinrich Tulzer und vor ihm Rudolf Haslinger gehörige Liegenschaft besaßen in früheren Jahr- hunderten die Handelsleute Hans Schwarz (um 1543), Köberer Paul und Hans (um 1567 bis ca. 1635), Georg Siegmund Paradeiser (um 1636), Christoph Stürmer (um 1650), Nieß Jakob (um 1660), die Familien Willensper- ger(1670- 17 56), Reyel (1756- 1779), Dietmair (1787 - 1818) u. a. Von diesen Eigentümern war Michael Willensper- ger in der Zeit von 1691 bis 1693 Stadtrichter, Franz Joseph Willensperger von 1740 bis 1747 Bürgermeister. Zu Anfang seiner Amtszeit kam der Österreichische Erb- folgekrieg (1741 - 1748) zum Ausbruch. Im September 1741 drangen bayrische und französische Truppen in Oberösterreich ein und besetzten Linz, Hier nahm der bayrische Kurfürst Karl Albert die Huldigung entgegen. Nach Steyr kamen am 18. September 60 feindliche Dra- goner und 600 Mann zu Fuß, am 7. November zweitau- send Franzosen. Deren Kommandant Oberst Prinz Tingry verlangte von derBürgerschaft die Ablieferung der Waf- fen, ließ Stadttore zumauern und am linken Ennsufer 24 Kanonen aufstellen. Etwa viertausend bayrische Sol- daten lösten im Dezember die in der Stadt liegenden französischen Truppen ab. Aber schon am 31. Dezem- ber zwangen österreichische Heeresverbände unter Graf Ludwig von Khevenhüller die fremden Soldaten zur Räu- . mung der Stadt. Diese Ereignisse stürzten die Eisenstadt in eine schwere Wirtschaftskrise. Im Jahre 1746 schulde- te Steyr an Steuern und Gefällen einen Betrag von über 37. 000 Gulden. In der Biedermeierzeit, etwa hundert Jahre nach dem erwähnten Stadtbrand, wurde am 21. Juni 1824 die Stadt abermals von einer großen Feuersbrunst heimge- sucht, die auch in der Enge wieder einen beträchtlichen Gebäudebestand verWtistete. Da aber damals unser Haus keine schweren Schäden erlitt, blieben die schönen Fas- saden bis heute erhalten. Dr. Josef Ofner (Dehio, Oberösterreich, 1958. - August Hinterleitner • Graf, Unter Lauben, Erkern und Schwibögen, 1959. - E. Krobath, die Bürgermeister der Stadt Steyr und ihre Zeit, 1966. - F. X. Pritz, Beschreibung und Geschich- te der Stadt Steyer, 1837. - I. Krenn, Häuserchronik der Altstadt Steyr, Diss., 1950). * Besuchen Sie das Heimatmuseum mit Eisenmuseum Grünmarkt (lnnerberger Stadel)
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