Amtsblatt der Stadt Steyr 1972/9

4 AMTSBLATT DER STADT STEYR 1972 ben ", mußte Steyr 1798 der vom kaiserlichen Familien- fonds errichteten "k. k. priv. Kanal- und Bergbau Com- pagnie" in Wien "alle ihre bei der Innerberger Haupt- gewerkschaft der Stahl- und Eisenhandlung in Österreich und dem Lande Steyr als Verlagsglied eigentümlich be- sitzenden Einlagen" um 685. 000 Gulden W. W. ver- kaufen (Kaufvertrag vom 11. 10. 1798). Den gesamten Besitz der Kanal- und Bergbauge- sellschaft übernahm das "k. k. Montan-Aerar". Dieser Behörde unterstand auch die "k. k. priv. Hauptgewerk- schaft". Als Nachfolgerin der Innerberger Hauptgewerk- schaft hatte sie laut Kaufvertrag vorn 11. Oktober 1798 dafür zu sorgen, daß in Steyr "ein immerwährendes Lager von allen erforderlichen Stahl- und Eisenzeugs- gattungen gehalten und das Manufakturistikurn aus diesem Magazine mit dem nötigen Bedarf unklag- haft versehen werde". Diese Verlagstelle (Faktorei) er- füllte nicht immer die Wünsche der Eisenhändler und der eisenverarbeitenden Handwerker. Dazu mögen wohl auch die Franzoseneinfälle beigetragen haben. Die Feuerarbeiter aber machten für den herrschenden Zeug- mangel in Steyr die "Dirigierende Hammerwerkstelle" in Weyer verantwortlich, welche ja die Faktorei in Waidhofen a. d. Ybbs und auch unberechtigte Bezieher hinreichend belieferte. Manche Steyrer Meister waren öfter gezwungen, den "Zeug" (Weicheisen und Stahl) von den Hammerwerken in St. Gallen, Kleinreifling und Weyer zu holen, was mit hohen Unkosten verbunden war. Nicht selten mußten sie mit leeren Wagen die Heimreise antreten. Vorsprachen bei dem Vizepräsidenten der mon- tanistischen Hofstelle und bei der k. k. Administrations Direktion in Wien in den Jahren 1808 und 1810 zeitig- ten nur vorübergehend Erfolge. Auch die zur Anfertigung der Stahl- und Eisener- zeugnisse erforderliche Holzkohle war in manchen Jahren nicht zur Genüge vorhanden. Um 1790 betrug der durch- schnittliche Jahresbedarf 3118 Mut (=93. 540 Metzen ;f 61, 49 Liter). Die zur Beschaffung von Feuerungsmate - riall757 gegründete "Kohlkommunität", welche 1760 "mit ungemeiner Mühe und großen Kosten" die Holz- schwemme auf der Steyr eingerichtet hatte, war häufig nicht in der Lage, das zur Kohlung notwend ige Holz aufzutreiben. Am 23. Mai 1784 war a uch de r große · Kohlenstadel an der Steyr (Kohlange r) ein Ra ub de r Flammen geworden. Es verbrannten Wagen, Schlitten, Holz und 400 Mut Kohle. Die Schadensumme be trug 1894 Gulden. Da die Feuerarbeiter schon früher die Ste inkohlen- feuerung abgelehnt hatten, sollte übe r Empfehlung des Berggerichtes und der Stadtobrigkeit zur Einsparung von Holzkohle in den Schmie dewerkstätten auch Torf ver- -----------* Volkshochschule der Stadt Steyr FAHRTEN und FÜHRUNGEN Herbstsemester 1972 DIENSTAG, 12. SEPTEMBER 1972 Studienfahrt SALZBURG (Ausstellung "Spätgotik in Salzburg") GOLLING Leitung: Erich Mühlbauer Fahrpreis (ohne Eintrittsgebühren): S 95, - FA. 148 wendet werden. Obgleich die im Jänner 1792 zur Fest- stellung des Heizwertes angestellten Versuche nicht un- günstige Ergebnisse lieferten, dürfte sich die Torffeue- rung in Steyr nicht durchgesetzt haben. Nicht nur in der Ze it der Franzosenkriege, son- dern auch nachher mußten die Handwerker schwere Zei- ten durchstehen. Um 1817, schreibt F.X. Pritz, "hatten die meisten Eisenarbeiter keine Beschäftigung und gingen betteln". Im Jahre 1823 ersuchte die Frau des Messerer- meisters Stermann, dessen Handwerk'~'in das Stocken geraten war", den Magistrat, "die von ihr verfertigten angekleideten Puppen und Figuren" verkaufen zu dürfen. Trotz Geldentwertung besserten sich die wirtschaft- lichen Verhältnisse allmählich in der Biedermeierzeit. Einige Meister konnten Erfindungen anmelden und Privi- legien auf die Alleinerzeugung erwirken, so Leopold Werndl auf die Anfertigung von Gewehrringen und Georg Müller auf die "Nägelerzeugung ohne Feuer". Es wurden Ausstellungen veranstaltet, ein Gewerbeverein gegründet und die theoretische Ausbildung der Feueraröeiter in An- griff genommen. Daß aber noch im Revolutionsjahr 1848 die Wirtschaftslage des Eisenhandwerks nicht rosig war, bezeugt in einem Gesuch an die Stadtobrigkeit der bürgerliche Ahlschmiedmeister Matthias Molterer: "Es ist dem löblichen Magistrate nur zu gut bekannt, daß die hierortigen Stahlfabrikanten nur bei außerordent- licher Wohlfeilheit mit dem Auslande konkurrieren kön- nen, und daß diese leider bloß durch die fortwährende Herabsetzung der Fabrikationskosten erzielt werden kann, indem die Stahl- und Kohlenpreise immer steigen. Durch diese bedrohliche Conjunctur ist nun der Arbeitsver- dienst auch bereits so weit herabgedrückt, daß vorzüg- lich bei uns Ahlschmieden von einem wirklichen Ge- schäftsertrage gar keine Rede mehr sein kann, wenn nicht der Meister selbst mit seinen Söhnen und Töch- tern vom frühesten Morgen bis in die späte Nacht mit Anstrengung a lle r Kräfte arbeitet, und selbst dieser so saue r e rworbene Ve rdienst reicht bey der gegenwärtigen T heuerung nicht e inmahl zur Bestreitung der allemoth- we nd tgsten Le be ns bedürfnisse hin". Dr. Josef Ofner (Archivalien im Stadtarchiv.-A. Pantz, Die Innerber- ger Hauptgewerkschaft, 1625-1783, 1906. -M. Brandl, Ein Brief Josef II. zur Lage des steirischen Eisenwesens und dessen Neuorganisation, 1966.-F.X. Pritz, Be- schreibung und Geschichte der Stadt Steyr, 1837. -G. Otruba, Österreichs Industrie und Arbeiterschaft im Über- gang von der Manufaktur zur Fabrikaturt:pocht: (1790 - 1848), 1971) *----------- DIENSTAG, 19. SEPTEMBER 1972 Studienfahrt BURG CLAM - GREIN Leitung: VK. Maria Hofinger Fahrpreis (ohne Eintrittsgebühren): S 55, - DIENSTAG, 3. OKTOBER 1972 Exkursion FA. VEREINIGTE ÖSTERREICHISCHE EISEN- UND STAHL- WERKE AG (VÖEST) - SCHIFFSWERFT LINZ Leitung: Gustav Gergelyfi Fahrpreis(einschl. Führungen): S 45, -

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