Amtsblatt der Stadt Steyr 1972/10
8 AMTSBLATT DER STADT STEYR 1972 bequem preiswert ! individuell I durch den Tadellose MASSANFERTIGUNG * Ring modischer Ateliers * Wir beraten Sie umfassend in unserer Stoffabteilung und bieten Ihnen gleichzeitig an: Kleid, Rock, Bluse, Kostüm nach Ihren speziellen Wünschen und Vorlagen nach verlockenden Modellen anfertigen zu lassen. Hose oder Ihr Kaufhaus Karl DE D I C OHG Steyr, Stadtplatz 9, Tel. 3112 Die Steyrer Schneiderzeche Zu den ältesten Handwerksverbänden zählt die Innung der Schneider. Meister dieses Handwerks sind in Steyr schon im 13. Jahrhundert urkundlich nachweisbar. Nach Ostern 144 7 bestätigten Richter und Rat der landes- fürstlichen Stadt Steyr die Satzungen der "Hl. Dreifaltig- kci ts-ßruderschaft und Schneiderzeche ". In der Folgezeit wurde diese "Ordnung" mehrmals abgeändert und von der Stadtobrigkeit ueuerlicll genehmigt (1538, 1584, 1771). A11I ,rn11d der l l:111dwcrl<sartikcl betrug die Lehrzeit '/.W •1 his f!l11f lal1r ·, si · r, · htctc sielt nach dem Lebensal- l ·r des Lcl1rl 111gs. Vor Ahler,1111g der Me istcrprlifung hatten die ,es •JJ ·u, die se 11 u:,:1,1 ·111e111 •1gc11e11 Vcrba11d a11- F,ci1dnc11, '/.W ·1 Jalire la11 g 111 d ·r S1,1dt ;,, u arll 1te11. Fllr Gesellen, die 11i ·l1t G ·I ·ge1il1c11 l1a11e11, e111c tv1cisters- tocl1tcr oder -Witwe ;,,u l1eHatc11, war die Meisterprüfung mit hohen Auslagen vcrbu11dc11, sie ka111 auf 80 bis 100 Gulden zu stehen. Nach den ßestimmungen der lland- werksordnung aus dem Jahre 1584 dauerte diese Prüfung vierzehn Tage. Der "Stuckmeister", wie der Prüfling genannt wurde, hatte Priester- und Prälatengewänder, Anzüge für Reiter und Lakaien sowie Frauenkleider an- zufertigen. Zu den beträchtlichen Materialkosten kamen enorme Ausgaben für Mahlzeiten und Getränke. Noch be- vor der Geselle das Meisterstück in Angriff nelunen konn- te, hatte er in der Herberge für sechs Meister ein Mit- tagessen, bestehend aus Suppe, Rindfleisch, Kraut, Bra- ~~n und Salat zu bestellen und dann täglich allen zur Uberwachung und Beschau der" Stuck" (Prüfungsarbeiten) bestimmten Meistern mit Wein und Brot aufzuwarten. Schließlich waren noch das Meistergeld und der "Fah- nentaler" in die Handwerkslade zu geben und die Ge- bühren für den Ratskommissär und für die an der Prüfung beteiligten Meister zu bezahlen. Die vom Rat der Stadt 1655 angeordnete Herabsetzung der Meistergebühren auf 22 Gulden hatte die Zeche bald vergessen. 1676 bean- ständete der Magistrat die Verschwendung bei Zechge- lagen und ließ die Finanzen der Schneider von einem Kommissär kontrollieren. Die Regelung der Zunftangelegenheiten erfolgte am Jahrtag nach dem Gottesdienst in der Stadtpfarrkir- che. In der Herberge wurden bei offener Lade die Zech- und Fürmeister gewählt, Lehrlinge aufgedingt und Mit- gliedsbeiträge eingehoben. Viel Ärger bereiteten die außerhalb des Stadtburgfrieds seßhaften Gäumeister, die immer wieder heimlich für die Stadtbewohner arbeite- ten w1d so "das Stückl Brot" der Stadtmeister schmäler- ten. 168 Siegel der Schneider- Zech zu Steyr 1573 Heimathaus Steyr Aufn.: Landesbildstelle für OÖ. Den von der Schneiderzeche ausgefertigten Schriftstücken wurde das einen wachsenden Panther, Stadtmauer und Scherendreieck zeigende Handwerks- siegel aufgedruckt. Zwei schöne Siegelstöcke aus dem 16. Jahrhundert verwahrt das Heimathaus. Ein Zuwachs an Schneiderwerkstätten ist im 18. Jahrhundert festzustellen. Um 177 0 arbeiteten in Steyr 18 Meister. Die Zeche besaß in der Berggasse ein Kaplanhaus (Berggasse Nr. 38) und verfügte 1727 über ein Kapital von 4577 Gulden. Wie fest sich noch in der Biedermeierzeit die Schneider an die alten Zunftsatzungen klammerten , zeigt nachstehendes Protokoll, das am 28. März 1833 beim hiesigen Traunkreisamt aufgenommen wurde: "Es erscheint am heutigen Tage Karl Leithner, Schneider in Ramingsteg und bringt vor: Gestern um halb ein Uhr mittags erschien der Ausschuß der Schneiderzunft Ternitz in Begleitung eines von dem Magistrate Steyr abgesen- deten Polizeidieners und nahmen mir meine eigene Klei- dung, bestehend aus einem Frack, einem Spenser und einem Rock und einem tuchernen Spenser meines Wei- bes unter dem Vorgeben, daß ich unbefugt arbeite, weil
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